Full text: Charakterbegriff und Charaktererziehung

160 VIII. Die Aufwühlbarkeit 
scher, der draußen auf sie warten muß, auf dem 
Bocke erfriert, ist ein gutes Beispiel für Leichtig- 
keit der Reaktion beim Mangel jeder Tiefe und 
Weite. Es gibt andere Menschen, bei denen 
der gleiche Reiz einen Strom von Gefühlen ent- 
fesselt, dessen Wogen lange Zeit nicht zur Ruhe 
kommen können. Die kleinen wie die großen 
Seen antworten gleich leicht auf den Wind, der 
über sie hinwegfegt. Aber der kleine Weiher 
lächelt längst in alter Heiterkeit, wenn auf dem 
Ozean noch lange die schwere Dünung sich hin- 
wälzt, die der längst verschwundene Reiz aus- 
gelöst hat. 
Man kann diese Funktion der Charakteranlage 
auch nicht schlechthin von den sogenannten 
Interessen abhängig machen. Es gibt kalte Men- 
schen mit sehr starken Interessen, die keineswegs 
bloß egoistische Naturen zu sein brauchen. Aber 
ihre Seele wird von ihrem Interesse nicht ver- 
zehrt. Sie können auf die Auflösung der Auf- 
gaben und Probleme, die aus ihren Interessen 
erwachsen, verzichten, sobald sie einsehen, daß 
sie ihre Kräfte übersteigen. Das Ich-Bewußtsein 
behält immer die Oberhand. Menschen mit star- 
ker, anhaltender Aufwühlbarkeit des Gemüts- 
grundes können das niemals. Sie sehen überhaupt 
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