Full text: Charakterbegriff und Charaktererziehung

304 Anmerkungen, Zusätze und Erläuterungen 
änderlicher Form vorgeschrieben. Der Weg aller 
autonomen Charakterbildung, der mit dem Emp- 
finden einer Sache beginnt, zum Nachdenken und 
Durchdenken der Sache und damit zum geistigen 
Ringkampf mit sich selbst übergeht, zu Willensent- 
schlüssen gelangt und endlich in Handlungen sich 
äußert, die nun das eigene Urteil mit gut oder 
schlecht, aufrichtig oder unaufrichtig, gewissenhaft 
oder oberflächlich, wahr oder unwahr zensiert, ist 
einem Schüler, der nur fremde Formen nachzuahmen 
hat, die noch dazu wie im vorliegenden Falle ihm un- 
verständlich sind, in den meisten Fällen verschlossen. 
Die rechte methodische Kunst des Lehrers ist, das 
Kind dahin zu bringen, nicht mit jeder graphisch 
korrekten Darstellung eines Gegenstandes zufrieden 
zu sein, selbst wenn die Darstellung den Gegenstand 
auch für andere bereits gut erkennbar gemacht hat, 
sondern so lange das Kind mit sich und dem Material 
ringen zu lassen, bis die Darstellung gerade das gibt 
und mit möglichster Wahrheit gibt, was von dem 
Gegenstande in dem Kinde wirklich lebt. 
Dutzende von Möglichkeiten bieten sich dabei dem 
Ausdruck. Die griechische Palmette aber erlebt das 
Kind überhaupt nicht, denn nicht alles, was man 
sieht, erlebt man auch wirklich. Für die Wahrheit 
ihrer Darstellung gibt es nur eine einzige Möglich- 
keit, nämlich die möglichst getreue Nachahmung 
ihrer Linienverhältnisse.
	        
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