1349 LUSTRAUM — LUSTRUNDE
LUSTRAUM, m. raum für das vergnügen?, man sage, er-
zähle, male was man will, hier ist mehr als alles. die ufer,
buchten und busen des meeres, der Vesuv, die stadt, die
vorstädte, die castelle, die lusträume! GÖöTuHE 28, 18.
LUSTREDNER, m. redner zum vergnügen anderer: der ver-
besserte und vermehrte lustredner. litel einer schrift von Jom.
RIEMER.
LUSTREICH, adj. 1) reich an begierde, voll verlangen:
und ein weib ist von weibs natur
fürwar ein schlechte creatur,
weich, wankelmütig und lustreich,
die man balt kan verführen gleich.
J, AYRER 93" (470,9 Keller).
2) anmutig : lustreich, amoenus, peramoenus, STEINBACH 2, 244 ;
des herbst lustreiche beut. WECKHERLIN 714;
in lust- und schattenreichen büschen. BRocKEs 4,4;
bald , . nett befurchte felder,
bald lust- und schattenreiche wälder. 155.
3) reich an vergnügen, viel vergnügen gewährend: lust- und
{ehrreiche sentenzen und sprüche. OLEARIUS reisebeschr. 1696,
jitelblalt ;. bald lustreiche, bald ernstliche und traurige sachen.
Burscyky Palm. 406; bei so vielen lustreichen zeitvertreibun-
gen. Felsenb. 1, 318.
LUSTREISCHEN, n. kleine lustreise? ich hatte grosze lust,
noch einmal, vielleicht das letzte mal in meinem leben nach
Zürich und dann nach Schaffhausen ein lustreischen zu
machen. a. m, im Tockenb. 309.
LUSTREISE, f. reise zum vergnügen: auf einer meiner lust-
reisen nach dem Eselsberg. WIELAND 35, 257; gefällt dem
ritter die lustreise, die ich ihm vorschlug? Fr. MÖLLER 3, 153;
sie brachten zwei sommer zusammen auf Castel Gandolfo
und Albano zu, immerfort mit verschiedenen lustreisen be-
schäftigt, wobei sie immer nach der natur studirten und
zeichneten. Görkne 37,329; in der einen hand das schwert,
in der andern die gnade, sieht man ihn (Gustav Adolf) jetzt
Deutschland von einem ende zum andern als eroberer, gesetz-
geber und richter durchschreiten, in nicht viel mehr zeit
durchschreiten, als ein anderer gebraucht hätte, es auf einer
lustreise zu besehen. ScHILLER 937°.
LUSTREISEN, verb. eine lustreise machen:
wer im sturm lustreiset, ist unklug. Voss 2, 280.
LUSTREISENDER , m.: worauf lustreisende, welche diese
gegend zu besuchen beabsichtigen, aufmerksam gemacht wer-
len. zeitungsartikel von 1858.
LUSTREIZ, m.°:
ein neuer lustreiz schmückt die welt. HAGEDORN 1,10,
LUSTREIZEND, part. lust- und libesreizende schönheit.
BurscneY kanzl. 575,
LUSTREIZUNG, f.: Demodocus .. der dem wollüstigen
könige Alcinous und seinen lieblingen von den schändlichen
abentheuern der Venus und des kriegsgottes ein lied sang,
in welchem Plutarch, Suidas und einige critici nicht so sehr
eine allegorie, als eine feine satire .. zu entdecken wissen;
obwohl andere .. in diesem liede mehr lustreizungen, als
:adel, finden wollen. HAGEDORN 2, XVI. ;
LUSTREVIER, n. gegend voller lust: lustrefier, traclus ter-
"ae jucundus. STIELER 1566;
warum gähnt Selimor in diesem lustrevier?
sein kleid ist sein verdienst, und niemand sieht es hier.
Uz 2,17;
bildlich: du scheuchst den frommen freund von mir,
weil krank ich sei und sehr bewegt,
mein hell und blühend lustrevier
hast du mit dornen mir umhegt.
A. v. DrostEe-HöLsyorFF ged. 114.
LÜSTRIG, adj. gelüstend, verlangen habend (vgl. oben lüstern):
das macht das lüstrig fleisch, das mit dem geist da kämpfet.
ROMPLER 11;
man musz nicht jedes stuck mit farben gar follenden;
der freie fäder-risz, und tuschung steht auch wol;
der rötel, und die kreid, das blej-ärtz, und die khol
vergnügen oftermal das lüstrig aug der richter, 82.
LUSTRITT, m.:
kehrt dann, als wärs von einem lustritt, wohlgemuth
und unbefangen, seinen ältlichen
gewohnten schritt zum goldnen zelt zurück, WIELAND 18, 22.
LUSTRUNDE, /.: ein groszer, mit einem orchester von
musikfreunden besetzter gesellschaftswagen, der so eben
durch die nächtliche stadt seine lustrunde zu machen be-
liebte. hielt unter unsern fenstern stille, GÖTHE 29. 51.
LUSTSAAL — LUSTSITZ 1350
LUSTSAAL, m.: hoher lustsaal oder lauben, darinnen
nan iszt und trinkt, diaeta. MAALER 277°.
