Full text: L. M. (6. Band)

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MANTEL 
ding sach wi iz zu fur, do floch her undir den mantil der 
edeln lantgravin, frouwen Sophien, durch schutzes willen, 
den her da vant. Könız 10,2; und, mit bezugnahme auf bild- 
liche darstellungen der zeit: 
des bit ich sonderleich (dich Maria), 
das die dein gnad zumale 
bevogten thue in deines kindes reich 
und sie umbschrenk mit deines mantels fachen, 
so das si sei gefreiet 
vor imer wer des fuers peines achen. 
Haupts zeitschr. 6, 44,67: 
vgl. dazu unten auch mantelkind; als blosze redensart wol aber: 
ich muesz gedenken an die, 
da er uns jämerlich verlie, 
und sich diplich von uns schiede 
und Fridraunen under den mantl kam (unterschlupf, 
obhut hei ihr fand). fastn. sp. 453,17: 
mantel, das recht zu herbergen: er nimmt mir das wirthsrecht 
der den mantel inner vierzehn tagen. PESTALOZZI 1, 249. 
3) mantel als bild für etwas deckendes, hüllendes und schütfzen- 
des: daz du ir kein mantel schepfest und daz du sie iht 
beschönest. MonE anz. 8,501‘; in der neueren sprache mil 
entsprechenden zusätzen. 
a) der mantel der gerechtigkeit, der liebe, der freund- 
schaft w. ähnl.: Christus dekt die sünden mit dem mantel 
seiner gerechtigkeit zu. Burscuky Patm. 88; mit dem mantel 
der christlichen liebe des andern fehler bedecken, pallio 
christiani amoris alicujus errores tegere. Frisch 1,641‘; als ein 
treuer diener des würdigen herrn müssen sie einen christ- 
lichen mantel auf seine schwachheit werfen. ScHILLER parasil 
1,7; wenn er ihr sich als den liebenden dieb der prinzess- 
lichen wachsbüste mit allen beweisen darstellte, und so 
seinen bisherigen mantel der liebe ganz zurückschlage und 
aufmache. J. PauL komet 3, 158; 
allein, er hatte, vom mantel der freundschaft umwunden, 
bei beiden doch einen schleichweg zu ihrem herzen gefunden. 
WIELAND 4,15 (n. Amadis 1,17); 
Elise, die gern thränen stillt, 
verirrte gerne leitet, 
und über kleine schwächen mild 
der liebe mantel breitet. GOoTTER 1,91; 
werft doch über den dichter den mantel der christlichen liebe, 
statt des gemüts misgunst fromm zu bedecken mit ihm! 
P._LATEN 144; 
ler mantel des scherzes, der ruhe: 
(ich) suchte nach dem scherz, der sonst mir das geleite 
so treulich gab, mir seinen mantel heute, 
nur heute noch für meinen schmerz zu leihn. GöxInGK 2,5; 
der ruhe warmer mantel. 3,199; 
mantel der täuschung: 
freiheitathmender wehn lüfte des heils um ihn, 
weglegt er der täuschung mantel, 
und der sinne gesticktes kleid. PLATEN 109; 
mantel der schuld, mit dem ein missethäter bedeckt ist, wie 
sonst die sünde als den menschen einhüllend und deckend ge- 
dacht wird: 
denn wenn der mächtige des streits ermüdet, 
wirft er behend auf den geringen mann, 
der arglos ihm gedient, den hlutgen mantel 
der schuld, und leicht gereinigt steht er da. 
ScCHILLER braut von Mess, v. 1783. 
b) der nacht wird gern ein mantel beigelegt (vgl. dazu th. 
7, 153): so fing der himmel an zu brennen, der entflohenen 
nacht loderte der nachschleifende saum ihres mantels weg. 
J. PauL uns. loge 1,42; dann legte die nacht und der traum 
wieder einen mantel auf alle fehler der menschen. 2, 45; 
ihren mantel 
deckt auf dich die nacht. HERDER z. litt, 4,94; 
sie hofften, es würde sie hüllen 
im faltigen mantel 
lie schwarze nacht. STOLBERG 1,93; 
bei der nacht, die ihren schwarzen mantel 
nur dem verbrechen und der sonnenscheuen 
verschwörung leihet. SCHILLER Tell 2,2. 
c) dingen oder gesinnungen, die man verbergen will, wird 
ein mantel gegehen, umgehängt (ein früher beleg für die for- 
mel s. unter mäntelein): also geschehe auch nichts neues in 
ecclesia, sondern es werde immer einer alten ketzerei ein 
neuer mantel umbgehenget. ScHUPPIUS 87; 
ein tapfrer heldenmut ist besser nicht zu kennen, 
als wann er sich nicht scheut schwarz schwarz, weisz weisz 
zu nennen, 
der keinen umschweif braucht, der keinen mantel nimmt. 
Logau 2.149. 50: 
1610 
lasz man mag in hasz und neid wider seinen nechsten leben, 
zoll uns die religion einen schönen mantel geben. 3,248, 169; 
der aberglaube ist ein schlechter mantel 
für eure feigheit. SCHILLER jungfr. von Orl. 2,1. 
