II. Kapitel: Unterricht im 18. Jahrhundert. 183
Friedrich dem Großen blieben Franckes Ideen noch lange für den Unter-
richtsbetrieb an den höheren Schulen maßgebend und halfen den Natur-
wissenschaften den Weg zum Eingang in die preußischen Gymnasien
bahnen.
Unmittelbarer jedoch ist der Einfluß Franckes auf die Entstehung
derjenigen Gattung unserer höheren Lehranstalten, die der Pflege der
Realien schon in ihrem Namen Rechnung tragen. Freilich war Semler,
der 1708 in Halle die erste Schule gründete, die nachweislich den Namen
Realschule geführt hat, ein Schüler Weigels und erhielt auch von diesem
die erste Anregung zur Förderung der Realien, allein er stand doch als
Archidiakonus in Halle mit Francke in regem Verkehr, war ihm eng be-
freundet und wurde jedenfalls bei der Verwirklichung seiner pädagogischen
Ideen von diesem beeinflußt. Daß diese erste Realschule von ihrem Gründer
den eigentümlichen Namen „mathematische, ökonomische, mechanische
Realschule‘ erhielt, ist nach unsern bisherigen Ausführungen nicht ver-
wunderlich, spiegeln sich doch in dieser Bezeichnung alle die Kräfte wieder,
die in jenem Zeitraum für die Hineinziehung der Realien wirksam waren.
Ganz unverkennbar hingegen ist der Einfluß Franckes bei der Gründung
derjenigen Realschule, die Joh. Jul. Hecker am 9, Mai 1747 in Berlin er-
öffnete. Hecker selber war ein begeisterter Schüler Franckes, an dessen
Pädagogium er 1727—1735 als Lehrer gewirkt hatte; ebenso waren der
von 1753—1759 als Inspektor der Heckerschen Schule wirkende Hähn,
wie auch Heckers Nachfolger, Silberschlag, Schüler des Franckeschen
Pädagogiums. Semlers Schule hatte keinen Bestand; sie ging schon im
zweiten Jahre ein, und als er sie 1738 wieder eröffnete, konnte er sie eben-
falls nicht dauernd halten und mußte sie nach kurzer Zeit gänzlich aufgeben.
Heckers Schule dagegen gelangte zu großer Blüte: aus ihrer lateinischen
Abteilung, dem späteren Pädagogium, ging 1797 das Friedrich-Wilhelms-
Gymnasium, aus ihrer realen Abteilung schließlich das Königliche Real-
gymnasium in Berlin hervor.
Hecker hatte seine Schule nach Franckes Vorbild in zahlreiche Fach-
klassen eingeteilt, unter denen wir drei aufsteigende Rechenklassen und
ebensoviele aufsteigende mathematische Klassen mit je 4 Stunden wöchent-
lich, dazu noch mehrere außerordentliche Rechenklassen mit zusammen
6 Stunden wöchentlich, eine botanische, eine zoologische und eine Physik-
klasse mit je 2 Stunden wöchentlich und zwei Geographieklassen mit je
4 Stunden wöchentlich finden. Heckers persönliche Neigungen lagen mehr
auf dem Gebiet der humanistischen Disziplinen, dagegen vertrat der schon
genannte Inspektor Hähn die exakten Wissenschaften. Schon bevor er nach
Berlin kam, hatte er als Inspektor der Schule in Kloster Bergen 1748 eine
Programmschrift erscheinen lassen, die uns einen interessanten Aufschluß
gibt, welche Anschauungen die auf Franckes Prinzipien fußenden Schul-