Full text: L. M. (6. Band)

1591 MANNIGFALTIGLICH — MÄNNIGLICH 
2) im plur., mannigfaltige wesen oder dinge: rückwärts links 
(sah man) einen theil des Zürichsees mit seiner glänzend 
bewegten fläche und seiner unendlichen mannigfaltigkeit von 
abwechselnden berg- und thal-ufern, erhöhungen, dem auge 
unfaszlichen mannichfaltigkeiten. GörHE 48,111; wo das 
ganze sich in familien, familien sich in geschlechter, in 
sippen, und diese wieder in andere mannigfaltigkeiten, bis 
zur individualität scheiden, sondern und umbilden. 58, 167, 
MANNIGFALTIGLICH , adv. multifariam , multifarie, multis 
modis, STIELER 431; manigfeltiglich, multipliciter. voc. inc. theut. 
n 4°; manigfaltigklich, vilfaltigklich, in vil weisz und wäg, 
plurifariam. MAALER 283°; gott warnet euch manchfeltiglich, 
und rufet euch zur busze. LUTHER 3, 423°; das die schwermer 
bei sich beschlossen haben, sie wollen sich nicht halten 
lassen, das beweisen sie damit, das sie diesen einfeltigen 
text so manchfeltiglich zuhören und zulöchern. 490°; hab 
ich dirs nicht manchfeltiglich furgeschrieben, mit raten und 
'eren? spr. Sal. 22,20; wir feilen alle manchfeltiglich. Jac. 3, 
° MANNIGFALTIGUNG, f.: manifeltigung, multiplicatio. voc. 
inc. theut, n 4°; multiplicatio manigveldigung Dıer. 371°, 
MANNIGFARBIG, ‘adj. mit manchen farben versehen, bunt, 
mhd. manecvar: multicolor (pannus) manechvare (düch) Dıegr. 
Nov. gloss. 258°; mannigfärbig, discolor Frısca 1,638’; diu slang 
ist sö manigverbich, daz si die läut still helt mit irr schen, 
alsö daz man si gern siht. MEGENBERG 281,18; eine fülle 
mannichfarbiger blumen. TiEcr 4, 270. 
MANNIGFARBIGKEIT, f. 
MANNIGFORMIG, adj. und adv.: multiformis manchformig, 
mannigformig, manichformig Dıer, 370°; multiformiter mange- 
"ormig ebenda. 
MÄNNIG, adj. in einmännig fh. 3,234. 
MÄNNIGLICH, adv. wie ein mann, vgl. männlich: 
diesz herz ist wohlgewöhnt zu leiden, 
allein zu leiden, männiglich. 
dein mitleid überwältigt mich, der j, GöruE 3,487; 
alterthümelnd, als männilich: 
(mio) wollt mutilich kriegen 
und männilich siegen 
mit stürmender hand. 2,280. 
MÄNNIGLICH, omnis, quisque. 1) das wort geht zurück auf 
das namentlich bei OtTrrıd erscheinende ahd. mannalth, manni- 
lih, mannolih (KeELLE glossar 384°), eine zusammensetzung, 
deren letztes glied das neutr. lih, goth. leik, noch in der be- 
deutung leib, gestalt (vgl. unter leiche 1, oben sp. 612) ist, sc 
dasz mannalih sich einst dem sinne nach mit dem erst später 
erscheinenden mannes bilde, mannsbild (sp. 1578) berührte 
(manlich in diesem sinne noch mhd.: sie machint wehsinne 
manlich entechrist in den fundgr. 2, 123, 24). in die stellung eines 
unbestimmten pronomens schon frühe übergegangen, setzt es sich 
mhd. als mannelich, manlich, menlich assimiliert mallich, 
melch fort (LExER wb. 1, 2034), in spärlicherer anwendung aller- 
dings als das in der form erweiterte mannegelich, das bei Ot- 
FRID als mannogilih erst einmal auftaucht (KELLE 385°), und 
das sich, weil das wort ein unbestimmtes pronomen geworden, 
an das zur bildung solcher verwendete gilih. (vgl. dazu jeglich 
th. 4°, 2296) anschlieszt. dieses mannegelich, schon im späteren 
ahd. manniclih, manniglih (Grarr 2,751. 752), mhd. in wechseln- 
den formen (auch manneclich, mennegelich, männigelich, 
menneclich, menglich LExER 1, 2034) ist der unmittelbare vor- 
fahr unseres männiglich, das im älteren nhd. auch noch bis- 
weilen ohne umlaut vorkommt: damit nun manniglich .. wissen 
könne. ScCHWEINICHEN 1,21; mit mannigliches verwundern,. 
WIEDEMANN nov. 1073; 
mankleich hat über dich geklagt. fastn. sp. 472,32; 
auch als meiniglich: was für guter exempel bei den geist- 
lichen des gegentheils zu sehen, weis meiniglich. Augsburger 
protokoll von 1530 bei LUTHER 5, 108‘; meinigliches scheuen. 
MELANCHTHON, S. die stelle unten nr. 8; sonst, in der umge- 
lauteten form erstarrt und in der anwendung beschränkt, auch 
von beschränkter declinationsfähigkeit , nicht gerade häufig ver- 
wendung gefunden hat. der gewöhnlichen rede gehört männig- 
lich nur im 16. und 17. jahrh. noch an, später steht es bei 
dichtern und im kanzleistil, heute ist es völlig veraltet. 