4) redensarten und sprichwörtliches. den wind mit dem 
nantel fangen, von unnützem thun: sonst, wer ein solche 
nemme ist, das er alle wort wil auffahen, und sucht ur- 
sache, der wil den wind gewislich mit dem mantel fahen, 
aber was er für ruge oder nutzt davon wirt haben, das 
las in selbs zuletzt beichten, so wirstu es wol erfaren. 
LUTHER 3, 325°; den mantel aufsperren, einen einblick in etwas 
jewähren: darumb so hilft ewer verbergen gar nichts. denn 
jr selbs sperret den mantel durch ewre druckereien auf, 
und lasset solche gebrechen und mengel die ganze welt an- 
schauen. J. Wıcanpus ob die newen Wittenberger u. Ss. wW. 9°; 
den mantel umkehren, ein vorhaben ändern: indem sie (die 
zanksüchtige) den mantel umkehrte, und dasjenige, welches 
zie alleweile verworfen, bis auf das‘ schlagen behauptete. 
»he eines mannes 239; den mantel auf die andere schulter 
1ehmen, anderer ansicht werden: und allerdings hat es der- 
zleichen theologen gegeben: allein wo gibt es deren denn 
ıoch? hat man den mantel nicht längst auf die andere 
schulter genommen? LEssInG 10,138; er läszt sich nicht gern 
den mantel zerreiszen. STIELER 1226, von einem gesagt, der 
»hne dass man ihn am mantel ernstlich zu halten braucht, also 
ıhne grosze nötigung, zu einer bewirtung niedersitzt; einem den 
nantel zerreiszen, einen sehr nöthigen beim essen zu bleiben. 
FriscH 1, 641°; den’ mantel dahinten lassen, das nötigste seiner 
habe geben: mancher will lieber einen guten namen behalten 
and sol er den mantel dahinden lassen. LEHMANN 173; in 
ainem schlechten mantel aufziehen, als armer: jene spotteten 
der Sokratischen weisheit, die nur in einem schlechten mantel) 
yufzog, und sich mit einer malılzeit für sechs obolen be- 
znügte, da die ihrige in purpur schimmerte, und offne tafel 
uielt. WIELAND 1,77; hinter dem mantel spielen, unaufrichtig 
und trügerisch: unter uns wenigstens ein aufrichtiges wort! 
mn einer sache, die eigentlich blos hinter dem mantel ge- 
spielt wird. Görme an Voigt 522; der mantel ist nicht nur 
ıltes zaubergerät: d. Faustus ..nimpt hernach einen breiten 
nantel, breitet jne in seinen garten, den er neben seinem 
naausz hatte, und setzte die grafen darauf, .. führte sie also 
‘n lüften dahin. volksbuch v. dr. Faust s. 79 Braune; 
wir breiten nur den mantel aus, 
der soll uns durch die lüfte tragen (Mephistopheles zu 
Faust). GörtuE 12, 102 
‘vgl. mantelfahren, zaubermantel); er dient auch dem gaukler 
für seine künste, mhd. trügementellin zielt darauf: 
der suochet ein trügementellin, 
in dem er schinet zaller frist 
vil kunstericher denn er ist. Renner 6709; 
nem einen steinernen mantel anbieten, ihn ins gefängnis 
werren wollen: man hat ihm den steinernen mantel angebotten, 
oublicae custodiae tradendus. SERz 95°; du must ietzt mit deiner 
;telzen nach einer andern pfeifen tanzen, oder gewerlig sein, 
vann du es zu grob machst, dasz man dir einen steinernen 
der wohl gar einen spanischen mandel umlegt. Simpl. 3, 165 
Kurz (vgl. zu dem letzteren unten nr. 11); sprichwörter: Ss. Kilian 
st vermögend genug dem h. Martino den mantel zu flicken 
Herbipolitanus episcopatus potest id, quod deest archiepiscopatut 
Mogunlino, suis divitiis supplere). PıSTORIUS thes. par. 6, 37; ein 
mantel und ein haus decken viel schande. der mantel ist 
Jes, den er deckt, die welt des, der ihrer genieszt. SIMROCK 
sprichw. 364; wenn die sonne scheint, nimm den mantel mit 
uf die reise. aus altem mantel wird ein neues wamms. 365. 
5) besonders häufig den mantel nach dem winde wenden, 
kehren, drehen, hängen, zuerst nur als bild für “sich in die 
zeit schicken’. ohne tadelnde nebenbedeutung - 
wan sol den mantel kören als daz weter gät. 
ein frumer man der habe sin dinc als ez dä stät. 
minnes. [rühl, 22,25; 
besich, in welhem zeit du pist, 
dar zuo, wie daz weter ist, 
daz du deinen mantel gswind 
mugest keren gen dem wind! Ring 28°, 16; 
(da müssen die eheleute) inn kleidung leicht und schlecht 
hergehn, 
spat sitzen, dazu frü aufstehn 
und anhalten den ganzen tag 
mit arbeit wo man kan und mag, 
Jen mantl nach sawerm wind zu kern. H. Sacss 1,519’;
	        
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