851 LEUTSELIGKEIT — LEUTTRÜGER
adverbial: hiesz ihn sehr leutselig in seinem hause willkom-
men sein. WıELAND 6,89;
dafern man gegen euch sich wird leutselig stellen,
und mit geschmünkter sprach bemühen euch zu fällen,
dafern der käiser mit anlockendem gesicht
wird rathen disz und das; denn, bitt ich, wankt doch nicht.
A, GrRYpPBIivs 1698 1,493;
ungewöhnlich -
eine getreue leutselige zähre, die seh ich noch immer,
netzte sein antlitz. Krıorstock Mess. 1,698 nach den ausgaben
von 1751, 1760;
die spätern dafür: eine getreue zähre der huld,
LEUTSELIGKEIT, ff. 1) in der alten sprache wolgefälligkeit,
anmul -
er (der neugeborne knabe Achilles) hete die liutszelikeit,
swer ez mit ougen ane sach,
daz der in sinem herzen jach,
im breste weder dis, noch des. tfroj. krieg 5792;
jedoch was einiu (jungfrau) drunder, ,
diu schein ir aller bluome
an werdeclichem ruome
und an liutselikeite. 13903.
2) später freundlichkeit gegen die menschen : da aber erschein
die freundlichkeit und leutseligkeit gottes unsers heilandes,
Tit. 3,4 (N xonotötns xul N pıkavdownia E&repdan TOT
0OTHO0S NLLOV H’eoD); so werdet jr erfaren, was gottes
leutseligkeit und freundligkeit ist. MATHEs. Sar. 52° ; zuthulich-
keit , traulichkeit gegen die leute: ist es nicht besser, du die:
nest deinem nebenmenschen, und sie dir hingegen hinwie-
derum, als dasz du hier ohn alle leutseeligkeit in der ein-
same sitzest wie eine nacht-eule? Simpl. 2,169 Kurz; die
ungemeine leutseligkeit ihrer (eines negervolkes) sitten, ihre
gutherzigkeit, und eine gewisse lenksamkeit, die ich an ihnen
wahrnahm. WIELAND 15, 58; er (Schöpflin) verbreitet sich mit
leichtigkeit in der literarischen und bürgerlichen welt: denn
historische kenntnisse reichen überall hin, und leutseligkeit
schlieszt sich überall an. GöTHE 26, 46; namentlich sofern sich
diese zutraulichkeit durch die rede äuszert? (die tugend affabilitas)
mag nicht wol gedeutscht werden, es wolt sie dann jemand
Jeutseligkeit nennen. BARTH weiberspiegel (1565) L 6°; leutselig-
keit, humanitas, bonitas, affabilitas, quae etiam redseligkeit
dicitur. STIELER 1993; ein freundliches gespräche ist die kräf.
tigste herzstärkung unserer gemütter, wer selbiges verspricht,
der mus aller leutseligkeit entsagt, und dem menschen-hasser
Timon die brüderschaft geschworen haben. Burtschaxy Patm.
415; in der neueren sprache zumal auf die trauliche freundlich-
keit des höhern gegen einen niedriger stehenden bezogen? der herı
vormund ist ja die leutseligkeit und dienstfertigkeit selbst.
GELLERT 3, 30; die ungezwungene und einnehmende urbanität
des Atheners musz einem jeden fremden angenehmer sein,
als die abgemeszne ernsthafte und ceremonienvolle höflich-
keit des Morgenländers. das verbindliche wesen, der schein
von leutseligkeit, den jener seinen kleinsten handlungen zu
geben weisz, musz vor dem steifen ernst des Persers .. den
vorzug erhalten. WıELAND 1,180; er (Dionys) setzte alle tage
einige stunden aus, um jedermann mit einnehmender leut-
seligkeit anzuhören. 2, 323; wenn dieser fürst .. die heschwer-
den eines jeden, der sich an ihn wendete, selbst anhörte.
und durch seine leutseligkeit jedermann zu gleichem ver-
trauen einlüde. 7,161; leutseligkeit und sanftmuth gegen seine
untergebenen. 200; jederman drängte sich herbei, den vor-
trefflichen fürsten zu sehen, und jederman bewunderte seine
leutseligkeit und herablassung. GöTHE 18,282; der general
hatte diesen ruf wohl verdient.. durch die leutseligkeit, in der
er mit seinem volke zu verkehren wuszte, FREYTAG ahnen 5,152,
LEUTSKOTH, m. menschenkoth :
nam sunst die hawt von einem ahl,
und füllt die mit lewtskot zumal. H, Sacus 2, 4, 80°,
vgl. leutsdreck.
LEUTSPIEL, n. menge volks (vgl. unter spiel und geldspiel
menge geldes GörnE 8, 76): war da ein leutspiel. L. Pa. HAHN
aufruhr zu Pisa (1776) 132.
LEUTTÄUSCHER, m.: haben auch vier leutteuscher und
spitzbuben, die es wol verdient, auszem wege gebracht und
mit dem strang richten lassen. HENNEBERGER Preusz. landtafel
(1595) 394.
