1911 MEILENZWANG — MEILWEGS
MEILENZWANG, m. wie meilenrecht. CAMPE.
MEILER, m. 1) holzhaufen, woraus die kohlen geschwelt werden,
Jas wort begegnet seit dem späteren mhd. in verschiedener form ;
als meiler, wie heute, in einem unächten Neidhartliede :
sö tunst ich, als ein meiler si enbrant.
minnes., 3,292* Hagen;
später düringisch myler: do rochtin die horne (rauchten die
brunnen vor kälte) alszo ap is myler weren. RorTue dür. chron,
s. 652; carbonarii meiler etiam vocant einen mieler. STIELER
1219; wie niederd. miler (brem. wb. 5,425), schwed. als fem.
mila, dän. mile; hochd. auch als möhler. Lupwie teutsch-engl.
wörterb. (1713) 1048; mäuler JAcoBsson 3, 45°; und meuler:
da wir (kohlenbrenner) vom meüler giengen.
J. AYRER 276‘ (1383,17 Keller);
diese wechselnden formen deuten darauf hin, dasz meiler wol
ein fremdwort ist, möglicherweise aus dem slavischen eingedrungen,
höhm. mile und milje meiler, fem. wie im schwed. und däni-
schen; der eigentlich deutsche ausdruck war kohl, vergl. fh.
5, 1583, nr. 3, d. meiler, acervus carbonum caminatus. SCHOTTEL
1363; brennender meiler, strues carbonum accensa. ebenda;
wie holz in einem verdeckten und bestürzten meiler. MATHEs.
Sar. 141° ; liegender meiler (im gegensatz zum stehenden).
JACOBSSON 3, 46° ; es heiszt einen meiler abkühlen, ausschwelen,
beflüschen (s. fh. 1,1267), bekleiden, belauben, füllen. JAcoBsson
6, 546°; der meiler gährt oder eimert durch (vergl. durch-
eimern fh. 2, 1602), schüttet sich. 546°;
wie dampft des köhlers meiler!
FREILIGRATH dicht. 1,49;
vergl. kohlenmeiler.
2) meiler in Kärnten eine gewisse anzahl (aufgeschichteter)
“oheisenstangen. LExER kärnt. wb. 189. mhd. handwb. 1,2078,
MEILERDAMPF, m. dampf eines brennenden meilers:
im meilerdampfe saszen ruszge köhler.
FREILIGRATH dicht, 2,179.
MEILERDECKE, f. decke eines meilers von erde oder rasen.
MEILERHOLZ, n. holz woraus ein meiler errichtet wird.
MEILERKOHLE, f. in einem meiler gebrannte holzkohle: und
halten fewer wie die meilerkolen. MATHEs. Sar. 57°,
MEILEROFEN, m. ein von gestrichenen und getrockneten
ziegeln errichteter ofen, wodurch die ziegel selbst, woraus der
ofen gebaut ist, ausgebrennt werden; auch feldofen. JACcoBSSoN
', 697°. der name, weil die ziegel wie ein meiler gethürmt werden
MEILERPLATZ, m. platz wo ein meiler errichtet wird. JAcoBs-
30N 6, 546.
MEILERSTÄTTE, f. stätte für einen meiler.
MEILERSTELLE, f. stelle, wo ein meiler errichtet wird.
-ACOBSSON 3, 46°.
MEILICH, adv. aus mechlich, s. mählich sp. 1456,
MEILICHT, MEILIG, adj. mit flecken versehen, flecke habend
als ein mailiger spiegel poliert wirt, auf dasz er glat werde.
BERTHOLD feutsche theol. (1528) cap. 41; wann ein silbern ge-
schirr mailig, kan mans damit (mit semmelschmollen) ausbutzen.
HOHBERG 1, 203°; was zerquetscht und mailicht ist (von äpfeln),
kan man zum äpfelmost gebrauchen. 426°; bair. mailig, be-
fleckt, verletzt, mailige äpfel, birn ScHwm. 1,1585 Fromm. ; kärntn.
mälat fleckig, schmutzig LEXER 189; tirol. moalet. moalig, fleckig,
schmutzig ScHöpr 413.
MEILIGEN , verb. beflecken: maculare mailigen, vermailen
DıEer. nov. gloss. 243°; daz geschech nimmer fraw, das ich
mailig den garten meins vaters. gesta Rom. 107 Keller; bair.
mailigen, bemailigen, vermailigen, bemakeln, verschmieren, be-
schädigen Scum. 1,1585 Fromm.
MEILIGUNG, f. befleckung:! wann solich mailigung meiner
eeren dermaszen zu gedulden, mir kainswegs laidlichen ist.
urk, Max. nr. 251.
MEILUNG, f. befleckung, fleck: macula mailung Dıer, nov.
gloss. 243°,
MEILWEGS, f. zusammengerückt aus der formel meile wegs
oben sp. 1908; im singular: eine meileweges, milliare STIELER
2455; der mich gar nahe ein meilwegs hingeführet hat. b. d.
liebe 17°; eine meilwegs von Usedom. MicräL. altes Pommern
2,237; eine meilwegs lang. gers. baumgarten, vorrede; mil
zahlbegriffen im plural, bei denen auch einfaches meile im sin-
gular stehen kann (sp. 1908): Roland soll ein dermaszen ent-
setzliches getüse erregt haben, dasz Carolus M., der doch
$ starke meilweges von ihm entfernt gewesen, es vernehmen
können. Haun hist. (1721) 1. 39. nofl. m: er dachte anf 10000
MEIN 1912
meilweges nicht daran. Siegfr. v. Lindenb. 2, 42; wenn er (der
veg) auch 10 meilweges länger wäre. 168; -
dir sind wir so weit zogen nach
vil meilwegs und manch schönen tag.
