Il. Kapitel: Unterricht im 18. Jahrhundert. 201
wie oberflächlich er nur darauf sieht, daß die Knaben das Wichtigste von
dem „gemeinnützigen‘“ Wissen erfahren, ohne in den inneren Zusammen-
hang wirklich einzudringen, wie wenig es ihm darauf ankommt, tatsächlich
Verständnis und Einsicht in die Naturerscheinungen zu wecken, beweist, daß
er die meisten physikalischen Apparate in seinem Kompendium ganz Ver-
gißt und nun gezwungen ist, sie in einem besonderen Anhange: „Von den
merkwürdigen Werkzeugen“ ganz summarisch zu besprechen, eigentlich
sie nur zu erwähnen. Dort finden wir die einfachen Maschinen, die Wage,
die Schnellwage, das Barometer, das Manometer, Hygrometer, die Saug-
pumpe, den Heronsball, die Windbüchse, die Feuerspritze, die Magde-
burger Halbkugeln, Uhren aller Art, das Astrolabium, die Meßkette, das
Sprachrohr, das Hörrohr, das Sprachgewölbe, das Mikroskop, die Brille,
das Multiplizierglas (vielleicht ist das Kaleidoskop damit gemeint), das
Fernrohr, den Operngucker, die Teleskope, das Sonnenmikroskop und die
Zauberlaterne. Fast ist zu bezweifeln, ob alle diese Apparate im Philan-
thropin vorhanden waren, ob sie-also wirklich experimentell vorgeführt
wurden, da im Elementarwerk nur auf ihre Abbildung auf einer der größten
Tafeln verwiesen wird. Diese Tafeln sah Basedow überhaupt als den wich-
tigsten Teil seines Elementarwerks an, sparte keine Kosten, um die Abbil-
dungen so gut als möglich herzustellen; rühren doch die Kupferstiche auf
ihnen von keinem Geringeren als Chodowiecki her.
An der Hand dieser Tafeln mit Kupfern, über deren pädagogische
Zweckmäßigkeit man mit Goethe begründete Zweifel hegen kann, sollten
auch die übrigen Teile der Naturlehre Basedows gebraucht werden, die aber
alle mit demselben Mangel behaftet sind wie die Physik. So beginnt seine
Tier- und Pflanzenkunde mit der eingehenden Besprechung der Biene, die
mit großer Sorgfalt und sichtlicher Liebe durchgeführt, wertvolle Anregung
und Belehrung bietet. Das gleiche kann man auch noch von dem zweiten
zoologischen Lebensbild, der Seidenraupe sagen, aber schon beim dritten
Bilde, dem Fuchs, beginnt ihn die Geduld zu verlassen, und nun werden in
rascher Aufeinanderfolge an der Hand der auf vier großen T afeln ver-
einigten Abbildungen zahlreiche Tiere kurz durchgesprochen. Wohl mag
ihm ursprünglich der Plan vorgeschwebt haben, jedes dieser Tiere mit der-
selben Sorgfalt und Gründlichkeit zu bearbeiten, allein das hätte viel mehr
Zeit erfordert und würde selbst wieder ein Werk, umfangreicher als die
ganze Enzyklopädie geworden sein. Immerhin hat er aber durch die aus-
geführten Einzelschilderungen fruchtbare Anregung gegeben und den
Weg gewiesen, wie der Unterricht für die Schüler lebendig, anschaulich und
fruchtbringend gestaltet werden kann. Zum Schluß gibt er dann eine
kurze. systematische Übersicht der gesamten Tierwelt, bei der er sechs
Klassen unterscheidet: Vierfüßige Landtiere, Vögel, Amphibien, Fische
(wozu er auch die Walfische rechnet), Insekten und Gewürm.