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LICHT
kurzvocalisch, liht Annolied 20. 40 gegen licht 572, mnl. und
mund. verläuft die form licht sogar zu lecht (mnl. lecht: echt
Reinaert 1641; mnd. lecht : echt Reinecke fuchs 1577; licht:
knecht v. d. holte des hill. cruzes 317), und diese aussprache
dringt im 16. jh. sicher auch in der hochdeutschen schriftsprache
vor, wie sowol die theilweise schon aufgekommene schreibung licht,
der sich aber LutTnER noch enthält, als auch der umstand erweist,
dasz das wort, selbst wenn liecht geschrieben, fast nur noch im
reim auf kurzvocalische formen verwendet wird (liecht : sicht
WarıDdıs Esop 1,85,33; : Nicht 2,37, 18; licht: gedicht Fıscnarıt
dicht. 2,115, 1 Kurz; gschicht : liecht 188, 336 gegen licht : kricht
= kriecht 43, 1553; im 17. jahrh. durchaus: abendliecht : nicht
Opırz 2,92. gesichte : liechte 121; licht: spricht FLEMING 64
tichten : liechten Locau 3,102; früchte : lichte 3,244, 147 u. ö.).
im 17, jahrh, hat die schreibung liecht, auszer bei oberdeutschen
schriftstellern, wo sie durch die mundart gestützt wird, nur histo-
vische berechtigung; zu ende des genannten jahrh. verschwindel
ste bis auf vereinzelte ausnahmen ganz.
2) licht gehört einer weitverbreiteten wortfamilie an, der eine
wurzel sanskr. vuc, griech. lat. slav. Iuk, deutsch luh zu grunde
liegt? sanskr. röcat& er leuchtet, strahlt, ruci licht, glanz, blitz.
griech. Avxvos leuchte, Asvxös licht, weisz, lat. hucere leuchten,
lumen, luna für luc-men, luc-na, slav. una mond, lu Kicht,
luca strahl; goth. liuh-ab licht, lauhmuni blitz, lauhatjan leuchten,
ahd. 1öhazan blitzen, louc flamme, ags. 1&g lohe u. a., eine wurzel
die auch in einer weiterbildung mit s erscheint, wovon lat. illu-
stris für inluxtris, altnord. liös für liohs licht, ags. liexan,
Ijxan, lixan entstammen. lioh-t licht ist der form nach passives
particip, das von der bedeutung mit glanz versehen, durchleuchtet
ausgehend sich zu dem heutigen gebrauche entfaltet,
3) licht daher zunächst von den himmelskörpern und ihren
strahlen
alts. allan langan dag, antthat thiu liohta giweır
sunna te sedle. Heliand 4234;
ags. gelic wäs he bäm leöhtum steorrum. genesis 256;
mhd. ein teil schein üz den wolken des liehten mänen prehen
Nib. 1560, 1;
alsam der liehten sunnen glanz. minnes. 1, 336° Hagen;
diu sunne schinet nie sö lieht (in der hölle),
der mäne hilfet in nieht,
noch der liehte sterne. minnes. [rühl. 28,22;
sit diu sunne ir liehten schin
gegen der kelte hät geneiget. 59,11;
nnd. in dichterischer sprache noch häufig?
mancher get zu seim bulen,
bei liechtes monen schein. UHLAND volksl. 183;
0 heller tag! o liebe sonn!
sprachen sie, nun dein schein uns gonn,
zeig uns dein liechtes rotes haupt.
FıscHART glückh. schiff 199:
denn die sternen, gleich den freiern,
prangen in den liechten schleiern. FLEMING 507;
von welcher sonne lichtem strahle
weicht meine finsternisz! Uz 1,210;
seht, wie in ungemeszner ferne
Orion und sein heer, ein heer bewohnter sterne,
vor seinem schöpfer sich in lichter ordnung drängt. 212;
der die lichten himmelskerzen &
entzündet. ARNDT ged. (1840) 5038;
mit gespielen von den lichten sternen. 569;
doch an des himmels lichter zier
seh ich den widerschein von ihr (der geliebten).
RöckKerRTt liebesfrühl. 2,31, s. 72
in formelhafter wendung, der unten 9,b aufgeführten nahe stehend .
das er bei deinen weibern schlafen sol. an der liechten sonnen.
