1557
MANNHEIT
zusammenstimmung ihrer gemüther, ihres geschmacks, ihreı
art die dinge zu sehen und zu nehmen, dasz sie ihre seelen
mit einander vertauschen könnten, ohne es gewahr zu werden;
oder dasz wenigstens die mannheit und weibheit den ein-
zigen unterschied zwischen ihnen zu machen scheint. WıE
LAND 35, 267;
ha, rief er, wüszten die gecken (den schönen gegenüber) dit
würde der mannheit zu schätzen.
und hätten, anstatt sogleich die weisze fahne wehn
zu lassen, den witz sich selbst in ihren vortheil zu setzen,
die puppen sollten wohl bald bei uns um gnade flehn!
4,200 (n. Amadis 9,5)
2) männliches wesen mit betonung der tugenden desselben,
Festigkeit, mut, tapferkeit, unerschrockenheit: virilitas manhait
Dier, 622°; manheit, fortitudo, virilitas MAALER 283‘; kraft und
manheit. Aimon, vorrede; wenn aber herz und mut weg ist,
so ist die manheit weg, und der man wird feig und ver-
zagt. LUTHER 3, 249°; so were ichs zufrieden, das man sich
an die (Türken) machte, da man ehre und preis erstreiten,
und die manheit und harnisch beweisen köndte. 423°; das
die gottlosen auch ein rauschend blat, das vom bawm fellt,
erschrecket, da kan das herz nicht so vil muts kriegen, das
es ein manheit fasse, wider ein solch geringe rauschend blat.
4,3‘; gleich nu, wie klugheit oder verstand one mannheil
und freudigkeit unnütz ist und nichts auszrichtet, also ist
der glaub on hoffnung nichts, denn hoffnung duldet und
uberwindet das unglück und böse. fischr. 135°; zu geschweigen,
dasz das zutrinken ein endlich ursach ist alles übels, und
dem menschen an seiner seelen seligkeit, ehr, gunst, ver-
nunfit und mannheit nachtheilig. reform. guter policey (Augs-
burg 1530) vılı, $ 2; gesetzt dasz sie der eifer jhre vorige
mannheit wieder zu holen bewegt und die scharten auszzu:
wetzen. Kırcayor mil, disc. 181; sein uberschwenkliche grosz
mannheit und sterke. Amadis 167; wir wollen bald sehen.
ob ewer mannheit und herz so gut ist als die wort. 273;
ihre sterk und manheit gegen den wehrlosen gensen zu ge-
brauchen sich vornemen. PaApE beitel- und garteteufel T 3‘:
ich darf deiner in kriegen, da kan ich dich besser brauchen,
da deine stärk und mannheit von männiglich erkant werden
mag. ZINKGREF apophih. 1,11; als keiser Carlen der grosz,
durch die tugend und manheit der Franken das römisch
keiserthumb auf die Teutschen gebracht. 440; ganz mannheit,
behende stärke, gedrungene kraft geht er daher. Fr. MÖLLER
1,20; verflucht sei die zunge, die das sagt! sie entnervt
den besten theil meiner mannheit. BÜRGER 313° (Macbeth 5,7);
0 wo ist meine mannheit? meine sehnen werden schlapp,
der dolch sinkt aus meinen händen. ScHILLER räuber 5,2;
ha! dieser brief! gottlob! jetzt hab ich all meine mannheit
wieder. kab. u. liebe 5, 7; Rudolf von Habsburg, der durch
seine mannheit so groszen verwirrungen ein ende gemacht.
GöTHE 24,27; in seiner erniedrigung, in der äuszersten noth
vergiszt er (Burns) nicht für einen augenblick die majestät
ler poesie und mannheit. 46, 256;
zuleizt der held sein manheit bwärt
und nam in beed händ sein gut schwert
und schlug den starken auf sein haupt.
Teuerdank 102, 25:
. als die sonn vermerkt,
das nur jr (der schiffer) manhait wurd gestärkt.
FıscHART ylückh. schiff v. 650.
da sah man glück, sig und manheit
dir folgen und dir helfen streiten. WECKHERLIN 367;
ich siegte mannigfalt,
Rom, und ihr Julius, der doch zu sclaven machte
ihm alles volk und land, die muszten büszen ein,
als ich sie unter mich durch meine mannheit brachte.
FLEMING 114;
kein anderer genosz der tafelrunde
thats ihm zuvor an mannheit und an schöne.
WIELAND 18,20;
aber männer wie
zu meinen zeiten werd ich nimmer sehn!
von solcher mannheit, solchem festen sinn,
so über ehr und recht und wahrheit haltend. 26;
rüstiger, den
kränzende jugend schmückt,
den mannheit mit kraft
gürtet und edlerem trotz! STOLBERG 2,81;
wenn ihr wirklich männer seid, und zwar
an echter mannheit nicht die allerletzten,
50 zeigt es Jetzo! ScHILLER Mucbheth 3.4;
und solche eigenschaft kann auch frauen eigen sein: fürwahr
es ist nit allein mannheit in den mannen zu Rom, sondern
auch in dem weihliehen geschlecht. Livius von SCHÖFFERLIN 27:
MANNHEIT — MANNIGFALT 1588
er sahe solch mannheit und tiugent von mannen und frauen
under inen, das er keins geisels dörft. ebenda.
