Full text: Charakterbegriff und Charaktererziehung

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Zu Kapitel XIT LE 393 
auf ihre Richtigkeit prüfen und abwägen. Denn es 
hat ja nichts erlebt, was in ihm Gedanken entstehen 
läßt; es formt nur fremde Gedanken in überlieferter 
Form nach, Das kleinste wirkliche Selbsterlebnis, 
das es in zwölf Zeilen mit gewissenhafter Treue und 
möglichster Bündigkeit niederschreiben lernt, würde 
weit mehr nützen als Dutzende nachgemachter Er- 
zählungen. Die ungeheure Mannigfaltigkeit. der Er- 
lebnisse eines Kindes würde eine Fülle von Ar- 
beitsmöglichkeiten bieten, und nicht bloß seinen Stil, 
sondern auch seine Urteilskraft, seine Aufrichtigkeit 
und Ehrlichkeit, seine Konsequenz im Prüfen und 
damit seinen Charakter entwickeln zu helfen. 
Der Zeichenunterkricht, der über eine Gene- 
ration unsere Schulen beherrschte, litt an dem glei- 
chen Mangel. Das antike Ornament oder irgendeines 
seiner Teile nachzuzeichnen, heißt nichts anderes, 
als Formen nachahmen, und zwar sehr abstrakte For- 
men, die ganze Generationen von Menschen aus der 
Welt ihrer persönlichen Erfahrungen heraus einst 
langsam entwickelt haben. Der angeborne Tätig- 
keitstrieb des Kindes hat dabei wiederum keine Ge- 
legenheit, aus sich selbst heraus nach Wahrheit zu 
ringen und sie für andere objektiv darzustellen, wie 
etwa, wenn es nur eine Straßenlaterne, die das Kind 
kurz vorher gesehen, wiedergeben müßte. Die pein- 
lich genaue Wahrheit, zu der es die Wiedergabe des 
Ornamentes zwingt, ist ihm von anderen in unver.
	        
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