2 Sam. 12, 11,
4) vom feuer, der glut und ihrem scheine; namentlich ist hier
die allitterierende formel der lichten lohe häufig und altbezeugt
1408, pät on sume tide
Troia burg ofertogen häfde
löga leöhtost. Alfreds metra 9,17;
und began mit vil grözer kraft
ze hant hrinnen der schaft
von sö liehtem louge,
daz nie dehein ouge
keines liehtern enpfant. krone 19214;
nhd. sein odem ist wie liechte lohe, und aus seinem munde
gehen flammen. Hiob 41,12;
. wie etwan von den winden,
wann ihr ergrimmter sturm den wald zusammen treibt,
cin baum so oft und viel desz andern äste reibt,
dasz durch erhitzung sich der liechte loh empöret.
bildlich: Opitz 1,41;
die, für die sein herz in Hechter lohe brennt. WiEeLAnDd 11,216:
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ern im absoluten genitive lichter lohe (brennen), der auch zu
ichterlohe , lichterloh (s. d.) zusammengerückt wird: ja solch
egwr göltlichs zorns, sehen wir an den Jüden, wie es bren-
ıet liechter lohe und heller glut, grewlicher den Sodoma und
jomorra. LUTHER 8, 91°; des morgens brennet er (der back-
fen) liechter lohe. Hos, 7,6; das gewaltige feuer in der erden,
las.. die wildbäder erhitzet und oft zu tag heraus wittert,
ınd laub und gras verdörret, und gar liechter lohe heraus
auscht. MaTHEs. Sar. 33°; ein kobelt der lest sich anzünden
ınd brennt liechter loh. 100°;
blaset, wie ihr thut bei mir
auf bei ihr die liebes-Nammen,
dasz sie, wenn sie sieht auf mich,
liechter lohe brenn, als ich. P. FLEMING 495.
in andern verbindungen ? indessen kannte ich diese leute allzu-
zut, und sahe bei der lichtesten flamme den rauch mit ziem-
icher gewisheit vorher. M. MENDELSSOHN bei LESSING 13, 261;
in lichtes feuer brannte. GöTHE 17,332; er schlug gleich wie
wohl getrocknet holz in lichte flammen. 29, 76:
jetzt brennet schon daher die helle liechte lamme.
J. G. ZINKGREF bei Opıtz (1624) 216 ;
man sieht zu iedermahlen
bei nachte heller sein
desz feuers liechte strahlen,
als bei der sonne schein. ÖOpırtz 2,88;
ein heilig feuer, das in dir ruht,
schlag aus in hohe lichte gluth! GörHE 13, 130;
herzen, weht in lichten lammen! Arndt ged. 505:
»om blitz:
der himmel schwärze sich, vom lichten blitz zerrissen,
Uz 2, 139.
5) licht von dem, was durch die sonne, durch feuer oder in
nnerer klarheit erylänzt: leoht uuolcan biscatauuita sie (nubes
ucida obumbravit eos). Tatian 91,3; da uberschattet sie eine
ijechte wolken. Matth, 17,5;
sein harnisch und sein schwert gibt blück-weisz hällen glanz,
als wie der sonnenschein auf liecnten wasserwällen.
ROMPLER 105;
den lichten schnee. ZacHaArRık 1,52;
gleich einer lichten wolke mit goldnem saum.
KLOPSTOCK 2, 25;
der mond durch lichte wolken wallt. StToLBERG 1,79;
0 schlaf, der du auf lichten wolken fliegest.
TızcK Octavian s. 330.
lie ältere sprache braucht das adjectiv mit groszer vorliebe für
glänzende waffen und rüstungen, funkelnde edelsteine , die im
sonnenglanze strahlende flur u. ähnl. :
ags. ic him hä mädmas, be he me sealde,
geald ät güde, swa me gifede wäs,
leöhtan sweorde. Beowulf 2493 ;
habbal lecht speru, lange sceaftas,
Salomo u. Saturn 120;
mhd, ir tragent die liehten helme und manegen herten rinc.
WALTHER 125,2;
der si vil die dar üf jezuo haben gedingen
dazs ir guot verdienen umb daz riche in liehten ringen.
11,5;
kunden wir gesingen beide, )
deich mit ir müeste brechen bluomen an der liehten heide!
119, 16:
enmitten üz dem schilte sin
gleiz ein lieht karfunkelstein.
Konr. v. Würzsune turnei v. Nantheiz 577 :
man sach des Missengres schilt
von golde lieht dä glizen wol. 1003;
erst die neueren dichter, unter dem eindrueke solches gebrauches,
verwenden licht wieder in ähnlicher weise:
ach augen, seid ihr jene lichten bronnen,
die mir vordem geleuchtet?
TızcK kaiser Octavian s. 100;
ihre lichten haare schweben
aufgebunden. s. 238 (nachher ‘ein zart gespinnst
von golde’);
an quellen, unter lichten rosenwänden,
im waldesgrün, durch das gespalten bricht
der glanz der sonne. 330;
und aus des todten schild hernach
Roland das lichte kleinod brach
und freute sich am glanze. UuHLAnD ged. 342;
er (der glaube) fand geheimes wort in baum und hlüthe,
geheimes wort in lichter steine glanz. Körner werke 2,154;
ichte augen, von strahlender schönheit (verschieden von unten 15)
si zeigete im die maget clär,
‘diu den röten munz, daz prüne här
dort treit bi liehten ougen’. Parz. 631, 13 :