214 IV. Abschnitt: Das achtzehnte Jahrhundert.
Die Geometrie ist in eine Longimetrie, Planimetrie und Stereometrie ein-
geteilt; sie gibt die Eigenschaften der Figuren und die Regeln über die
Ausmessung von Flächen und Körpern ganz ohne Beweise, wofür sich der
Verfasser allerdings in einer Anmerkung zu entschuldigen sucht. Das Ziel
dieses Schulbuchs bildet also ein rein mechanisches Können, nicht eine
verstandesmäßige Erkenntnis der Gründe, auf denen die Richtigkeit des
zur Lösung der jeweiligen Aufgabe führenden Verfahrens beruht. In dieser
Beziehung bildet Wolffs „Auszug aus den Anfangsgründen der mathe-
matischen Wissenschaften“ einen gewaltigen Fortschritt. Dies weit ver-
breitete, von den Zeitgenossen einstimmig als bestes anerkannte Lehrbuch
der Mathematik behandelt der Reihe nach folgende Disziplinen: Arith-
metik, Geometrie, Trigonometrie, Mechanik, Hydrostatik, Aörometrie,
Hydraulik, Optik, Katoptrik, Dioptrik, Perspektiv, Astronomie, Geographie,
Chronologie, Gnomonik, Artillerie, Fortifikation, Baukunst und Algebra,
Der reinen Mathematik sind also die ersten drei Abschnitte und der letzte
gewidmet, die fast ein Drittel des Buches umfassen. Die Arithmetik bringt
eigentlich nur reine Rechenkunst, in der die vier Spezies mit benannten
und unbenannten ganzen und gebrochenen Zahlen, sowie Aufgaben aus der
Regeldetri behandelt werden. In der Division wird lediglich die Division
über sich gelehrt; vor Beginn der Bruchrechnung wird die Erklärung der
arithmetischen und geometrischen Proportionen sowie einer arithmetischen
Progression eingeschaltet. Unser Begriff eines Hauptnenners fehlt noch,
ebenso die Dezimalbruchrechnung. Die Regeldetri wird auf die Lehre von
den Proportionen gegründet, und in 14 Anmerkungen werden dann alle
verschiedenen Aufgaben der Regeldetri erledigt, indem die umgekehrte,
die zusammengesetzte Regeldetri und die „welsche Praktik‘“ auf dieselben
Sätze von den Proportionen zurückgeführt werden. Auch das Ausziehen
der Quadrat- und Kubikwurzel ist in diesem Teile enthalten; das Wichtigste
über die Logarithmen, die Wolff in seinen „Anfangsgründen‘“ sehr aus-
führlich behandelt, sogar berechnen lehrt, bringt er unter 813 bis $ 18
seiner Trigonometrie,
Die Geometrie umfaßt in $ 1 bis $ 176 die Planimetrie, von $ 177 bis
8219 die Stereometrie, Erstere bringt die Eigenschaften der Dreiecke,
Vierecke, Vielecke, des Kreises, die Ausmessung geradliniger Figuren, die
Kreisberechnung und die wichtigsten Sätze der Ähnlichkeitslehre; daran
schließen sich Aufgaben aus der Feldmeßkunst. Die Stereometrie enthält
die Kubatur der bekannten stereometrischen Körper: Würfel, Prisma,
Pyramide, Zylinder, Kegel, Kegelstumpf und Kugel. Daran schließt sich
die „Visierung‘ eines Fasses, die Volumenbestimmung irgendeines unregel-
mäßigen Körpers und die Anfertigung der Netze aller fünf regelmäßigen
Körper, eines Parallelopipeds, einer Pyramide und eines Zylinders. Die
Trigonometrie behandelt kurz die goniometrischen Funktionen, den Sinus-