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LEICHEN
LEICHEN, verb. von dem eierabsetzen der fische, frösche u. ähnl.
1) intransitives leichen: sehet doch nur, wie fein ein fischlin
leichet, da eines wol tausent bringet, wenn das mennlin mit
dem schwanz schleget, und schüttet den samen in das wasser,
davon empfehet das frewlin. LUTHER tischr. 41°; ein feister
karpf ist allwegen gut, ausgenommen im maien und brach:
monat, so er geleichet. FEIERABEND wasser- u. fischweidwerk 12:
zü dem sind sy (die frösche als speise) seer schädlich, so sy
leichend. ForgRr fhierb. 168°; wenn die lachse laichen wollen,
so machen die weibchen in dem sand auf dem grunde des
stroms kleine tiefe gruben, die sie mit steinen wohl ver-
wahren, damit das wasser ihren rogen, welchen sie in erbsen-
grösze in die gruben legen und mit sande zudecken, nicht
zerstreue. HEpPE jagdlust 3, 296;
im teich, im strom, wo schlei und karpe springen,
forell und schmerl durch sand und kiesel dringen,
der frösche feind, der krebs, geharnischt laicht.
HaAGEDORN 1, 73.
2) leichen, fransitiv: so ist auch an der tüchtigkeit des
jungen satzes (beim karpfen) sehr viel gelegen, maszen der-
selbe, wenn er in magerm boden geleichet worden ... also-
fort... zu verkrüpeln... beginnet. GÖCHHAUSEN N0l. ven. 345 ;
schmetterlinge .., die den ganzen tag blumen hesuchen und
benaschen, und doch ihre eier auf einen schmutzigen kohl-
strunk laichen. J. Paur Hesp. 2,29; bildlich: ganze bogen, die
ich mit dergleichen schäkernden ideen-fischchen voligelaicht.
Siebenk. 1,146;
ich las entzückt sein trauerspiel Cardenio,
die gröszte, mehr als ekelhafte, metzelung,
die je der fette frosch Bombast in dunstigen
irrlichtersumpf poetischen wahnsinns laichete. PLATEN 280.
3) leichen mit einem, vom beqatten der fische, s. das folgende
eichen no.3 und 4.
LEICHEN, verb. in mehrfacher fügung und bedeutung.
1) transitiv, einen leichen, einen foppen, einen possen spielen !
{rufare leichen DiEr. 599°; vexare geilen, teuschen, leichen 616°;
laichen, sophistrare, truphare, gesticulare, sophisticare, calumniarı,
decipere. voc. inc. theut. 18°; im mildesten sinne nur foppen:
ich wold min cerullil (krauses haar) streichin
und in lösim smeichin
di andiren kalin leichin. JERoScHIN 18922;
schärfer äffen, zum narren haben: darumb wardt gerathschlagt,
welchergestalt der Gotteshaim auch megte gelaicht werden,
das er iren hinfuro ainige ursach het zu spotten oder von
inen zu sagen. Zimm. chron. 3, 190, 30; das gespenst trib also
sein affenwerk, die zuhörer damit zu laichen. 4, 133,34; er
soll... von seiner bülschaft geleicht und geäfft sein worden.
3. FranK chronica 112’;
nun ligt hie, ir pösen affen! (spricht Neithart)
ir muest ps an den dritten tag schlafen,
so will ich aber komen her
und will euch dan laichen mer. fastn. sp. 433,12;
dann aber auch geradezu an betrügen rührend und beschönigend
für dieses gebraucht: da tailtens die pfaffen under in (geld für
ablasz) .. und wurden die layen gelaicht. d. städtechr. 4, 323, 9;
die (kreuzfahrer) wurden all gelaicht umb ir güt und ain tail
umb ir leben von den cristen und nit von Türggen. 326, 12;
wolt die stat umb das gelt gelaicht haben. 5, 239,21, vergl.
auch ableichen ;
und wilt dich dennoch für ain junkfrau hin geben,
und laichst die leut mit den krenzen? fastn. sp. 586,23;
es geschehen grosze wunderzeichen :
darmit thüt man die leut oft leichen,
SCHADE sat. u. Pasqu. 1,30, 128;
du waist, als ich necht kummen bin,
das ganz erzurnt was mein sinn,
und das ich darumb strafen thet
der that ich ie gesehen hett,
und wilt mich iez mit worten laichen, Zimm. chr. 2,13,5;
die selbig fraw die tüt die knappen laichen,
si tüt die semlen in das wasser waichen,
darausz do machet si ain müs,
so maint man dann es sei von milch,
so geuszt si das wasser zü, zü. UHLAND volksl. 704;
leichen mit betrügen verbunden: defraudatores die die Jeut
triegen oder laichen Schm. 1,1418 Fromm. (von 1461); alzo
betrug he dy rittere uff beiden syten und leichte dye met
sehenden ougen met synen bunten kleidern. altd, bl. 1,142;
vil narren, affen, esel, geüch
die ich verfür, betrüg und leich. narrensch, 13 überschr. ;
die dich nit leichen und betriegen,
and umb dein selbs eigen gut kriegen.
