Kant und Pestalozzi.
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zum Grunde, Arithmetik bringt selbst ihre Zahlbegriffe durch
sukzessive. Hinzusetzung der Einheiten in der Zeit zustande,
vornehmlich aber reine Mechanik (die einfache Bewegungs-
lehre, das was wir heute Kinematik nennen) kann ihre Be-
zriffe von Bewegung nur vermittelst ‚der. Vorstellung der
Zeit zustande bringen,“ und er hebt hier noch einmal
hervor: „Wenn man von‘ den empirischen Anschauungen
der Körper und ihrer Veränderungen alles Empirische, näm-
lich was zur Empfindung gehört, wegläßt, so bleiben noch
Raum und Zeit übrig, welche also reine Anschauungen
sind.“
Was sich demnach, unabhängig von jeder Lehrmeinung,
aus der Kantschen Begriffsbestimmung heraushebt, ist, daß
die Erfassung der räumlichen und zeitlichen Verhältnisse
das Wesen der Anschauung ausmacht, Das aber ist auch
genau die Auffassung von Pestalozzi, nur ist bei ihm das
zeitliche Element völlig in den Hintergrund getreten, Es
ist aber klar, daß. von der Betrachtung der räumlichen Ver-
hältnisse deren Veränderungen nicht grundsätzlich ausge-
schlossen werden können, gleichgültig, ob wir diese Ver-
änderungen als einen kontinuierlichen Übergang, d. h. als
Bewegung annehmen, oder ob wir nur verschiedene räum-
liche Bilder abgesondert für sich ins Auge fassen. Jede
Umordnung. einer einmal vorgelegten räumlichen Gruppie-
rung-setzt schon die Zeit als die Bedingung ihrer Möglich-
keit voraus, nur ist das so selbstverständlich, daß: wir gar
nicht daran denken, und so hat auch Pestalozzi. nur die
einzelnen ‚räumlichen Bilder, nicht aber die notwendigen
Übergänge vom einen zum anderen und damit die Unaus-
weichlichkeit des Zeitlichen als der Vorbedingung ‘bei
jeder Folge von Zuständen beachtet.: ;
Sehen wir von dieser Lücke ab, so deckt sich sein. An-
schauungsbegriff durchaus mit dem Kants, und der Ge-
danke liegt mehr als nahe, daß hier nicht ein zufälliges
Zusammentreffen, sondern ein ursächlicher Zusammenhang
zugrunde liegt. Wenn man ferner bedenkt, daß der An-