LEDIG
„annte man verhüllend die bulerin ein ledig wip, vgl. gesamt-
zbent. 2, no. 35 (s. 219 fg.) ;
dö quam ein ledic vrouwil gän.
und als der hörre di gesach,
vräginde er züzir sprach:
wannen kumistü, dirne? JErRoscHIN 9380;
aber U. v. LICHTENSTEIN im frauenbuch, zählt fünf gattungen ehr-
hbarer frauen auf und sondert dabei ledigiu wip von witwen und
jungfrauen ©
wie si vor spote sich bewar,
3i habe man oder ein witwe si,
ıder ein maget. die namen dri
hab wir: daz vierd sint ledegiu wip,
ler ouch hät manegiu schenen lip:
lie fünften friundin sint genant. 618, 13,
welche ledegiu wip er nachher näher mit den witwen zusammen-
tellt
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ein witwe und ein ledic wip,
die Jugent habent und schenen lip,
die habent des ein schene leben,
daz si sich selben mügen geben
ı1äch ir herzen willen wol
‚wem si wellen. ieslich sol
merken schouwen unde spehen,
frägen rehte und ouch sehen,
wem si ir friez leben gebe,
jlJaz si dar näch iht übel lebe. 626,27;
daher: lediger, auszert oder näbend der ee geboren, Spurius.
MAALER 266°; ein lediges kind. Scaw. 1,1439 Fromm.; quando
zolutus peccat cum soluta, daz heizet lidige unküsceit. ebenda
(14. jahrh.).
5) ledig, auch sonst frei, unabhängig, in mancherlei art. im
ılten recht ein ledig mann, homo absolutus, liber et solutus, liber
5delis, vasallus liber, vasallus uni addictus, uni domino totus el
wunice serviens contra omnes, nisi qui paclo fuerint excepti. HALTAUS
1220. Grımm rechtsalt. 307; worauf das mittellat: homo hgius,
orovenz. litge, franz. lige, engl. liege beruht, vgl. Diez wörterb.
1. rom. spr. 2,359 fg. In der gewöhnlichen sprache: absolutus,
frei, quit, ledig Dıer. 5°; ledig und frei, ber, quasi solutus.
yoc. inc. theut. m2’; diu freien ledigen herzen diu alleu auz-
wendigeu dinch ring wegent. MEGENBERG 234, 12; auf eine be-
schäftigung bezogen, der man enthoben ist: heiten (warteten) so
lang, daz Ulenspiegel ledig waz (fertig mit essen). Ulensp. s. 97
Lappenberg; indessen habe ich (vor meiner abreise) alles ge-
ırdnet und bin so los und ledig als jemals. GöTHE 43, 12;
zein sarg macht ihm beschwerde;
las, ledig, sonder druck,
zrüszt er sein bett, die erde,
im blut- und waffenschmuck.
FREILLIGRATH dicht. 1,51 (banditenbegrdbnis);
nder die man nicht hat; ledig ampts halber, privatus. SCHM. 1,1439
Fromm. ; so konnte sich geradezu die bedeutung müszig entwickeln :
ociabundus ledich, ociari ledig wesen, leddig sin, ociosus ledig,
ledeg Dıer. 392°; Jedig sitzen, ofiose sedere FrıscH 1,593”; die
namentlich im niederdeutschen und niederländischen gröszere ver-
Sreitung gewonnen hat: ociari ledich wezen, gaen DiEr, 392;
‚eddig gaan müszig gehen. brem. wb. 3,34; uytgegaen zijnde
antrent de elfde ure, vont hy andere ledigh staende, ende
jeyde tot haer, wat staet gy bier den geheelen dagh ledigh?
Malth. 20,6 (LuTHER müszig); vgl. lediggänger.
6) die ältere rechtssprache bezieht ledig ferner auf gegenstände,
züter u. ähnl., die von lasten frei sind; ledigez eigen, ledigez
zuot LExER mhd. handıb. 1,1853; ledig frei aigen, frei ledig
aigen Scum, 1,1439 Fromm. (mit weiteren belegen); frei ledig güt
oder besitzung, darab man niemandt nüt schuldig ist, auch
kein lehenherren hat, alaudium. MAALER 265°; das hausz ist
ledig und losz, es hat niemants nichts darauf, Mberae sunt
zedes. ebenda; ledige güter, auf denen nüt statt, kein zinsz
oder zehenden, agri immunes, frei ledig eigen. 266°; kauf-
brief... vermög dessen herr dr. Brandmüller . . die behausung
für ledig eigen verkauft. rechtsquellen von Basel 1, s. 359 (17. jh) ;
die alte sprache brauchte so auch ledig reht, freies recht, wegen
dessen anwendung man keinem verantwortlich ist:
ir sult mich doch für eigen hän:
daz dunct mich iwer ledec rehi. Parz. 523,29;
der bergmann nennt ledige schicht die arbeit, die er auszerhalb
seiner gesetzlichen arbeitszeit, ungezwungen verrichtet: ledige
schicht, ledig schichten, wird gesagt, wenn ein bergmann
ıach verrichteter ordentlicher schicht noch eine machet.
mineral. lex, 360°.
