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in bezug auf thaten (vgl. licht 12):
böse bücher tügen auch guten zu der gegenprobe;
finstres macht, dasz desto mehr jederman das lichte lobe,
Locau 2, 157, 95,
c) in der technischen sprache der baugewerke (vgl. licht 13):
diese (steinernen) brücken seind gemeiniglich breit im liechten
25 bisz 30 schuhe. BöckıEr kriegsschule (1668) 803; der ofen
im lichten 7 ellen lang. Pierot 2,315; 4 ellen im lichten. 328,
der kleinuhrmacher nennt im lichten die inwendige höhe oder den
raum zwischen den beiden platten oder boden, worin das räder-
werk einer taschenuhr befindlich ist; die uhr ist '!/4 zoll hoch
in lichten. Jacossson 2,607”; in der wasserbaukunst wird im
lichten gebraucht, die öffnung einer rüöhre, worin das wasser
geleitet wird, anzuzeigen. 608°.
d) im lichten bleiben, offenbar, gekannt, in bezug auf ge-
schehenes :
was wär von klugem rathen
der nachwelt kündig blieben,
wann diese (die porten) nicht geschrieben?
es macht poetisch tichten
lasz alles bleibt im liechten,
sonst fiel in lauter nächte,
was herz und witz verbrächte. LoeAu 3, 102.
e) das lichte, £m forstwesen ein abgetriebener schlag, oder auch
ein freier platz im walde, ADELUNG,
19) in substantiver stellung, auch ohne artikel:
das gold ist bleich aus furcht; es merket ganz armeen,
die seiner farbe nach, durch licht durch finster gehen.
Locau 1, 78, 13.
20) licht, adverbial; im sinne von glänzend: jeder stern schien
licht und nah, und der hohe himmel war an das fenster
herabgerückt. J. Pau. dämmerungen 23;
zwei FOLInS strahlen schieszen .
aus Mosis haupıe licht. FRrEILIGRATH dicht. 1,124;
er wars (ein Indianer), dessen wange glühte,
licht bemalt mit scharlachstreifen, 6,20;
hell, klar:
da schwebt so licht dein liebes bild,
dein süszes bild mir vor. GöTEE 1,110;
bildlich, nach oben 12:
und Apollo ging, und lichter
ging er nun der ehre bahn. HERDER z. lift. 3,212;
in bezug auf die sehkrafl (vgl. oben 15):
weil er so viel bei nacht thät reiten,
so gieng die sage bei den leuten,
er säh in tiefer nacht so licht,
als mancher wohl am tage nicht. UHLAND ged, 414;
verstärkend zu helle tretend; ich sahe, das von seinen lenden
herunter werts war gleich wie fewr, aber oben uber seinen
lenden, war es liecht helle. Hes. 8,2; zu morgen: und giengen
uber den Jordan bis liecht morgen ward, 2 Sam. 17,22; wo
wir das verschweigen und harren, bis das liecht morgen wird,
wird unser missethat funden werden. 2 kön. 7,9.
Forstmännisch ein baum stellt sich licht, wenn er andere ihn
hindernde um sich unterdrückt (vgl. lichtes holz oben unter 10):
sie (die eiche) stellt sich, forstmännisch zu reden, dann licht,
wenn sie in solchen (reinen beständen) vorkommt, eine eigen-
schaft, die sie mit allen lichtbedürftigen holzarten gemein hat,
didaskalia vom 5. aug. 1871; im hüttenwesen heiszt es den ofen
zu lichte gehen lassen, wenn derselbe sich zu sehr erhitzt, das:
die flamme zum vfen heraus brennt. mineral. lex. 405"; denn
gehet der ofen zu lichte, so verbleset sich... der schlich.
MaTHEsSIUS Sar. 148°,
LICHT, n. /umen ; lucerna,
1. Formelles.
1) licht ist das substantiv gewordene neulrum des vorigen ad-
jectivs, und in dieser verwendungy von alters her eine eigenthüm-
liche hoch- und niederdeutsche (westgermanische) erscheinung,
während das ostyermanische, obwol weniystens dem gothischen ein
adjectivstamm liuhta, nom. liuht-s eigen sein musie, wie das
verbum liuhtjan leuchten beweist, für den substantivbegriff eine
eigene, im gothischen und altnordischen verschiedene bildung auf-
wies; goth. liuhap, altnord, 1jös aus liohs; letztere dauert in
schwed. 1jus, ddn. lys. der formverlauf des subst. licht ist ganz
wie der des adjectivs, sp. 854; die schreibung liecht ist dlteren
schriftdeutschen quellen bis ins 17. jh. eigen, aber die form licht
reicht schon hoch hinauf: des mänen kraft unde der sterrin
licht. Avrıan mittheil, 420 (13, jahrh.); ein schen grab mit vil
lichten die prunen (brannten). d. städtechr. 2, 21, 10 (15. jahrh.) ;
der hund mir vor dem licht umbgeht. H, Sacus 2,4, 23°;
nicht ber LuTHER.