3) mannheit, herschaft des mannes über die frau:
die fraw. ich will mein leib auch daran setzen,
euch viere halten in einer schanz,
der nachpaur. ei lasz dich nit verachten ganz‘ (zum manne),
sonder hilf uns die manhait retten,
weil sie uns alle samb will fretten!
H. Sacus fastn, sp. 1,52,449 Götze,
4) mannheit, in bezug auf das zeugungsvermögen; mannheit,
pubes, wvirilitas, die mannheit benehmen, desiderium coitionis
sastratione exsecare STEINBACH 2, 24; mannheit, virilitas, mann-
heit nehmen, evirare FrıscH 1,640;
wenn ich denn zu einer andern kumm,
so Pin ich auch nit gern ain stumm,
und clag ir haimlich meinn geprechen
als lang, pis sie mir ja wirt sprechen.
scholt ich denn nicht meinn kumer da wenden,
so müst ich mein manhait gar ser schenden.
fastn. sp. 711,22;
mannheit etiam nonnunguam ponitur pro membro viriki, il. pro
potentia coeundi, STIELER 1238,
5) mannheit in lehnssachen, homagium. Frisch 1, 640°. vgl.
nannschaft.
6) mannheit, schaar, genossenschaft von männern, kriegern:
alsdann wöll wir mit mannheit grosz
auch zihen für desz Brandifers schlosz
und sehen wie wir Mas SEN
. AYRER 315° (1574,22 Keller);
die römische plebs, durch die aufnahme ganzer hürgerschaften
and mannheiten gebildet. NIEBUHR 1, 651.
7) auch der oder die im mannesalter befindlichen, womit das
wort, abgesehen von seiner persönlichen bedeutung , sich wieder
su oben nr. 1 stellt, aber auch an 2 anklingt:
unsre kindheit liebt die wiege,
unsre jugend kusz und wein,
unsre mannheit ehr und kriege,
unser alter gold und stein.
HOFFMANNWALDAU bei CAMPE,
MANNHERSCHE, f. herschaft eines mannes: das nichts auf
den einer alleinbeherschung und monarchi oder manhersch
‚welche man dann für die beste regimentsbestellung auszgibt)
zleichähnlicher nachömet,...als die häuszliche herrschaft.
Targ. 68°.
MANNHOF, m. lehnhof, tribunal, vulgo mannus, locus judicit.
STIELER 845.
MANNIG , adj. mannhaft, heldenhaft; ein von GÖTHE gebil-
letes und nur einmal verwendetes wort:
nun hatte sich jener im heiligen krieg
zu ehren gestritten durch mannigen sieg.
1,195 (hochzeitlied),
MANNIG- in den folgenden zusammenselzungen, vergl. darüber
unter manch 2, oben sp. 1525.
MANNIGARTIG, adj. manche art habend, in vielerlei art:
n der mannigartigen natur groszer massen. Dya Na Sore 4,338,
MANNIGFACH, adj. und adv. wie mannigfalt, vgl. dazu
'ach th. 3,1221; schon im älteren mitteldeutschen vorhanden :
di gedankin manicvach
lägen im zu herzin
mit trürigen smerzin,. JEROSCHIN 21557;
aber erst in der neuern schriftsprache neben mannigfalt und
mannigfaltig häufiger verwendet?
(die erde wird) sich, durch mannigfachen saft,
zu deiner säugerin und milden mutter machen.
N Brockes 1,331;
schönheit ist ewig nur eine, doch mannigfach wechselt das
schöne.
SCHILLER hist.-krit. ausg. 11,174,
doch was die zeit uns auch verspricht,
natur! versiege du nur nicht!
du mächtige, mannichfache, reiche,
versinke nicht ins flache gleiche! PıATEN 55;
klagt in manigfachen weisen
meiner liebe qual und drang. UHLAND ged, 281;
dort im hohen rittersaale,
wo der wände holzvertäflung
mit verstäubten ahnenbildern
mannigfach geschmücket war.
ScHerrfEL Lrompeter s. 81 (5. stück),
MANNIGFALT, adj. und adv. von mancher art und erschei-
nung, mancherlei form habend; ein altes, über alle deutschen
Jialekte verbreitetes wort: goth. managfalps zoillanidagı0s;
altnfr. alts. managfalt multiplex, mnd. mannichvolt, mennich-
folt; ags. manigfeald (menifeld, praeditus, augmentatus, ornatus
ılossen in Haunts zeitschr. 9, 440°: copiosa manifealde 468";