7) ledig, von lchen, die erledigt, offen sind; von einem ledig,
von dem bisherigen inhaber: begibt aber sich ein man, der zu
;inen jären komen ist, her hät sich von lantrechte und von
‚Enrechte geleget. und sine l&ne sint von ime ledic. Sachsen-
LEDIG 502
piegel 1,25,3; einem ledig, in bezug auf den lehnsherrn, dem
‚as lehen wieder zufällt: sö werden die l&n den herren ledig.
‚33; in swilche stat..der kung kümt binnen deme riche,
lär ist ime ledic muncze unde zol, und in wilch lant her
zumt, där ist ime ledic daz gerichte. 3,60, 2; eins valschin
ichters peine ist, daz man dy czunge auzwinden sol, und
;ein gerichte ist dem landis herrin ledig. Magd. blume 2,5,14;
ınd seind ihm ehr und recht genomben, sein lehen dem
1erren ledig gesetzt. HALTAUS 1215 (von 1313); das gut, das
nir ledig und losz gestorben ist von einem meinem rechten
ehenmanne. ebenda; ein lediger fall, feudum apertum Frisch
„593.
8) anlehnend an diese verwendung steht ledig bis heute von
imtern und stellen, die frei werden: do daz rich alsus lidig
;tund. d. städtechr. 8, 40, 16; dasz also... das keiserthum 17 jar
mn ein haupt ledig gestanden. FıscHART bienk. 126°;
sobald ein pfründ erst ledig stirbt,
der denn baldt kompt, dieselben erbt.
B. WaLDIS Esop 4,83, 71
wergl. dazu den worletzten beleg der vorigen nr.); aber Kalaf
var ehrgeizig; er hatte ein auge auf die würde eines ober-
jonzen der hauptstadt Scheschian, welche in kurzem ledig
verden muszte. WıELAND 6,277; als die stelle eines ober-
mtmanns in Emmendingen ledig ward. GÖöTHE 48, 108.
9) ledig ist das ross, dem der reiter fehlt: lär oder ledig
'ossz, darauf niemants sitzt, equus Vvacuus, Inanis EquUus.
MAALER 265°; darnach ein baner und iij lediger hengst mit
‚ülden und silbern barssen. beschreibung der einreitung Caroli
'es fünflen (1520) ij’; solche rosse (geschenke des königs von
Veapel) samelt ein jeder bapst...und leszt sie ledig für jm
ıerfüren wenn er prangen wil mit einer sonderlichen herr-
chen pracht. LurTHER 6, 490°; wie die rossz und ochsen disz
hier sahen, scheuweten sie darab, erschraken, zerrissen die
-:ügel und seiler, und wurden zwei rossz ledig. buch der liebe
126°; sein ledig fliehendes, in blut gebadetes ross. SCHILLER
164; die sind wol nicht recht gescheut, haben einen ledigen
»sel und laufen zu fusz nebenher, EıcHEnnorFF Lucanor 95;
an dem velde lac manic man ..
bedecket was daz grüene gras
mit den schilden eteswä.
diu ros liefen ledec dä. Wigalois 17,24;
die rosse, ledig ihrer herrn,
zie gehn im walde wild. UHLAND ged,. 307;
sag an, traut lieber knappe!
wem gehört der ledige rappe? 323;
lanach ledig, entsattelt, vom reiter? da rannte im Wilwolt durch
lie tartschen und blatten hinein bis uf den leib, das er ledig
ıerab viel (vom ross). Wilw. v. Schaumb. 47; darumb thet der
>eter sich herfür und rennet die frembden alle ledig ab.
uch der liebe 32°; nach herr Heinrich kam einer, genannt
‚ancelot von Valois, der vom ersten treffen herrn Friderich
edig herab stach. 36°; in foller rüstung leichtlich von ebener
ırden auf ein ross sitzen, auch aus dem sattel sich wider
edig machen. BurscHky Patm. 96; ein lediger fall, casus ex
quo, wodurch der sattel ledig wurde, bei den turnieren. FRISCH
, 598°
10) ledig, in den begriff des räumlich leeren übergehend, in
1ezuqg auf behälter und andere gegenstände:
dä fundens eine barke
ledege unde starke. Gregor. 610;
ediger ziebank oder rüderbank darauf niemants sitzt und
‚ücht, franstrum vacuum. MAALER 266°; wie oft haben sie
beim abendmahl) essig oder wasser im kelch, zuweilen ledige
(elche , aufgehaben und lassen anbeten. LUTHER 3, 527°; ein
'uhrmann uber land rollet mit einem ledigen wagen. WICKRAM
allw. 50; an einen ledigen tisch sitzen. 85; die wolle auf den
edigen wagen aufladen. SCHWEINICHEN 1,362; der geiz dreschet
Nzeit ledig stro. HeEnıscy 750; ledige aeren, spicae inanes
ÄTIELER 1108; der beutel voll gold und silber kan ledig werden,
jers. baumg. 7,24; deren cammern werden und hleiben ledig,
vann mans schon mit millionen hinein brächte. SCHUPPIUS 27;
uf solche art wird euer schiff lediger, und desto bequemer,
ındere nützliche waaren einzunehmen. Felsenb. 2,529; zwei
edige flaschen. 4,489; einen herrlichen platz in einer seiner
‚eichnungen leer und ledig zu wissen, den er mit den ge-
galten .. zu verzieren gedachte. GÖöTnE 22,130;
sie nahm kein schreiben mehr, und schickt aufs letzte mir,
statt antwort, ein verwahrt. doch ledig blatt papier,
A. GRYPHIUS 1698 1.200: