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ind der Switzer enbleif niet min doit dan der anderen, as
men sachte. d. städtechron. 14, 915, 28 (Cöln); du komest icht
ader nicht, nicht de minn wille wy uns to rechte der gebor
halden. 16, 528, 31 (Braunschweig); noch bei SCHOTTEL 1364 min
minus, moins; und wenn auch StIELER 1277 das hochdeutsch zu
seiner zeit unerhörte min mit der redensart: er wird min ge-
achtet, part ducitur, in minimis ponitur, anführt, so wird das
um so eher .aus dem niederdeutschen übernommen sein, als min
hier im positiven sinne steht, welcher gerade im späteren nieder-
deutsch, so wie auch im niederl. (min, gering) sich ergeben hat:
min neben weniger, geringer auch wenig, gering. brem. wb. 3, 162:
minn, verächtlich, gering. WoEsteE 175°; min, gering, wenig.
klein, mager , schlecht, auch weniger, minus TEN DOORNKAAT-
KooLMAN 2, 602°; vgl. nachher unter 3. hochdeutsch darf nicht
einmal die noch lange auftretende superlativform minst neber
mindest (s. dort) mit min zusammengehalten werden, welche viel-
mehr unmittelbare kürzung des mhd. minnest scheint; nur in
der zusammensetzung minbruder frater minor, der sonst minnor
pruder, minner pruder heiszt (DıEr. 362°, vgl. unten 4, b) klingı
hd. min noch im 16. jahrh. nach, bei FıscHART, hier nun aber
mit dem verdacht eines beabsichtigten wortspiels zu minne: hier-
umb so wiszt, das es niclit ein nam on den kram sei ge-
wesen, sonder revera heiszt ein minnbruder. Garg. 57°; sind
sie (streifen um sonne oder mond) minnbrüderisch graw, tunkel
und erdfarb, bedeuts kälte und wind. groszm. 21 (die mino-
"iten trugen einen langen rock von aschfarbigem tuche).
3) nhd. minder ist, wie auch schon mhd. minner als adj..
subst. und adverb ausgebildet. die form minner erscheint noch
his 16. jahrh.: minner, minor, minus, parvior secundum artem.
voc. inc. theut. n 7’; wan man sich dieser ding ie minner an
nimpt. theol. deutsch 9 (in der Oberpfalz und Franken auch jetzt
noch minner, aber nach SCHMELLERS vermutung.erst aus minder
zurückgebildet , s. Scnm. 1,1619 Fromm.); umgekehrt hat sich
inneres nd aus nn in verschiedenen gegenden schon frühe gebil-
det (auch das altnord. midr minus neben minnr geht auf mindr
zurück), im mnl., mnd., auch im schweiz. des 13. jahrh. minder
(mhd. wb. 2, 1, 175°), um nhd. bereits ende des 15. jahrh. die ge-
wöhnliche form zu sein, gelegentlich auch in minger umgesetzt:
minger als der seiren (busteln) aufsticht. Garg. 246°; oder mil
neuem comparativsuffix versehen: minderer, weniger, minus
Dasyp.; und wie im nd. für das adv. min aus dem begriffe weniger
der sinn wenig erwuchs (vgl. oben 2), so-hat sich auch hd. aus dem
comp. minder ein positiv mind hervorgebildet? wiltu machen,
dasz ein mindes oder geringes ein grosz mehrers volk an
einem streit zertrennen ... oder gar flüchtig machen mög.
FRONSPERGER ‘kriegsb. 2, 191"; ganz wie wiederum im nd., wo
auch minner ein minne wenig, klein, schwächlich erzeuat hat,
SCHAMBACH 135°. ;
minder ist der gegensatz zu mehr (sp. 1870 ff.), in der allitte-
rierenden formel mehr oder minder noch heute gern mit ihm
gebunden; im übrigen von der neuern sprache zurückgesetzt, weil
in den bedeutungen, in denen mehr noch kräftig lebt (s. d. nr. 5
w. folg.), als gegensatz weniger in schwang gekommen ist.
4) minder in adjectiver fügung,
a) in bezug auf umfang oder wuchs, weniger grosz, kleiner:
giduan ni mahtu in wära thih minniron noh mera,
här nihein, hugi ouh thes, thu iz alles wio gifarawes.
Orrraın 2, 22,23 (vgl. Mutih. 6,27);
vil ofte kam ez dar an
daz der gröze man (der riese)
den minnern vor im dan sluoc
vaste unde verre genuoc. Erec 9158;
er fuorte den helt unverzagt
in ein minre gezelt
kurzen wec überz velt. Parz. 725,21;
‚n dem teile des ertriches genant die minre Asia. d. städiechron.
