Full text: L. M. (6. Band)

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LICHT 
gar vieles, was sie sonst geduldig übersehen, 
scheint in dem licht, worin sie jetzt es sehen musz, 
höchst widerlich und gar nicht auszustehen. 
22,178 (Oberon 6,55); 
nach dem angedeuteten begriffe, den wir uns von dem genie 
zu machen haben, sind wir berechtiget, in allen charakteren, 
die der dichter ausbildet, oder sich schaffet, übereinstim- 
mung und absicht zu verlangen, wenn er von uns verlangt, 
in dem lichte eines genies betrachtet zu werden. LESSING 
7,152; ihre trunkenheit der freude leiht meinen handlungen 
ain licht, was ihnen nicht gehört. LENz 1,249. . 
5) licht, die helligkeit, die die sonne am tage verbreitet, und 
durch die wir gegenstände erkennen, tageslicht: das liecht und 
heitere desz tags, diurnum lumen MaAaALER 272°. die gegensätze 
nacht, finsternis, dunkelheit werden hier auch dem worte ver- 
bunden: so mus die nacht auch licht um mich sein. ps. 139, 11; 
das liecht mus der nacht weichen. weish. Sal. 7, 30 ; die nacht 
Jjeuchtet wie der tag, finsternis ist wie das liecht. ps. 139,12; 
wer zu schnell aus der dunkelheit in das licht tritt, wagt 
seine augen. KLINGER 10, 109; und tag und licht erscheint 
formelhaft - 
er (ein maler) sprach, die schönen kinderlein 
mahl ich bei tag und sonnenschein, . 
zu denen, die ich selbst zuricht, 
gebrauch ich weder tag noch licht. 
L. SanDruB kurzweil (1618) 169; 
so lasz ich freudig tag und licht. GÖnTHER 328. 
das wort steht mit adjectiven oder adverbialen beifügungen * helles 
licht, gedämpftes, trübes licht; das licht fällt nur matt durch 
die scheiben; in dem zimmer herschte ein ungewisses licht; 
der grosze saal hat gutes licht; die treppe hat schlechtes 
licht, aber ich finde mich schon zurecht. FrEYTAG handschr. 
3,18; in die engen straszen der stadt drang das licht nur 
gedämpft; die gegend schien in dem gedämpften lichte eines 
bewölkten tages reizlos; crepusculum , zwivelich licht als es 
nit gar tag noch nacht ist. Dıer. nov. gloss. 119°; 
daz gräwe lieht (der morgendämmerung) si beide an sähen.- 
minnes. 2, 671° Hagen; 
und athmete lang und athmete tief, 
und begrüszte das himmlische licht. 
SCHILLER Laucher v., 80; 
lang lebe der könig! es freue sich, 
wer da athmet im rosigten licht! 
da unten aber ists fürchterlich ... v. 93; 
licht im gegensatz zu glanz und schimmer: 
ein matter schein 
(wie wenn sich, zwischen myrtenwänden 
mit efeu überwölbt, in einem frühlingshain 
der tag verliert) entdeckt ihm eine reihe zimmer 
die ohne ende scheint: und wie er vorwärts geht, 
wird unvermerkt das matte licht zu schimmer, 
der schimmer schnell zu höchstem glanz erhöht. 
WIELAND 23, 227 (Ober. 11,46). 
es heiszt einem das licht nehmen, rauben: nicht der nebel 
ist es, der dir das licht raubt. FrRevyraG ahnen 2,10; in der 
sprache der baugewerke das licht rauben, verbauen, wenn ein 
nachbar so nahe an das haus des andern mit seinem baue rückt, 
dasz jenes wohnräume des tageslichtes entbehren müssen: von der 
clage, dy man wider dy stelt, dy irn nageburin ir licht vor- 
bowin. doch so gevallin auch clagen von den leutin, dy so 
nebin einander wonen, alz ab ein nagebur sein gebowde 
ufrichte, domit er im seines lichtin (Kies lichtis) beraubete 
in seime houze. Magdeb. blume 1,32; wer auf seinem grund 
und boden bawet, der hat nit in acht zu nehmen, ob er 
seines nachbarn liecht verbawet. LEHMANN 70; ein haus hal 
eigenes licht, wenn es ihm vom eigenen grundstück oder öffent- 
lichem boden, fremdes licht, wenn es ihm nur von des nachbars 
grundstück zukommt; so sei zum heispiel ein hinterhaus er- 
baut worden, was gar kein licht haben würde, wenn es ihm 
nicht vom kirchhof käme. Frankf. journal vom 13. oct, 1871. 
vgl. dazu unten no. 18, c und lichtrecht, 
6) an diese bedeutung reihen sich mehr oder weniger feste 
formeln , wobei nicht immer auseinanderhalten von der bedeu- 
fung 16 möglich ist. 
a) etwas gegen das licht halten, um es zu prüfen: so man 
sie (die blätler des Johanneskrautes) gegen das liecht hält, sihet 
man viel kleine löchlein darin. TABERNAEMONT. 1249; bildlich: 
wann wir die sache recht gegen das liecht, und auf die 
probe halten, werden wir augenscheinlich sehen und be- 
ünden, dasz unserer vorfahren unglück, und was sie betroffen, 
viel gröszer als das unserer. SchnpPpins 780 + 
fr 
LICHT S66 
wenn man jr lehr im grundt besicht, 
helts bei die heilig schrift ans liecht, 
findt sichs vom teufel sein entsprossen. 