LUSTSACHE, f.: in den zeiten der städtischen unruhen
ward jedes grosze gebäude zur festung, aus der jede mäch-
‚ige familie einen thurm erhob. nach und nach wurde diesz
zu einer lust- und ehrensache, jeder wollte auch mit einem
'hurm prangen. GÖTHE 27, 165.
LUSTSAM, adj. lust gewährend, anmutig, mhd. als lustsam
ınd lussam verbreitet genug, später nur noch selten: (er ant-
vortete) daz hüpsche der gestalt ain lustsam güt wer, aber
Joch unwirig, blöd und hinfallend. N. v. WYLE franslat. 36, 13
Keller > liebe ist nützit anders dann etlich grosze craft und
macht innwendiger sinnen und senfte lustsami hitz des ge-
mütes. 96, 28;
wann unter allen früchten der da sein
nicht lustsamers ist, noch nie wart,
wan der edl veiol zart. fastn. sp. 413,27;
bei UHLAND alterthümelnd :
ist deine mutter so edle dam,
wie du berühmst, mein kind,
so hat sie wohl ein schlosz lustsam
und stattlich hofgesind. ged, 336.
LUSTSCHAUER, m.2
du, Deutschlands genius . . schwebtest
lebendig deinen söhnen vor,
Hermannen vor, und bebtest
lustschauer in ihr ohr, HERDER z. litt, 3,161.
LUSTSCHIFF, n. schiff auf dem man vergnügungsfahrten
nacht: die buntbewimpelten lustschiffe mit ihrer abenteuer-
ichen maskenwelt schwammen in licht und musik, H. HEINE
3, 388;
ertönt, ihr scherzenden gesänge,
aus unserm lustschiff um den strand. HAGEDORN 3, 116.
LUSTSCHLOSZ, n. schlosz zum vergnügen gebaut und be-
wohnt; arz festa, superba, amoena. STIELER 1841; fahren sie
sogleich nach ihrem lustschlosse, nach Dosalo. LESSING 2, 127;
ein lustschlosz, in der nacht von einem dicken wald,
war ihre zuflucht itzt, und liebster aufenthalt,
E. v. Kızıst (1765) 116,
LUSTSCHREI, m. schrei aus lust, aus behagen ?
über Rolandseck, da liesz sich keck
eines falken lustschrei hören. FREILIGRATH dicht. 2,158,
LUSTSEUCHE, f. 1) heftiger sinnlicher trieb, als krankheit
jedacht: ein jglicher unter euch wisse sein fas zu behalten,
n heiligung und ehren, nicht in der Justseuche, wie die
jeiden, die von gott nichts wissen. 1 Thess. 4, 5 (u?) &v made
ze uulas, golh. ni in gairnein lustaus); das creuz nimmt
ıinweg alle böse feuchtigkeit der christlichen kirchen, dz
st, die böse schädliche lüste und begierden, hochmut, hitz
ınd brunst der lustseuche. anm. weiszh, lustig. 597; also auch
lie Venuslieb und Ilustseuche macht doch endlich einen
schamroth. 666; als die leute zu Sodoma, ausz unerhörter
ustseuche, sich für Lohts hausz machten. ScHuPPIUS 508;
eibesschänder, die ihr fasz mit heidnischer lustseuche be-
lecken. Burtschxy Patm. 375; und noch im 18. jahrh,: lust-
seuche, libido, prolibido STEINBACH 2, 585. FRISCH 2, 266".
2) lustseuche für morbus venereus wird erst von ADELUNG
» 267 als ein wort ‘der neueren’ aufgeführt, findet sich aber
chon bei DROLLINGER (1743) s. 60 in dem ‘patriotischen stück
ıom 22, mayen 1726’: kranke, ungestalte körper, deren glider
lurch gicht und schmerzen verdrehet, oder von schänd-
icher lustseüche ganz ausgefressen waren. es hat sich bald
estqgesetzt und die vorige bedeutung verdrängt; da die lust-
seuche in damaliger zeit (1414) noch unbekannt war. PLATEN
1847) 5, 50.
LUSTSIECH, adj. 1) in fleischeslust krankend (vgl. lust-
seuche 1): sodann wird kein weibischer, blöder, lustsiecher
ıach geistlichen lehen trachten. HuttEn 5,20 Münch.
2) mit der lustseuche (2) behaftet; wie mit dem quecksilher,
ei welchem der arzt die erste grosze mübe hat, es in den
'ustsiechen körper zum reinigen hinein zu bringen. J. Paur
"Jeine bücherschau 2, 15.
LUSTSINN, m. sinn, neigung für lust oder vergnügen? herr-
;chender lustsinn und grübelnder lehrgeist mischen sich in
die träge gleichgültigkeit gegen alles äuszere. Dya Na Sore
1, 168.
LUSTSITZ , m. wohnsitz, zum vergnügen angelegt und be-
zogen: wurde in einer der anmuthigsten gegenden des gan-
zen reichs ein andrer lustsitz angelegt. WIELAND 6, 204.
Or dr