Full text: Geschichte des naturwissenschaftlichen und mathematischen Unterrichts (1. Band)

II. Kapitel: Begründung des Schulwesens. Anfänge des Unterrichts. 97 
Grimma und Schulpforta folgten, und so gewann der mathematische 
Unterricht in vielen Schulen in beiden, bei einigen sogar in den drei oberen 
Klassen mit einer bis zwei Stunden wöchentlich Boden. Oft lag es wohl 
nur daran, daß eine geeignete Persönlichkeit zum Erteilen des mathe- 
matischen Unterrichts fehlte, wenn dieser nicht gegeben wurde.‘ Doch 
muß bemerkt werden, daß nicht selten die Klassen diesen Unterricht 
gemeinsam hatten, ja daß oft genug die mathematischen Lehrstunden 
außerhalb des eigentlichen Schulunterrichts lagen und zuweilen von den 
Schülern besonders vergütet werden mußten. Im allgemeinen schließt 
die erste Epoche unseres höheren Schulwesens damit ab, daß die rudi- 
menta, elementa, initia mathematum in einigen gelehrten Schulen Ein- 
gang gefunden haben, und meist nur die Arithmetik, in einigen auch die 
sphaera in den beiden obersten Klassen gelehrt wurde, 
Mit der Einführung des mathematischen Unterrichts begann auch 
bald die Entstehung von Leitfäden und Lehrbüchern, die natürlich in 
lateinischer Sprache geschrieben sein mußten. So war für die kur- 
sächsischen Schulen nach der Schulordnung von 1580 der Gebrauch des 
Kompendiums von Joh. Fischer vorgeschrieben, in Süddeutschland das 
des Gemma Frisius, und der Straßburger Lehrplan von 1572 erwähnt als 
mathematische Unterrichtsbücher der beiden obersten Klassen die beiden 
volumina mathematica des schon erwähnten Konrad Dasypodios, der 
damals Mathematiker. an dem Gymnasium und der Akademie in Straß- 
burg war. Da diese Lehrbücher uns noch vorliegen, so 1äßt sich auch über 
den Inhalt jener rudimenta mathematum Näheres angeben. ; 
Was in der Arithmetik gelehrt wurde, ging im allgemeinen nicht über 
die vier Spezies mit ganzen und gebrochenen Zahlen und die Regeldetri 
(= regula aurea) hinaus. Den Ausdruck species, der schon in Böschen- 
steins Rechenbuch vom Jahre 1514 vorkommt, erklärt Gemma Frisius 
als eine gewisse Form des Operierens mit Zahlen: vocamus autem species. 
certas operandi per numeros formas. Die Addition wurde wie gegenwärtig 
ausgeführt, die Subtraktion meist nach der alten indischen Zuzählmethode, 
die wir heute die österreichische Subtraktionsmethode nennen. War die 
Ziffer ‚des Minuendus kleiner als die darunter stehende Ziffer des Sub- 
trahendus, so ergänzte man diese zu zehn, fügte die Minuendenziffer. 
hinzu, worauf die nächsthöhere Ziffer des Subtrahendus um 1 erhöht 
wurde. Außerdem kannte man auch das Borgen einer dekadischen Ein- 
heit bei der nächsthöheren Minuendenziffer, Ein ausgerechnetes Additions- 
oder Subtraktionsexempel sah damals schon so aus wie heute. Für die 
Multiplikation waren damals im ganzen neun Methoden bekannt, doch 
wurde die sog. Schachbrettartige, d.h. unsere heutige mit: Hilfe des Ein- 
rückens, fast ganz allein angewendet. Neben dieser wurde wohl auch 'ge- 
legentlich die blitzartige geübt, bei der man zuerst die Einer beider Fak- 
Pahl, Geschichte des math. und naturw. Unterrichts.
	        
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