B. WaLDIs Esop 1,90, 68; 
und so auch etwas bei (beim) licht besehen, betrachten: was 
hat nu s. Bernhard, ich, und manch fein mensch gelobet, 
N der müncherei? wenn mans beim liecht ansihet, und im 
zrunde, so ist solch gelübde so viel gewest.. LUTHER 6,27°; 
las sie meinen, sie seien meister uber meister, aber wenn 
mans beim liecht besihet, so sinds doch nicht anders... 69; 
aber diesz sind etliche so gesinnet, dasz ehe sie einem hunde 
was abgehen oder zu leide thun lieszen, ehe schlügen sie 
irei knechte..in die schanze, und wenn man hernach das 
vaben-aasz beim licht ansiehet, so verdienet es kaum die 
beine, geschweige das fleisch und das liebe brot. Cmr. WEISE 
orzn. 167 Braune; welche erklärungen, wenn man sie beim 
ılchte besieht, auf eins hinauslaufen. Kanr 2,657; beim lichte 
besehen wird die auflösung der frage ..auf einerlei hinaus- 
aufen. 3,214; das alles, wenn mans beim lichte besieht, 
aichts ist als eine fähigkeit ,... nach aufgeflickten statuten 
natur und wahrheit zu verschneiden und einzugleichen. GÖTHE 
33, 281; wenn mans bei lichte besieht, so hat jeder seine 
eigne religion. 56,219; in der deutschen dichtkunst, wo wir 
mit schrecken sehen, dasz die zügellos trotzigsten freiheit- 
sänger, beim licht betrachtet, meist nur bornierte naturen 
ind. H. HEINE 11, 373; 
doch wenn ichs recht beim licht besah, 
einer steht dem andern so nah, 
am ende sind wir alle pedanten. GörBHE 3,272. 
b) ans licht kommen, ans licht gebären, das licht er- 
ılicken, von einem menschen der geboren wird: das licht er- 
ılicken, vitae lumen aspicere, gigni et vitae lumen adire Frıscn 
‚611°; Sieyes sah in der alten stadt Frejus das licht. Danuı- 
WANN gesch. d, franz. revol. 164; 
entfernt vom land, da ich das licht gesehen. 
HALLER schweiz. ged. 5; 
in Schwaben blüht am Neckerstrand 
ein schönes, segensreiches land, 
das mich ans licht gebar. 
Eusse Han bei BÖRCER 91°; 
mädchen, als du kamst ans licht, 
schmückt ich dich im häubchen. GörTHE 41,28. 
c) ans licht kommen, sich heben, von einem menschen der 
;m dunkeln oder verborgenen war: wer arges thut, der hasset 
las licht, und kompt nicht ans licht. Joh. 3,20; 
Heinrich von Kempten allez barc 
sich vor des keisers angesiht, 
und kom vür in ze liehte niht. k. Otte mit d. barte 524; 
so hob ich mich vor kurzem aus der nacht 
des todes an des tages licht herauf. GötuE 9,335: 
„on knospen : 
gefaltet kann die knospe sich genügen, 
so lange sie des winters frost umgibt, 
nun schwillt, von frühlingshauche, lebenskraft, 
in blüthen bricht sie auf, an licht und lüfte. 298; 
von verborgenen dingen: man ‚.wehret dem strome des wassers, 
ınd bringet das verborgen drinnen ist, ans liecht. Hiob 28,11; 
welcher auch wird ans liecht bringen, was im finstern ver- 
»orgen ist. 1 Cor. 4, 5; ich dorfte meine ducaten, die ich noch 
biszher davon bracht hatte, nicht an des tages liecht kommen 
‚assen. Simpl. 1,212 Kurz; 
wann sie der schweren münz finden, 
die schwer gnug sein an dem gewicht, 
der kümbt keine mehr zu dem licht. 
spruch in BEcHSTEINS d, museum 2, 210; 
jon verkaufswaaren: daz nieman kain gra.tüch noch kain 
einen tüch sol ze lichte setzen noch verkaufen dez freitages 
..denne in dem wathause. Nürnb. nol.-ordn. 162: won ge- 
lanken, wünschen : 
daz ir lac amme herzen, ze lieht ez muose komen, 
Nib. 123,5, 3 Zarncke; 
zeine gedanken an das licht der welt bringen. KLincGER 12, 103. 
d) besonders häufig von geisteserzeugnissen, an das licht 
bringen, geben, setzen, lassen u. ähnl.: er war der, der die- 
selbe kunst wider zu liecht bracht. Bocc. 1535 132° (avendo 
gli quella arte ritornata in luce); demnach hab ich mir lassen 
wol gefallen, dis buchlin magister Caspars Aquilae, durch 
den druck an das liecht zu bringen. LUTHER 6, 115°; wenn... 
solch gründtliche, gewisse, offentliche warheit, und schrift 
wider solchen groben tölpischen .. geist wird so helle und 
zewaltig an das liecht bracht und an tag gegeben, 315°; hab
	        
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