Full text: Geschichte des naturwissenschaftlichen und mathematischen Unterrichts (1. Band)

Il. Kapitel: Begründung des Schulwesens. Anfänge des Unterrichts. 103 
schem Wissen den Schülern des Straßburger Gymnasiums übermittelt 
wurde, geschah durch das Volumen primum mathematicum seines Mathe- 
matikers, allein auch hierin war es eigentlich nur darauf abgesehen, den 
Schülern die lateinischen und griechischen Namen der Länder geläufig zu 
machen, ein wirkliches erdkundliches Wissen war damit gar nicht beab- 
sichtigt. Dasselbe rein sprachliche Ziel verfolgte Sturm mit der Vorschrift, 
daß die Schüler sich Kollektaneenbücher anlegen sollten, in welche die 
Namen aller Gegenstände des täglichen Lebens, auch von Pflanzen, Tieren, 
Gesteinen eingetragen wurden. Selbst wenn er anordnet, daß in diesen 
Sammelheften, die übrigens auch von anderen Schulleitern eingeführt wur- 
den, die Rubriken Mammalia, Aves usw. unterschieden und die lateinischen 
Beziehungen dementsprechend eingeordnet werden sollen, strebte er doch 
keine Realkenntnis an, sondern nur eine Nominalkenntnis, ja selbst seine 
Forderung, natürliche Dinge, Pflanzen und Steine gelegentlich vorzuzeigen, 
wurde von ihm nur erhoben, um den Schülern das Verständnis der lateini- 
schen Namen zu erleichtern. Auch bei der Sturmschen Schule verlaufen 
also die Spuren eines naturwissenschaftlichen Unterrichts in Nichts. 
Mit größerem Rechte können wir dagegen bei der Ilfelder Schule von 
einem naturwissenschaftlichen Unterricht sprechen. Dort wirkte Michael 
Neander (1525—1595), der die Schule zu großer Blüte brachte, so daß 
die „Neandrici‘“ allgemein als am besten für die Universitätsstudien vor- 
bereitet angesehen wurden. Von ihm rühren ein Kompendium und ein 
Lehrbuch der Geographie her, sowie ein Handbuch der Physik, welche 
Bücher er seinem Unterricht in diesen Gegenständen zugrunde legte. 
Neanders Lehrbuch der Erdkunde ist insofern bemerkenswert, als in ihm 
zuerst die Geographie in engen Zusammenhang mit der Geschichte gebracht 
wird. Er preist die Geographie als das eine Auge der Geschichte, infolge- 
dessen wird auch die mathematische Geographie nur sehr kurz behandelt, 
ausführlicher dagegen die beschreibende Länderkunde. Europa, Asien, 
Afrika, die Meere, die Inseln werden der Reihe nach beschrieben, unter 
den letzteren auch Amerika. Bei allen Ländern und Städten führt er die 
dort geborenen großen Männer an, aus deren Leben er oft ausführliche 
Mitteilungen macht. Freilich werden diese Ausflüge ins historische Gebiet 
oft breit und bringen so viel Nebensächliches, daß der Charakter eines 
erdkundlichen Lehrbuches darüber fast verloren geht. Wenn auch Neander 
mit Recht sehr bescheiden von seinem Buche denkt, so dürfen wir in ihm 
doch den Schulmann sehen, der zuerst die innige Verbindung der Geographie 
mit der Geschichte im Unterrichtsbetrieb der höheren Lehranstalten her- 
gestellt hat, eine Verbindung, die in späterer Zeit die selbständige Ent- 
wicklung des erdkundlichen Unterrichts lange gehindert hat. 
Neanders Physik zerfällt in zwei Teile, deren erster die Welt in eine 
ätherische und eine elementare Region einteilt. Zur ätherischen Region
	        
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