8, 288, 2; man vermüret ouch etwie manig porten an der stat
„..man maht ouch etliche dor (fhore) minre danne sü VOor-
mals worent. 124,23; das der bischoff . .. die minder statt
Basel zü einem underpfandt bewilliget. WUurRsSTtISEN 186; dar-
gegen gabe herzog Lupolt dem bischoff brief und siegel, das
er umb den pfandtschilling der minderen statt losung zü
seiner gelegenheit wol widerumb thün möchte. ebenda; in
der neueren sprache musz diese bedeutung durch zusälze aus-
drücklich gesichert werden:
Aias führte die Lokrer, der schnelle sohn des Oileus,
kleiner und nicht so grosz wie der Telamonier Aias,
nein, weit minder an wuchs. Ilias 2,529.
b) in bezug auf alter: Honorius richsete mit Theodosio
lem minren, sins hruders sün. 15 jor. d. städtechron. 8,31, 1:
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ındir den was Maria Magdalena und Maria Jäcöbi des minren
und Jösephis mütir. Behaims evang.-buch, Marc. 15,40 (bei Luther
des kleinen Jacobs); sant Jacob der minder, der unserem
herren also gleich was geheiliget in mutterleib. KEISERSBERG
irrig schaf H3°; und auf rang und würde, geringer: und ich
;age üch: ‚grözer prophöte undir den sunen der wibe ist
ıaiemant wan Jöhannes toufere. wer aber minre ist in dem
iche gotis, der ist grözir wan her. Behaims evang.-buch, Luc.
', 28 (Luther der aber kleiner ist im reich gottes); masc. und
zeutr. substantivisch: der da ist getreu in dem ınindern, der
st auch getreu in dem merern. bibel 1483 504° (Luc. 16,10,
Luther wer im geringesten trew ist); dise fahel leret das
lie, mindern nit sind zu ‘verachten. STEINHÖWEL 34 (ausgabe
von 1555);
der arm heert nicht zem richen wol,
der minr dem mern entwichen sol.
Bonger edelst, 77,36;
die mindern brüder, minoriten, vergl. oben 2: wir brüder
Dietherich der provincial der minrehrüdere ordens über Tüt-
;cheland und brüder Syfrit der gardian und die samenunge
der minrebrüdere des huses zü Strasburg. d. siädiechron.
9, 972, anm. 2;
unz daz ich dävon, kam
und mich daz leben annam
der minnern brüeder orden.
LAMPRECHT V. REGENSBURG Fochter Syon 1411;
und noch im 16. jahrh.: demnach haben wir in benandtem
s. Peters münster minder busmeister gesetzt. LUTHER 3, 94‘
‘dafür den unterbusmeister 95°); gnädige jungfraw, desz solt
jr sonder zweifel an mir sein (dasz ich keinen spolt mit euch
ireibe), denn ich michs gegen einer mindern nie unterstanden
habe. buch der liebe 237°. .
c) die neuere sprache braucht minder in ähnlichem sinne,
jewöhnlich nunmehr auf den inneren wert bezogen: wenigstens
zann. der geringere mahler immer für sich operiren, anstatt
lasz der mindere musiker sich mit andern sociiren musz,
am durch gesellige leistung einigen effect zu thun. GÖöTHE
22, 230; censur fordert und übt der mächtige, preszfreiheit
jerlangt der mindere. 23, 257; das neutr. substantivisch:
lasz mich heut den dritten (sieg) nicht entbehren,
der mindres nicht als thron und reich mir gilt.
H. v. Kızıst prinz von Homburg 1,5;
ıber minder geht auch von hier aus auf den rang: das vor-
züglichste wird zum zweiten- und drittenmal betrachtet, und
ıun ordnet sichs einigermaszen. denn indem die haupt-
zegenstände an ihre rechte stelle kommen, so ist für viele
nindere dazwischen platz und raum. GörtHE 27, 277; bei
liesem entschiednen vorzug der beiden ersten stämme heiszt
der dritte mit recht, die mindern geschlechter. NIEBUHR 1,338
neben niedere geschlechter öfters das.) ; da erhebt sich denn
sogleich ein streit über den vorzug der verschiedenen ge-
wächse, und hier ist erfreulich zu sehen, dasz die magnaten
ınter sich keinen rangstreit haben. Hochheimer, Johannis-
jerger, Rüdesheimer lassen einander gelten, nur unter den
zöttern mindern ranges herrscht eifersucht und neid. GöTHE
43, 272;
zwar sein verdienst kömmt meist vom schneider und vom
schuster,
Paris ziert selbst sein haupt, weil eine mindre stadt
nicht kunst noch puder gnug für kluge hirner hat.
HALLER 110 (104, 53 Hirzel);
alsdann vermindre mir kein kummer, kein geschäfte,
und keiner krankheit gift die mindern (leichteren) seelen-
kräfte, HAGEDORN 3,25;
schande ja däucht es und hohn noch spätem geschlecht zu
vernehmen,
dasz so umsonst ein solches, so groszes volk der Achaier
niemals frommenden streit rastlos fortstreitet und kämpfet
gegen mindere feind, und noch kein ende zu sehn ist.
Ilias 2,122;
ubstantivisch gesetzt: (die buben) gingen frisch dran hin. als
Jie mädchen das merkten, wollten sie auch nicht die min-
lern sein, sondern auch etwas wichtiges, unerwartetes ver-
.ichten. J. GoTTHELF schuldenb. 197.
d) in bezug auf zahl, weniger, geringer, kleiner“ waz daz
zrosir teil einr gemeine volbort, daz mag daz mynir teil
nicht widersprechin. Magdeb. blume 2,3, 49, nach Sachsensp.
», 55 des enmac die minnere teil nicht widerreden :
sö unser schar ie minre wirt,
sö uns je greezer helfe birt
der reine und der vil süeze Crist. Silvester 2821;
nach dem ziehe die minder zal von der grösten. KösEL
sochenhurch (A544) 64°- aber auch in der sprache namentlich des