361 LAUSIGKEIT — LAUSTERN
ich schwang mich zü dem tor hinausz:
alde, du lausiger würte!
ich kumm dir nimm ins haus. UHLAnD volksl, 624;
lasz mich gehn, du lausiger reuter! H. Sacss 2,4,4°;
so schlägt ein lausig knecht den herren ins gesicht.
LOHENSTEIN geistl. gedanken 66, 1203 ;
in verblaszlierer von dingen: eine lausige kappe oder platte.
LUTHER 4, 495°; ein lausig veracht concilium. br. 5, 53; um so
ein paar tausend lausige ducaten. SCHILLER rdub. 1,2; lausige
sechs gulden, soli sex floreni. SErRz 87°;
sa hat der lawsig krieg ein loch. H. Sacus 4,3,62‘;
es steht lausig mit einem, sieht mit einem lausig aus, erbärm-
lich, schlecht? es steht lausig um ihn, status ejus domi est dubius.
Serz 87°; Simplici! sagte der pfarrer, deine sachen stehen
Jausig! du hattest einen guten handel, aber ich sorge! ich
sorge! es sei verscherzt. Simpl. 1,118 Kurz; ist die gehrt
jungfer wollauf, so cradelir ich: mit mir sichts schon lausziger
ausz und wird alle tag irger. ScuwaAsE fintenf. 58; ich habe
die götter gebeten, dasz sie mir meinen muth und gradsein
erhalten wollen bis ans ende, und lieber mögen das ende
vorrücken als mich den letzten theil des zieles lausig hin-
kriechen lassen. Görne an frau v. Stein 1,69.
LAUSIGKEIT, -f. lumperei; avaritia StTIELER 1092.
LAUSKERL, m. schimpfwort für einen lumpigen menschen (vgl.
unter laus 1): lauskerl, der schulmeister, Fr. MÜLLER 1, 251;
nemme! Jausker1! komm! 2,147; ja, kommt mir, lauscker]!
Shakesp. Heinrich IV 2,2,4 (I scorn you, scurvy companion).
LAUSKNICKEL , m. wie lausknicker, vergl. knickel 2, iheil
5,1417: hu du lauszknickel, ich will dir die zung bannen.
PHILANDER 2 (1643) 346 (der mann zum weibe). im spielverzeichnis
des Gargantua s. 165° ist auch lauszknickel aufgeführt.
LAUSKNICKER, LÄUSEKNICKER, m. der läuse knickt, für
zinen schäbigen, geizhals, vgl. knicker 3, fheil 5, 1419: nennt sie
jhn schon nicht lauszknicker mit worten, so zeigt sie es jm
doch ausz dem bronnen mit fingern. Garg. 71° ;,
er hett daheim ein böses weib
und lebte stets im zank und keib,
het er jhr etwas zum verdriesz,
alsdann sie jhn läuszknicker hiesz.
und wann er sie gleich hett erschlagen,
so kont sie doch nit anders sagen,
noch den läuszknicker nahmen lassen.
FISCHART dicht. 2, 154, 722 Kurz,
28 ist im verlauf dieselbe erzählung die HeseL 2 (1853) s. 151 fg.
unter dem titel ‘das letzte wort” gibt.
LAUSLIED, n. schäbiges, lumpiges lied (vgl. unter laus 1):
gelt da stecken dir wieder deine neuen lauslieder im kopf,
die dir der schulmeister zusammenflickt. Fr. MÜLLER 1,229.
LAUSNICKEL, m. für einen verlausten menschen: bei einem
solchen faulen fleisch und rechtem lausnickel. Simpl. 1 (1713)
s. 222. es ist die kürzung des eigennamens Nicolaus mit ent-
sprechendem beisatze, vgl. WACKERNAGEL kl, schr. 3, 170.
LAUSPACK, n. lumpenpack: ihr schneidergeselle, ihr laus-
pack. J. GoTTHELF erz. 3, 195.
LAUSPERN, verb. flüstern , raunen: wie das der goi siht,
fragt er den jüden, was er der kuh hotte ins ohr gesagt,
damit ers ihr auf ein andermal auch künte einlauspern, wenn
sie nit ackern wolte. HeELvıcus jüd. histor. (1617) 1,132. lauspern
ist nebenform zu laustern, das, wenigstens im wniederl., auch
raunen bedeutet? luysteren, in doore segghen, in aurem vel ad
qurem dicere, insusurrare in aurem KıL1AN.
LAUSSACK, m.: wasz unglücks stellen ewere weiber und
töchter aufs newe jetzt an, mit den groszen gepulsterten,
gefüterten löchern? als ob sie sich durch solchen wust, eine
bessere leibesgestalt und feiste machen wolten; .. das müssen
ja feiste säuwe sein, und ein ehrlicher mann nicht unbillig
sich schewen, einen solchen schmutzigen garstigen lauszsack
anzugreifen. PEILANDER 2 (1643) 87.
