2603 MOTTICHT — MÜCHELN
von holz, in fäulnis übergehend ScHörr 445, vgl. dazu in Kärnten
motteln, mottilan, schimmeln, nach schimmel schmecken, riechen
LExER 192; mnd. moddich, modich, muddich, mudich, sumpfig,
voll mudder ScHiLLER-LÜBBEN 3, 106° und moder sp. 2442.
MOTTICHT, MOTTIG, adj. die motten habend, von motten
angegriffen: tineosus, mottecht DıEer. 584°; mottig, fineosus, ‘das
viel motten hat, welche es (das zeug) zernagen’ Frısch 1,671";
niederl. mottigh, vermiculosus, tineosus, sordidus KILIAN; der-
gestalt fege und reinige ich allzeit in zwei jahren meine
stöcke von honige und rhos und darf mich nicht besorgen,
dasz sie leichtlich mottig werden. HörLer bienenk. (1614) 227;
die bettleroper, die zur zeit ihr plump noch zu agiren wiszt,
wie mottig euer hermelin, wie faul auch euer purpur ist!
FREILIGRATH dicht, 3,182.
MOTZ, m. für mutz, s. d., allgemein etwas kurzes, verstüm-
meltes, verschnittenes.
1) bezogen auf den hammel: bair. motz (gen. des motzen),
mötz Scham. 1,1705 Fromm.; daher motzenfleisch, hammel fleisch
bei FiscHarT: der Engelländer und Spannier erzknappige
künigklein, katz und motzenfleisch. Garg. 54°.
2) auf ein kurzgebautes insect* oniscus ein esel, ist ein
kleiner motz mit vil füszen, welchen so man anrührt (latei-
nisch gedacht für welcher so man ihn..) sich niederlegt als
db er todt wäre. CALEPINUS (1570) 1042.
MOTZEN, verb. zögern, langsam, träg sein. bairisch. SCHM.
1,1706 Fromm., wo auch motzeln, mötzeln; in Tirol motzen,
zögern, langsam thun, mit motzer, träger, langsam arbeitender
mensch. Scaöprf 445; in Kärnten motzen, moutzen, zaudern,
schmollen, mürrisch sein, sich widersetzen LEXER 192; rheinisch
motzen , mislaunisch, verdrieszlich sein, besonders wegen eine
beleidigung. KERREIN 283; hessisch entspricht mutzen, maulen,
den mund aufwerfen, aber auch faulen, in verwesung übergehen
(der begriffsübergang zeigt sich im adj. motzig) VILMAR 278.
MOTZIG, adj. zu motz und motzen in mehreren bedeutungen.
1) in der sprache der bergleute kurz, abgestutzt! motzig, vor
gängen, im streichen nicht weit aushaltend, sich bald wieder ver-
lierend VeEıta 344; der gang ist nach der sprache der herg-
leute sehr mozzig, denn er streichet nicht weit und nur
etliche hundert lachter in das feld; er liegt daher wie ein
keil in der erde, CAncrınus bergwerke (1767) 90.
2) auch sonst kurz, gestutzt, von haaren, kleidern, schweizerisch
muzig und muz SEILER 215°; von der laune, kurz angebunden,
in Aschaffenburg motzig, mutzig, schmollend, sich beleidigt findend
ScHM. 1, 1706 Fromm. ; hessisch motzig, mutzig, maulend, trüben,
verdrieszlichen angesichts, auch vom himmel, von der witterung
gebraucht VıLMAR 278; rhein. motzig, verdrieszlich KEHREIN 283.
3) motzig, faulig, fauligen geruch habend , mutzig riechen
VILMAR a. a. 0.; wol dasselbe wie in motzig machen, besudeln,
unsauber machen, schmieren, bestreichen, salben Frisch 1, 671°
(aus Altenstaigs voc.).
MÖVE, MÖWE, s. mewe.
MOVENDELN, verb. wie ein movendler fhun, geschäftig sein
mit dem übeln beisinne des eigennutzes oder der betrügerischen
absicht: mit seer vil pfaffen bsetzt, die nicht thünd dann
umb presenz movendlen, sacrificiern, mactiern. FRANK weltb.
133°; der (fürst dieser welt) würt dich alsdenn alles wol lernen,
maistern, und zü allem seinem wolgefallen brauchen, und in
dir und durch dich mörden, lästern, movendlen, geizen,
finanzen, neiden. paradoxa 81". ein muvendler oder movendler-
priester, beneficiatus mobilis oder amovilis, dem beneficiatus
perpeluus entgegengeseizt, lebte blosz von gedungenen goltes-
dienstlichen functionen , als messelesen, chorbeten u. Ss. W., vergl.
ScHM. 1,1700 Fromm.
MU, Zaut des rindes, vgl. muh.
MUCH, interj. des brummens im allgemeinen, vgl. muchsen;
den laut des rindes malend, wie muh: und sol och daz selb
rint in dem dorf gen..und sol frige sin und sol schrigen:
much! much! weisth. 1, 440 (Rastatt, um 1370). schweiz, in der
kindersprache mucheli, kuh, rind, kalb SEILER 210°,
MUCHEIM, m. gryllus domesticus, vgl. unter heimchen fheil
4°, 868: wann die mawren voll metteln, mucheim, heimen-
mucken oder feldheim, und dergleichen ungezifer stecken.
Sesız feldb. 46. schweizerisch müchaime, hausgrille, heimchen
SEILER 210° (als fem.); in Appenzell muchama, muchkama (masc.)
sowol die brotschabe, als die grille. TOBLER 324°.