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2) der plural von licht (der stalt hat, wenn das wort einen
jeyenstand , nicht eine eigenschafl bezeichnet), mhd. diu lieht,
ıält sich in gleicher form auch noch im 15. und bis ins 16. jahr-
tundert hinein: auch soll der stat paumeister dem seger
‚allen oder selber gehen die liecht, die er vernütz im winter.
TucHER buumeisterb. 121,4; eiszen leuchter ... von 2 roren
zu liechten dorein zu stecken. 296,35; die liecht leschen.
Bocc. 2,201°; vor ein schalk soll man zwei liecht setzen,
Eulensp. 77 s. 114 Lappenberg; denn mit den liechten vieler
zebot, hat man dem tag göttliches gebots gar nahe die augen
ausgeleuchtet. LuTHER 1,166° (diese form auch in den original-
Zrucken, vgl. Diez wörterbuch zu Luthers schriften 1, 175”); seit
Nindestens dem 15. jahrh. aber ist die pluralform lichter auf-
jekommen : liechter und ampellen in der kilchen zü brennen.
JHEIM 62,6; die frow, erfröwet, versprach, ain sum öl und
was zü liechter zü er dem hailigen crütz und blüt Christi
jerlichen zu geben. 86,4; welche bei LuTHER die fast ausschliesz-
"iche ist: alle liechter am himel wil ich uber dir lassen tunkel
werden. Hes. 32,8; lasset.. ewre liechter brennen. Luc. 12,35;
ınter welchem (geschlecht) jr scheinet als liechter in der welt.
Phil. 2,15; und seit seiner zeit auch stets gebraucht wird. der
ur. lichte ist erst später und meist nur in der bedeutung 16, b
unten aufgekommen : lichte ziehen, candelas sebare STIELER 1153;
ichte gieszen, oder geguszne lichte zu machen. AMARANTHES
rauenz.-lex. (1773) 1934 ; lichte ziehen... die lichte in gehörige
'orm bringen. 1936 (gleich darauf die arten der lichter sind
ron unterschiedener grösze und güte); er holte ein groszes
jacket lichte hervor, FreytaG soll u. haben 2,20; selten in
anderer (z. b. in der 4,b unten): Raphael hat in einem von
jeinen gemählden ., ein dreifaches licht angebracht. das eine
‘st der ausflusz von. dem engel, das zweite ist die wirkung
iner fackel, und das dritte ist der schein des mondes, alle
liese drei lichte haben jedes seine ihm eigenthümlich zu-
'ommende scheine und wiederscheine. LESSING 11, 133.
Il. Bedeutung.
I) licht, ein strahlender himmelskörper :
thuo warf it küf obar al,
hwö thiu sunna warf gisworkan, ni mahıa swigli licht,
sköni giskinan. Heliand 5627;
4ö sprach got der guote, .
also ime dö was zi muote:
nu wesen lieht ziere
in der vestenunge der himele,
unde teilen tach unde naht.
yenesis in den fundgr. 2,12,27;
zott machet zwei grosze liechter, ein gros liecht das den
tag regiere, und ein klein liecht, das die nacht regiere. 1 Mos.
i, 16; der herr, der die sonne dem tage zum liecht gibt, und
len mond und die sternen, nach jrem lauf, der nacht zum
jecht. Jer. 31, 35; und Tohias sprach zu jm, was sol ich fur
reude haben, der ich im finstern sitzen mus (als blinder),
ınd das liecht des himels nicht sehen kan? Tob. 5,13; alle
jechter am himel wil ich uber dir lassen tunkel werden.
Hes. 32,8; uber welchen gehet nicht auf sein (goltes) liecht?
Hiob 25,3; der himmel mit seinen lichtern. J.Paur Hesp. 3,137;
wolken, welche die himmlischen lichter verdunkeln, GöTHE
4, 133;
auch Jiechter Jiesz er mangeln nicht.
WECKHERLIN 289 (nach ps. 136,7);
so viel der himmel lichter trägt,
so viel das welt-meer wellen schlägt,
so vieles glücke soll dich kennen. GÜNTHER 225;
so viel mein scheitel haar, so viel der milchweg lichter,
so viel die erde grasz, das weltmeer schuppen trägt. 702;
durchs rothe morgenthor der heitern sternenbühne
naht das verklärte licht der welt. HALLER (1768) 2;
wenn kaum die lerchen noch den frühen tag ORT SZED
und uns das licht der welt die ersten blicke giebt. 29;
wann der entfernte stral die schatten dann verlängert,
und nun das müde licht sich senkt in kühle ruh. 30;
wer hiesz die millionen lichter (sterne) brennen?
GoTrTtER 1,401.
2) die helligkeit, die von solchen himmelskörpern ausstrahlt :
jecht das von im selbs scheint und leucht, lux. voc. inc.
‚heut. n 1°;
die sonne zeugt das licht, und hat doch selber flecken.
HALLER 69;
nit näherer bestimmung das licht der sonne, des mondes, der
sterne; das licht des himmels, des morgens: si (die kröte)
auzt der sunnen liecht. MeGcEnBERG 296, 30; nicht bedürfen ..
jes liechts der sonnen, offenb. 22,5; das liecht des morgens,
venn die sonne aufgehet. 2 Sam. 23.4;