2) männiglich, jeder, jeglicher, im nominativ; mit folgendem 
verbum im singular: das det menglich. d. städtechr. 8,281, 4; 
(ich habe) mich dermaszen in meiner kindheit gezeiget und 
gehalten, dasz männiglich daraus gespürt und abgenommen, 
dasz ich zu einem kriegs- oder reitersmann gerathen würde, 
MÄNNIGLICH 1592 
7ÖTZ v. BERL. 6; damit fiel im sein mutter, sein hausfrau und 
lie andern Römerin alle zu fusz, flehend und bittende mit 
‚solchem weinen, klag und jammer, das meniglich unter den 
feinden mit ihm erbärmd hett. Livius v. SCHÖFFERLIN 37; umb 
lie stunde und zeit zu welcher meniglich pflegt ruhe zu 
ı1emmen. Amadis 22; hie aber bekame meniglich sein verlorne 
'reud widerumb. 232; denn meniglich zu den waffen griff. 
172; das ist ein ganze landmähr, und sagt menniglich, jhr 
zeit nicht wol bedacht. buch der liebe 273°; männiglich Lebet 
las gut, exil. melanchol. (1655) 17; dasz mich männiglich vor 
>hrlicher hielte, als ich gewesen. Simpl. 3,74 Kurz; leiste 
nir beistand, weil mich männiglich verlassen. Burtscaky Patm. 
469; männiglich mag einen offenen feind frei umbringen. 
kanzl. 706; männiglich wird sich verwundern. 849; über ihre 
rede verwunderte sich männiglich. Musäus volksmährch. 300‘; 
dasz sich männiglich bemüht, die kunst immer höher zu 
reiben. TıEck Sternb. 1,30; steuerte das volk, männiglich 
nen quadrans. NIEBUHR 1, 620; 
möniglich ist nu voll wohn (wahn). WECKHERLIN 350; 
als froh zu den ‚seinen der glückliche kam, 
da freute sich männiglich, wer es vernahm. 
STOLBERG 1,308; 
in den verbindungen allermänniglich fh. 1,225, jedermänniglich 
Ih. 4°, 2292: 
der christen glauben geht auf stelzen 
bei ihn, das waiszt all menklich wol. 
WickraM irr reitend bilg. Y2, bl. 83; 
mit dem verbum im plural: lernet, sagte er und begreifet, 
wie dasz männiglich, ganze länder, königreiche und städte, 
durch die selbstgemachte einbildung entweder regieret und 
bezwungen oder aber betrogen werden. ScHuPpius 521; in 
ler neueren sprache, wo die stellung von männiglich adverbial 
wird und die bedeutung mann für mann hervortrilt: die könige 
ınd ihre senate, allein auch beiderseits die geschlechter 
nänniglich, traten... zusammen. NIEBUHR 1,257; 
weil sich holder friedenskünste 
alte, junge, hohe, niedre 
männiglich befleiszigten. GörtHue 11,262, 
3) männiglich, im accusativ: männiglich wunder hatt, wo 
ar gewesen war. Galmy 335; hier war ihre reise ein geheimnis 
für männiglich. WıreLanD in Mercks briefs. 1,182; 
ein junger schalk und prahler, der .. 
zur zeit und unzeit gar zu gern 
hochmuthete und neckte männiglich 
der ihm in wurf kam und es leiden mochte. 
WIELAND 18,42, 
4) männiglich, im dativ: zu wissen sei menniglich. vertrag 
les schwäb. bundes von 1525 bei LuTHER 3,106°; weither ist 
auch männiglich wol wissend. Görtz v. BERL. 197; dieweil aber 
‚.täglichs befunden und gesehen wirdt, dasz keiner, es sei 
gleich im schreiben, oder andern, meniglich und jedem gnug 
‚hun kan. Amadis 6; wer sich selbst nicht kennt, der giebt 
sich gar wolfeil oder männiglich zu spott und schanden. 
LEHMANN floril. 1,209; erzeigete auch mäniglich gebürende ehr. 
2zil. melanchol. (1655) 45; 
wis es ist mennigklich bewüst. 
L. SanDrußB kurzweil (1618) 51; 
auch pflegt er, bis die hahnen krähn, 
den blutdolch in der brust, . 
mit glühnden augen umzugehn, 
wie männiglich bewuszt. Höntr 18 Halm; 
es wundert euch vielleicht, wie eine frau, wie ich, 
zu solchen dingen kommt, die selbst dem fürstenstamme 
verborgen sind und sonsten männiglich? 
WiıELAND 22,169 (Oberon 4,42); 
nit den präposıtionen von, vor, bei: von aller menglich. 
nanuale cur. 98°; da deine stark und mannheit von männig- 
lich erkant, werden mag. ZınkcrerF apophth. 11; das kritische 
ımt im Merkur, von mir und männiglich ungehudelt und 
ıngehindert, nach eignem besten wissen und gewissen zu 
'erwalten. WıeLAnD in Mercks briefs. 1,82; nun werde ich 
von männiglich angezapft und ausgesogen. derselbe ebenda 
2,121; 
) wird er doch, wie sie selhs, mit hohn 
von möniglich verfluchet. WECKHERLIN 29; 
uch den preisz vor männiglich behalten hat. Galmy 83; du 
1ast aber, edler ritter, deren willen und anschläg ganz zu 
licht gemacht und sie vor aller männiglich zu schanden 
yracht. 140; du solst vor menniglich zu schanden werden. 
ÄYRER Proc. 2,12; in was für ansehen sein landsmann
	        
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