II. Kapitel: Unterricht im 18. Jahrhundert, 215
satz, und geht dann zu den bekannten Fundamentalaufgaben über das
rechtwinklige und schiefwinklige Dreieck über. Ein kurzer Anhang enthält
noch einige Anwendungen auf die Feldmeßkunst, Die sphärische Trigono-
metrie fehlt gänzlich. Wohl bringt der erste Teil der Astronomie Aufgaben
über Bestimmung von Pohlhöhe, Rektaszension, Deklination, Dämmerung
usw., aber diese entsprechen nicht unsern modernen derartigen Aufgaben,
sondern sollen durch Beobachtungen mit Hilfe von Instrumenten gelöst
werden. Die Algebra endlich beginnt mit einer Buchstabenrechnung, geht
zu der Lehre von den Potenzen und Wurzeln über, von denen nur das
Allernötigste gelehrt wird, behandelt an der Hand spezieller Beispiele
Gleichungen mit einer und zwei Unbekannten, gibt die Auflösung der
quadratischen Gleichungen und lehrt auch den Zusammenhang zwischen
Wurzeln und den Koeffizienten einer Gleichung sowie zwischen den „wahren“
— d.h. positiven — Wurzeln und den Zeichenwechseln. Die Lehre von den
Proportionen wird ziemlich ausführlich durchgenommen ; die näherungsweise
Berechnung der Wurzeln einer numerischen Gleichung bildet den Schluß.
Hierin haben wir den Grundstock dessen, was im 18. Jahrhundert auf
den höheren Schulen in der Mathematik gelehrt wurde. Der Inhalt der
übrigen Teile des Wolffschen Auszuges wird bei der Physik und Erdkunde
zum Teil einer Besprechung unterzogen werden. Diese Teile sind ja aus
dem mathematischen Lehrpensum geschwunden; Gnomonik, Artillerie,
Fortifikation und Baukunst sind gänzlich aus dem Lehrstoff der höheren
Schulen geschieden. Eine dahin gehende Wandlung macht sich auch in
den späteren Lehrbüchern des 18, Jahrhunderts deutlich bemerkbar. Schon
bei Kästner spüren wir eine bedeutende Erweiterung und Vertiefung der
reinen Mathematik, die er von der angewandten Mathematik zu sondern
sichtlich bestrebt ist. Seine Anfangsgründe der Arithmetik, Geometrie und
Trigonometrie bilden einen von denjenigen der angewandten Mathematik
gesonderten Band. Schon bedarf es auch keines Auszuges aus ihnen mehr,
sondern sie selbst werden allmählich dem Unterricht auf den höheren
Schulen zugrunde gelegt. Die Algebra fehlt in ihnen, auch noch in der
2. Auflage (1764—65), doch kündigt er schon seine Absicht an, die Algebra
in einem gesonderten Teile herauszugeben. Im übrigen finden wir in seiner
Arithmetik die Division über sich abgeschafft, nur das Unterwärtsdividieren
nach heutiger Art mit Hineinschreiben der einzelnen Teilprodukte wird
gelehrt. Unser Begriff des Hauptnenners fehlt auch hier noch, dagegen
wird die Dezimalbruchrechnung ausführlich behandelt, zu ihrer Durch-
führung das Komma genau SO wie heute gebraucht. Auch periodische
Dezimalbrüche kommen vor, doch fehlt noch der eigentliche Begriff einer
Periode. Ausgehend von der geometrischen und der entsprechenden arith-
metischen Reihe wird der Begriff eines Logarithmus entwickelt und dann
die Lehre von den Logarithmen ausführlich behandelt. Auf die Planimetrie