“RONSPERGER kriengsb. 1,186":
LEICHEN 616
also im land ich herum raisz,
die hawren ich laich und bescheisz. IH. Sacus 5,350.
zuch leichen und schänden, leichen und verderben: der güt
nünch...die dasigen die in meinten cze leichen und über
jen sin thün und im sein heilige federn genomen hetten, er
sy leichet und schändet und sich selbs eret. STEINAÖWEL
Decam. 406,32 Keller; dasz ie ainer den andern leicht und
‚erderbt und umb das sein pringt. d. städtechron. 4,113, 5. —
Teute lebt das wort noch in Baiern (Scum. 1, 1418 Fromm.), Tirol
Fromm. 6, 436), Kärnten (LExEr 176), Schwaben (Scnmip 340).
2) intransitiv, mit einem leichen, mit einem in einverständnis
sein, mit einem umgehen, ihm anhangen: mit einem laichen,
colludere , conspirare (malo sensu). prompt. von 1618 bei Scum.
4.0.0.5 So wardt auch bemelter graf verdacht, als ob er
hievor mit den Ungern, die oftermals das Deutschlandt hetten
iberzogen und übel beschediget, solte gelaicht und in eim
imlichen verstandt gewesen sein. Zimm. chron. 4,199, 22; dz
zlaub ich wol dz fleisch dz sich ein mal mit yn (dem teufel)
vereinigt hat...ja sich mit ym verheirath in ein eelichen
yundt, mit ym leich und dz er darin sein reich yetz hab.
5. FrRanx chron, 1531 4°; in dem reich erschalle ein gemeines
zeschrei, als solle könig Heinrich (X. von Frankreich) mit dem
papste laichen und ihm hülfe und beistand wider uns luthe-
‘sche zugesagt haben. brief herzog Christophs von Würtemberg
an den Rheingraf Joh. Philipp, von 1556; und will alle schand
ınd schmehbücher auszlesen...und mit denen leichen, die
ıchts anders können, denn obrigkeit lestern. MaTHEs. Sar.
i58*; die r. kirch leichet mit den ketzern. FıscHART bienk. 51°
am rande. noch jetzt allgäuisch (Schw, 1,1419 Fromm.), schwäbisch
(SchHmiD 340) und schweizerisch: leichen, laichen, leien, umgehen,
besonders mit schlechten personen, STALDER 2, 164; auch sahs
mein vater gar nicht gern, dasz ich mit ihnen laichte. armer
nann im Tockenb.: 36; war ein armer tropf, hatte kein geld,
ınd mochte gleichwol gern mit andern burschen leichen. 167.
3) leichen mit einem, vom begatten der fische, schlangen
%. ähnl.: die visch habent die art, daz si niht laichent mit
'remden vischen, die auz ir art sint, noch mit fremden tiern,
zam ain hecht laicht neur mit ainem hecht und ain slei mit
ainem sleien. aber daz velt an der muren, diu laicht mit
ainer slangen, und sprechent etleich, der @l tuo daz selb.
MEGENBERG 242, 29; die visch habent die art, daz si hin und
her swimment und spazierent, & si gepernt oder & si mit-
snander laichent. 243, 27;
wen der walfisch drei Jar wirt alt,
laicht er mit den balenen palt,
eim grosen fisch, der sein mansrut
im in der laich verschneiden dut,
das er forthin al seine tag
nimer mer mit gelaichen mag. meisterl, fol.23 no. 189 ;
und, mit beziehung auf leichen 2: drumb wünsche ich, das
zolche verechter göttlicher ordnung (des ehestandes) ausz
nenschen zu schlangen und basiliszken würden, und mit
nen leicheten, LuTHER fischr. 323°; (der untreue haushalter)
Iaichet mit seines herrn schuldnern oder zinszleuten, wie die
ıhlen mit den schlangen. MaATHEsius Sar. 153°.
4) dasz dieses leichen , welches im ahd. nicht, erst im mhd.
nachzuweisen ist, mit dem goth. laikan spielen, springen, froh-
ocken, bi-laikan wverspotten, ags. läcan tanzen, spielen, weit-
‚treiten, opfern, altnord. leika, spielen, sich bewegen, schwed. leka,
län. lege spielen, &in wort sei, ergibt eben so die betrachtung
les formellen wie des begriffes. obwol das verbum im mhd. die
ursprüngliche starke reduplizierte form mit der schwachen ver-
auscht hat, zeigt doch das noch hie und da erscheinende starke
articip prät, geleichen das frühere verhältnis : geleichen befrogen
BEN.-MÖLLER 1, 959°;
der munch hat uns gelaichen zwar. fastn. sp. 437,2.
vegrifflich steht schon goth. bilaikan (jah bilaikand ina xai
tunalEovow adt@ Marc. 10, 34) der ersten bedeutung von
‚eichen zum theil gleich, da der sinn des spielens, wie im griech.
und lal., in den des mitspielens, foppens umschlägt; und ebenso
larf die zweite bedeutung des wortes von der gemeinschaftlichen
kurzweil, die man mit einem hat, den ausgang genommen. haben ;
las dän. lege med en heiszt mit einem spielen, ihn zum besten
haben, schlieszt sich also in der fügung der no. 2, in der bedeu-
'ung der no. 1 an. der übergang von dem begriffe des spielens
eu dem des begattens liegt nahe, im schwed. leka sich begatten,
sich paaren, ist er auf die vögel eingeschränkt; wenn aber im
teutschen dieses leichen nur von dem beaatten der fische u. ähnl.