LEUTTRUÜGER, m. nachdem etliche bauren dieses bruders
Fysilius betrug und beschissene krempelerei gemerket, haben
sie sich durch einander beschlossen, diesem leuttrieger seine
heiligthumb heimlichen ausz dem sack zu raumen und den-
selben mit häuw auszzufüllen. wiszbad. wisenbrünnl. 2,186.
LEUTVERDERBER — LEWER 852
LEUTVERDERBER, m.: (arznei oder salben) domit die
uhmirber oder leutverderber die welt so erbarmlich ver-
lerbent. Seitz 19.
LEUTVERFÜHRER, m.:
du leutverführer, schelmenzunft-berather. Tick 2, 58.
LEUTVERFÜHRUNG, f.: für solche lesterunge und leut-
erfürunge. LUTHER 3, 85°,
LEUTVERKÄUFER, m. sklavenhändler. S.Frang weltb, 16°
s. die stelle unter leutmarkt); mango liutverkoyffer Dıer. 346° ;
eutverkaufer nov. gloss. 245°.
LEVIT, m. 1) mit dem alttestamentlichen namen levita be-
eichnet die kirche des mittelalters einen geistlichen , dem kirch-
icher hilfsdienst, und vorzugsweise das vorlesen des evangeliums
liegt: dyaconus , levita, ewangelier, voc, optim. 36°,39; levita
evit Dıer, 326°; Bonifacius nam ock myt sick prester und
iyaken, leviten. Dorow denkm. alter sprache u. kunst 1,79;
wurden am freitag umb completzeit ain levit und 3 acoliten
nit den statknechten öffentlich zum thor auszgefürt. deutsche
tädlechron. 15, 45, 17.
2) die redensart einem den leviten lesen, die leviten lesen
tellt sich zu ähnlichen (vgl. unter lection sp. 488 und unter lesen
;p. 779): hörte ich ihme von der frauen fast alle abend im
yette den leviten lesen. Jucundiss, 119;
man müsz dir ouch die leviten lesen,
du bist by Jhesu von Gallile gewesen.
Mong schausp. des mittelalters 2,280;
ich wil itzt selber zu in gehen,
sie sol die drüsse und beule bestehen :
ich wil in die leviten lesen,
sollen sagen, ich sei da gewesen.
Jos. RömMoLt ein fein christl. u. nützl. spil
(1563) C3*;
da geit de wisheit an, da ward al upgegeven, . .
wat se dem brödigam möt vör leviten lesen.
LAUREMBERG 8, 111, 159 Lappenberg;
in ähnlichen formeln: sie bekam von ihrem papa einen derben
eviten. ammenmährchen 1 (Weimar 1791), 112; aus furcht von
hrer mama einen derben leviten zu bekommen. 129;
erinnre dich, bruder, welch lockeres leben
der lockere Wachtel von jeher geführt;
du hast mir zwar immer leviten gegeben,
doch hat mich das immer sehr wenig genirt.
KöRnER nachtwächter, 4. auftr,
LEVKOIE, f. blumenname, aus griech. Aevxötow herüber-
1nommen >;
vollkommne drei (olenarten), ihr scheinet unter euch,
hat man euch gleich
mit unterschiednen namen
Jevkojen, matronal und güldentuch genannt,
dennoch verwandt. BrocKkzs 1,16;
das beet, wo, frisch wie Hebe,
im weiszen lenzgewand,
sie an bemalte stäbe
Jevkoj und nelke band. MATTHISSON ged, (1794) 20;
auch begiesz ich die nelken im topf, die der freundliche gärtner
(eifere nicht) mir geschenkt, und die baumnelk unseres vaters,
samt der violblauen levkoj und der myrte zum brautkranz.
Voss 2,75;
knospende ros und levkoj und spanischen pfeffer und goldlack
(am fenster eines schulmeisters). 278;
wenn allmählig erst ..
an diesem lack, an diesem Josephssteft,
an anemonen und Jevkojen sich
die Nügg gewordene natur versucht,
entfaltet endlich sich der rose schoosz. PLATEN 197.
Der name der blume ist wol erst mit ihrer allgemein gewor-
Tlenen pflege im 18. jahrh. in das volksmäszige gewand gebracht,
zuf welches die Reuchlinsche aussprache der griechischen form ein-
1ewirkt hat; Honzere braucht noch die fremde form: leucojum,
veyel, sind an farben gelb, weisz, roht, veyelfarb, weisz mit
'oth oder purpurfarb gesprengt, schwebelgelb und gelb gul-
lener lack. 1,674”; Brockes erst schreibt neben levkoje (s. oben)
zuch leucoje, als fem. (das geschlecht nach blume gewandelt):
beim anblick einer schönen leucoje. 5, 148; und so NEMNICH:
;heiranthus die leucoje. 2, 1006.
LEVKOJENFARBE, f.: levkojenfarbe auf wolle. Jaconsson
>, 605°,
LEWER, m. erdaufwurf, hügel, ahd, hlewari, mhd. l&ewer:
199er ljewar Dıer. 17°; in der älteren bairischen mundart als
ıeber fortfdauernd: könig Wela belaib enhalb der March und
trat an ain leber und wollt davon den feinden des streites
zusehen. HacEen östr. chron. bei Frıscn 1,592”; andere beleqge
hei SchmM. 1.1544 Fromm.