J. AYRER 461° (2316,19 Keller).
MEIN, m. n. verbrechen, frevel; einst allgemein über die
teutschen sprachen verbreitet (nur goth. nicht aufgewiesen), altnord.
nein, ags. män, alts. men, ahd. mein, und noch mhd. als mein
el verwendet (mhd. wb. 2, 1, 105), aber nach dieser zeit abge-
torben und auszer in der zusammenseizung meineid, nur in
Ter allitterierenden formel mein und mord bis in das 16. jahrh.
ibrig geblieben, eine formel, die zugleich den sinnlichsten und
jedenfalls ursprünglichen begriff des wortes bewahrt hat, da es
nach dem altnordischen zunächst körperliche verletzung, wunde
bedeutet, und erst von da aus in den allgemeinern sinn des ,ver-
‚rechens, frevels, unrechts, auch der falschheit übergeht! da man
zalt 1430 da zugen die Hussen durch den wald und tetten
len leuten groszen main und mort. d. städtechron. 5, 92, 16 ;
;olt man solch ding leiden und zusehen von den edlen und
Ööldnern, es möcht main und mort darausz wachsen. 270, 3;
las hat herzog Ludwig den von Augspurg schreiben lassen,
las wöll er von in im sinn han, dasz [sie] im solch grosz
nain und mord und den seinen tan wolten han. 305, 24; main
ınd mord in allen gassen. KEISERSBERG has im pf. aa4*; die
ots buben die so vil Jamers main und mord gestift habend.
SCHERTLIN briefe 19; (die widertäufer in Münster) richten main
ınd mord und ein grewlich teufelisch wesen an. MATHESIUS
Luther (1583) 107°;
noch schreit vil kristelichu schar
fast main und mord gar ofenbar
über den haidnischen hund (den Türken).
LILIENCRON volksl. 2,7,278;
daraus entspringen alle laster
als wucher, diebstahl, mord und mein,
geiz, untrew, schalkbeit grosz und klein.
H. Sacus 2,2, 97°;
auch würd sich mond und main begeben. 1,1,113';
du solst anrichten main und mordt, *
J. AYRER 432° (2169,8 Keller);
lie formel war als mord und main für tod und verderben auch
roch lange nachher nürnbergisch Schm. 1,1611 Fromm.; in der
‘orm mahn und mord: und richten mahn und mord, zwispalt
ınd aufruhr neben zurrüttung und zurstörung der kirchen
an. MaTHEsS. Sarı 158°.
MEIN, adj. verbrecherisch, falsch, ein nachklang des mhd, adj.
mein, der in der formel ein meiner eid für das componierte
neineid dauert; swer der ist der einen mainen ait swert.
Vürnberger pol.-ordn. 37 (14. jahrh.); eben so im adverbialen
jenitiv meines (in verbindung mit schwören): alle die strafen
an leib und an gut, di mains sweren. 69; niederd. ok sede he,
ve en scolden öme neine meine eide sweren, d. städtechron.
94, 20.
MEIN, adj. in gemein, s. d.
MEIN, gen. zu ich, s. th. 4?, 2029, unter II, 1.
MEIN, pron. poss. meus. 1) goth. meins, fem. meina, neutr.
neinata und mein; altnord. minn, fem. min, neutr. mitt; a9gs.,
ılts., altfr. min für alle geschlechter; althochd. miner, minin,
minaz und min; mhd. miner, miniu, minez neben min; niederd.
min, niederl. mijn, engl. my, schwed. min, neutr. mitt, dan, min,
mit. der annahme, dasz das possessiv aus dem gen. sg. des per-
sönlichen pronomens hergeleitet (gramm. 1, 783. 4, 338), steht eine
ındere gegenüber, dasz dasselbe adjectivbildung aus dem stamme
les persönlichen pronomens sei, und dasz der genitiv des letzteren
zus dem yossessivum gebildet wurde (SCHERER z. gesch. d. d. sprache,
auf. 8. 377 ff.).
2) gekürzte formen des pronomens, wie sie im mhd. mehrfach
"scheinen (gen. mins, mis für mines, dat. mime, mim für mi-
ıeme, minem), zeigen sich noch in quellen des 16, jahrh.: dasz
ch meinet meim gesellen den ballen zuzuschlagen. b. d. liebe
37°; ihr sollt meins auszenbleibens euch nicht wundern.
237°; mit meim kebsweib. 301°; wie gehts jm, meim güten
Hansen? WickraM rollw. 180, 27 Kurz; ich habe meim junkern
jagen helfen. MATHEsS. bei SCHUPPIUS S36:
so sag mir balt mit einem wort,
ob ich mich kan an meim feind rechen.
J. AYRER 434‘ (2185,6 Keller):
wie auch mein für meinen steht:
und man heit mein vatter ghangen,
also wers auch meim bruder gangen. 436° (2195,19);
und last mir aus mein liehen sohn. 437° (2196, 27)