Io I. Die geschichtliche Entwicklung der Anschauungslehre,
Ausbildung unseres Geschlechts durch die Natur selber be-
stimmt werden muß.“
Die Begeisterung Pestalozzis für einen naturgemäßen
Unterricht quillt aus dem Born, dem alle aufklärerischen
Bestrebungen des achtzehnten Jahrhunderts ihren Ursprung
verdanken: dem leidenschaftlichen Widerstande gegen die
an dem Gängelbande der Überlieferung geleitete Vernunft,
„Nicht der aufgespeicherte Wortkram vergangener Jahrhun-
derte, die Natur, die große gütige Mutter aller Menschen-
kinder, soll ihre Lehrmeisterin sein.“ So wendet sich Pesta-
lozzi auch mit großer Heftigkeit gegen die „Zungendresche-
rei“ und den „Mönchsunterricht“, Die Kirche auf der einen
und der konservative Staat auf der anderen Seite gelten
ja als die beiden Stützen der Überlieferung, und ebenso
wie die französischen Aufklärer gegen die kirchliche Regel
und die starre staatliche Ordnung eifern, so opponiert auch
Pestalozzi gegen „Kapuziner-, Jesuiten-, Feudal- und Kabi-
nettsystem“, auf deren Einwirkung‘ er die Schäden des tra-
ditionellen Buchunterrichtes zurückführt.. .
Was er an diesem Unterrichtswesen tadelt, ist, daß: es
„durch: Vernachlässigung der Anschauung als des absoluten
Fundamentes aller Erkenntnis sich selber außerstande setzt,
Aurch irgend eines seiner Brockenmittel weder den Zweck
des Unterrichts, deutliche Begriffe zu erzielen, noch auch
die beschränkteren Resultate, die es selber bezweckt, zur
unbedingten Notwendigkeit zu erheben.“
„Es ist ganz heiter,“ sagt er an einer anderen Stelle,
„wie sie (diese Erziehungskunst) dahin hat kommen können,
dem Weltteil (Europa) seine fünf Sinne ohne Maß zu ver-
angern und besonders das allgemeinere Werkzeug der An-
schauung, die Augen, auf das vergötterte Heiligtum der
neuen Erkenntnis, auf die Buchstaben und Bücher, so ein-
zuschränken, daß ich bald sagen möchte, sie hat dahin
kommen müssen, dieses allgemeinere Werkzeug unserer
Erkenntnis zu bloßen Buchstabenaugen und uns selbst zu
bloßen Buchstabenmenschen zu machen.“