MÜCHELN, werb. verderben, schimmlicht, anbrüchig riechen,
iterativbildung zu dem folgenden, vergl. auch müchenzen: das
mehl müchelt. ApeLunG:; bei Camper ohne umlaut: das melll,
MUCHEN — MÜCHZEN 2604
lie butter muchelt, mit dem adj. muchlig, verdorben, an-
rüchig riechend oder schmeckend,
MUCHEN, MÜCHEN, verb. wie mücheln:
eins (ein gericht) zu wenig gekochet ist,
das andre gar versalzen ist,
eines brunschelt, das ander mucht, EYRıncG 1,491:
inmaszen den beckern kein getreide in den mühlen gemahlen
werden soll, das da stinkend, müchend oder untüchtig sein
würde. Breslauer bäckerordnung von 1626; hessisch müchen
zeben der iterativbildung müchern, einen modrigen geruch von
üch geben VıLMAR 273; ebenso düringisch müchen; das bair,
tennt müechten neben den iterativbildungen müecheln, müech-
'eln, müechzen, in der Oberpfalz müchleinen nach schimmel
wer moder riechen ScHM. 1,1562 Fromm.; in Vorarlberg müch-
;ela, riechen wie waaren die lange in dumpfer luft eingeschlossen
ind, mit dem adj. müchtelig Fromm, 3,305 (vergl. dazu unten
nuchtel); schweizerisch dafür nüchteln (mit umdeutender an-
lehnung an einen begriff von nüchtern) fh. 7,967; ein schweize-
“sches nüchtelicht, mucidus deckt sich mit muchlot, muscidus,
»ulg. schimelich. voc. inc. theut, 02°, was für müchlicht steht.
rasalierte formen wie munkeln, minkeln, und diphthongierte wie
neucheln wurden sp. 2238 hierher gezogen. andere landstriche
leuten den eigenthümlichen geruch durch die lautgruppe muft an,
’gl. muffen, müffen.
MÜCHENZEN, verb. wie müchen und iterativbildung davon:
wann der haber, hen oder stroh an einen feuchten orth
zelegen, davon solche fütterung müchenzend und schmeckend
wird. HOHBERG 3,2, 162°; man musz auch das getraide, das
man malen wil, zuvor durch die fege laufen lassen, damit
der staub herauskompt, denn wenn der drinnen bleibt,
ı0 macht er auch müchenzend. Co_ERr. calend. (1640) 9; wiltu
ıber getraide haben, das im sommer wol ligen kan, und
acht leichtlich müchenzend were, so lasz es durch die fege
:aufen, dasz der staub draus kompt, so wirds nicht leichtlich
nüchenzend. 37; von müchzendem hexel, der aus altem mol-
mnichtem müchenzendem stroh geschnitten. 276; schlesisch
nüchinzende getraide, Fromm. 4, 178 (17. jh.). s. müchzen.
MUCHSEN, verb. much sagen, kurz brummen, mit dem
1ebenbegriff des widerspruchs und unwillens; bei mitteldeutschen
‚chriftstellern des 18. jh.: die elenden scribenten selbst legen
lie hände in den schoosz, und lassen alles über sich er-
zehen, ohne einmal zu muchsen. Liscov 476; und wenn mirs
nfiele, einer ans kinn zu greifen, weiszt du wohl, dasz
lazu eine frau nicht muchsen darf? C, F. Weısze kom. opern
„6; gleichwohl darf ich nicht muchsen. LEssınG 7,231; es
vandelt einen eine ehrfurcht an, ein respect! wo um gottes-
willen! nähme man da den muth her, auch nur zu muchsen?
ENGEL 12, 262; und ehe man eine hand umwendet erscheint
wieder der Schroedersche Hamlet bei uns und keiner muchst
Jazu. ZELTER an Götlhe 2, 10. schweiz. muchse, schwach stöhnen
SEILER 210°. die ältere und bessere form ist aber muchzen,
1. dort.
MUCHT, f. für macht, kraft, virtus, schweizerisch. STALDER
2,215; es zeigt sich auch in MAALERS muchtlosz oder müd
werden, defelisci 294°, was ebenso dort fortdauert: muchtlosig,
nuchlos, Kkraftlos vor hunger, unbehaglich STALDER a. A. 0.;
nuechtlos, kraftlos, niedergeschlagen ToBLER 325“; muchtlos,
nikräftet HUNZIKER 184. vgl. muglos unter möglos.
MUCHTEL, m. der schimmel: muchtel, mucor, aliqui dicunt
ichimel et bene. voc. inc. theut. 02. vgl. unter müchen. in
Nürtemberg ist die muchtel eine person mit unangenehmem
jeruche, bezogen auf ein alles, runzlichtes weib. SCHMID 391.
MUCHTEN, s. müchen.
MUCHZEN, verb. an die interjection much angeschlossen, von
lem brüllen des rindes: mugire lüyen l. muchzen, mugilus
las luyen, muchzen Dıer. 369°; mugire (vacce) muchzen no0v.
jloss. 258°; muchzen wie ein ochs, mugire, immugire, das
nuchzen, mugitlus MAALER 293°; dann aber auch, wie das land-
ichaftliche muchsen (s. oben), von menschen: man hielt sie für
‚ünglinge von weniger kraft und geringer keuschheit, wenn
sie über die pein dieser schmerzhaften operation nur much-
zeten. Bone Montaigne 5,186; wenn eines nur noch muchzet,
50 sehet zu, wie ich es zerhauen werde. PestALozzı Lienh,
u. Gerir. 1,108; in der form möchzen, sp. 2434; schweizerisch
nuchzen, brummen wie ein rind, von menschen unwillig und
mürrisch vor sich hinsprechen, in theilen der Schweiz dafür auch
nuggen, mügen STALDER 2,216; muchz, brummton beim rind
wol al heim menschen. ebenda. wval. mncksen.