LAUSTERN , verb. speculari, auscullare, ein in der heutigen
schriftsprache verschollenes wort. das ahd. hlüstren und lüstren
(lästrenten öron, zualuustrenteem öron altonitis auribus, hlü-
strenti, hlüsterendi inhians, intentus, umpihlüstrenti conlustrare
GrarrF 2,293) zeigt durch den theilweise erhaltenen anlaut hl,
dasz es etymologisch mit dem folgenden der bedeutung nach ganz
nahe stehenden lauszen nichts zu Ihun hat, sondern zunächst
dem alts. altnord. hlust auris, hlusta ausculiare, fries. hlest,
ags. hlyst gehör, hlystan, hlestan hören, horchen, für welches
zuch hifst, hljstan, hlestan angesetzt wird, zufällt. mhd, ist
das verbum als lüstern in nicht häufigem gebrauch, es heiszt wol
zuch mit kurzem voral lustern, denn noch jetzt zeiot sich in dem
LAUSTERN — LAUSTERER 362
„orte vocallänge und -kürze : bair. laustern SchM. 1,1524 Fromm.,
»Jem. luustere lauschen SEILER 197° (wogegen bei STALDER Justern
‘, 187), in Vorarlberg 1üstera und lüsterla lauschen, nachforschen
“RoMM. 3,303, Niederl. luisteren; gegen elsäss. lüstre lauschen
”’ROMM. 2, 562,5, lustre lauern, lauschen 4,117, 4, rheinfränkisch
usteren, lauern, lauschen 4,262, niederrhein. lustern, lauschen,
‚orchen 5,416,23, im westfälischen und sächsischen Hessen lüstern
ınd lüspern lauschen, horchen Vımar 256 (vgl. zu der letztern
orm oben lauspern), im niederdeutschen sprachgebiete als lustern
ınd lüstern weit verbreitet, vgl. brem. wb. 3,105. SCHÜTZE 3, 60.
SCHAMBACH 128 4. M.
Jaustern heiszt
1) aufhorchen, lauschen * auscultare hustern DıEer. 62°; ausculto
ch lauster, hör zu. ALBERUS; lausteren occulte auscultare aut
ıllendere SCHOTTEL 1355; drei ganzer stunden ..muste ich..
sitzen bleiben, eh einer herzu schlich und an dem riegel an-
eng zu rappen. ich lausterte wie eine sau, die ins wasser
harnt. Simpl. 1,115 Kurz, mit genitiv der sache:
gar frolich dett ich stan
und lüstert diser mer. ALTSWERT 191,34;
nit nach:
das wildt auf grüner heiden steht,
es laustert nach dem horne. Ambr. liederb. no. 119, 10;
mit abhängigem satze : stampften und stieszen mit den spieszen,
zu laustern wo es hol wer. Garg. 202;
ich stund ein weil gar tisem
hinder einem büschlin clein
und lüstert, was die zart, die rein
mit worten sprach gar tougen. ALTSWERT 131,37;
als sie nähst zu dir träten,
erstarren sie zumal; sieht eins das ander an,
und laustert, ob es auch ein iedes glauben kan,
dasz du verschieden bist? ROMPLER 98.
vgl. auflaustern.
2) auflauern, oft nahe an die vorige bedeutung rührend,
andererseits in den begriff des folgenden lauszen übergehend :
nsidiari lustern uff ein Dıer. 300°; mit listen auf einen
austern, aufsetzig sein, insidiari CALEPINUS 735; welcher bei
‚ag und nacht auf den andern uf wegen laustert (ist der
höchsten busze verfallen). weisth. 1,489; als er (der hirsch) vor
forcht eines nachjagenden wolfs auf einen hohen felsen ent-
wiche, und der wolf . . auf jn laustert. KEISERSB. narrensch, 12° ;
lan so lustert der wolf, und wann man am minsten meint,
30 ist er do und ergrift das arm thier. SCHADE Sal. u. Pasqu.
„12,37; ich laustert frühmorgens auf ire knechtlein. Boxrz
Terenz (1544) 90°; man sol für dem aufgang der sonnen fleiszig
auf sie (die maulwürfe) an dem ort, da sie das erdrich gar
irisch auszwerfen, laustern. SEBız feldbau 293; wann man auf
ıun hasen laustert, 618; als uff ein zeit ein aff ersähen, wie
ıin söugamım ein kind in einem wäschbeckin hbadet, .. lausteret
ler aff und bildet jm eben ein, wohin sy das kind gelegt.
TORER lhierb. 3°; wie ein hungeriger wolf.. vor allen schaf-
;tällen gelaustert und gesucht seinen bauch zu füllen. Kırcy-
10r wendunm. (1603) 7,65; die feind thun stätigs auf uns
austern. unlustvertreiber (Straszb. 1655) 237; warummen er..
‚on stund an widerum so stil ist, als ob ein mausz in eim
Kram leg, oder ein katz auf die mäusz laustert. FIscHART
hienk. 158°;
lag also lustren bis gegen tag.
H. SaıLat 122,39 Bächtold;
kompt etwas guts so spitz dich drauf,
das du erdapst die beste speisz,
wie katzen laustern auf die meusz,
grobian. (1568) B6* (b. 1, cap. 4) ;
in der verblaszten bedeutung warten: auf die uneinigkeit und
zwitracht des Teutschlandes laustern. händel von 1617-1644
5.81; verborgen sein: der sulphur, welcher under der haut des
menschen heimlich Jlaustert und verborgentlich angezündet
wird. PARACELSUS Opp. 1,344B.
3) laustern, raunen: item, was es bedeute, dasz er seine
1eimlichkeit und secret dem brot und wein also in die oren
-aumt und laustert, als wolt er ein heimliche losung geben.
FıscHarT bienk. 158°, ist wol dem niederländischen nachgebildet
emant iets in’t oor luisteren, einem etwas heimlich ins ohr
“agen) ; aber auch alemannisch ist \ustern etwas ins ohr raunen
STALDER 2, 187. .
LAUSTERER, m. horcher, mhd. Yüsterere, niederl. luisteraar :
der lausterer an der wand
der hört sein eigen schand. LEHMANN 1,811;
%ei gericht ein blosz zuhörender und über die gesetzlichkeit der
»erhandlung wachender herschaftlicher beamter, auch horcher, vgl.