I. Kapitel: Das saeculum mathematicum. 107
bestimmten Basis bei den Neperschen Logarithmen abzuhelfen und sie in
bequemere Verbindung mit dem Dezimalsystem zu bringen, verbesserte
Briggs sie dahin, daß er die Zahl 10 als Basis annahm und 1624 in seiner
„Arithmetica logarithmica‘‘ die nach ihm benannten heutigen Logarithmen
der Zahlen 1 bis 20000 und 90000 bis 100000 erscheinen ließ, die auf 14
Stellen berechnet waren.
Mit der Erfindung der Logarithmen begann auch die Zinseszinsrechnung
in ihrer heutigen Form sich zu entwickeln; die bis dahin falsche Art der
Rabattrechnung wurde durch Leibniz (1646 — 1716) berichtigt, und in seiner
Behandlungsweise liegt auch die Grundlage der heutigen Rentenrechnung,
die sich damals ebenso wie die Versicherungsmathematik in ihren ersten
Anfängen zeigte.*8) Erwähnenswert sind auch die Versuche, die Aus-
führung von Rechnungen auf rein mechanischem Wege vorzunehmen und
SO zu erleichtern oder weniger zeitraubend zu machen. In erster Linie sind
hier die Rechenstäbe desselben John Neper zu nennen, welche gestatteten,
sämtliche Operationen ohne Kenntnis des Einmaleins auszuführen, so daß
die Schüler von der Plage erlöst wurden, das Einmaleins zu erlernen. Tat-
sächlich sind diese „Bacilli Neperiani‘‘ auch gelegentlich im Unterrichte
gebraucht worden, während der Rechenkasten des Caspar Schott (1608
bis 1666) die beweglichen Scheiben Leupolds, die Bacilli sexagenales
Samuel Reyhers kaum jemals als Hilfsmittel beim Rechenunterricht ver-
wandt wurden und jetzt ganz der Vergessenheit anheimgefallen sind.
Pascal (1623—1662) erfand schon im Alter von 19 Jahren eine Rechen-
maschine, bei der nach Auflegung der Zahlen eine Kurbeldrehung zur Aus-
führung der Operation genügte, und Leibniz opferte nicht weniger als
24000 Taler der Herstellung einer Maschine, die durch bloßes Drehen
löstellige Produkte lieferte. *?)
In der von Vieta begründeten Buchstabenrechnung dehnte Descartes
(1596 — 1650) die Bezeichnung mit einem Buchstaben auch auf negative
Größen aus; er führte auch die Bezeichnung „‚reelle‘‘ und „imaginäre‘‘
Größen ein, welche letztere bei den italienischen Cossisten des vorhergehen-
den Jahrhunderts noch unmögliche Zahlen hießen. Hinsichtlich der Reihen-
lehre wurden die unendlichen höheren Reihen bekannt. St. Vincent (1584
bis 1667) und Mercator (1620—1687) stellten die Reihe für log (I + x) auf,
Gregory (1638—1675) fand die Reihen für sin x und cos x und führte die
Begriffe der Konvergenz und Divergenz unendlicher Reihen ein, über die
auch Leibniz Untersuchungen anstellte.
Mit der Untersuchung zahlentheoretischer Probleme begann die heutige
höhere Arithmetik sich zu entwickeln. Van Schooten (1620—1661), John
Pell (1610—1685) gaben Tafeln der Primzahlen heraus, Schwenter (1585
bis 1636) lehrte die Näherungswerte von Kettenbrüchen bilden, und Wallis
(1616 — 1703) stellte die heute noch in unseren Schulen gebräuchliche all-