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I. Kapitel: Kenntnisse der Alten.
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stand die Töpferei, deren Erzeugnisse mit Emaille von verschiedener
Farbe überzogen wurden. Auch in der Kunst der Färberei unter Benutzung
des Alauns als Beize haben die alten Ägypter es weit gebracht. Durch
Ablösen der Oberhaut der Papyrusstaude, Zusammenkleben und Glätten
der so erhaltenen Streifen stellten sie das erste Papier her, auf dem sie
mit einer aus Kienruß künstlich hergestellten Tinte, einer Art chinesischer
Tusche, ihre Aufzeichnungen machten, die nach Jahrtausenden noch les-
bar blieben. Ihre Kunst des Glasblasens setzte sie in den Stand, Glas-
gefäße herzustellen, deren sie sich auch bei der Destillation bedienten
und die ihnen zur Aufbewahrung der zahlreichen Heilmittel dienten, welche
ihre hochentwickelte Medizin gebrauchte. Diese Arbeiten haben die alten
Ägypter wirklich zu Schöpfern der Chemie gemacht.
Ein deutliches Bild von dem botanischen und zoologischen Wissen der
Ägypter zu geben, ist nicht möglich. Doch sei darauf hingewiesen, daß
der Papyrus Ebers und andere medizinische Papyrusfunde nicht weniger
als 50 Pflanzen aufzählen, die zu Heilzwecken gebraucht wurden, und daß
im alten Ägypten folgende Kulturpflanzen angebaut wurden: 3 Weizen-
arten, 2 Gerstenarten, Hirse, Knoblauch, Porree, Schalotten, Lein, Papyrus,
Ölbaum, Weinstock, Dattel, Feige, Melone, Kürbis, Artischocke, Spargel,
Rettig, Ackererbse, Pferdebohne, Linse, Kohl, Fenchel, Anis, Absynth,
Schlafmohn, Rizinus, Granatapfel.
Hinsichtlich der Zoologie wissen wir durch die Abbildungen auf den
Wänden der Tempel und Gebäude wohl, welche Tiere den Ägyptern bekannt
waren; auch enthält der Papyrus Ebers einige Andeutungen über die Ent-
wicklung des Frosches aus der Larve. Allein genaue Angaben über ihre
Kenntnis der Tiere lassen sich nicht machen, ebensowenig wie über ihre
Kenntnis des menschlichen Körpers. Auch hinderte das religiöse Verbot
einer Zergliederung der Leichen ein tieferes wissenschaftliches Eindringen
in den Bau des Körpers. Allein wenn schon mehr als 2000 Jahre v. Chr.
bei den Ägyptern wie bei den Babyloniern die Staroperation am Auge
geübt wurde, so kann ihre Kenntnis des menschlichen Körpers und seiner
Organe doch nicht so sehr geringfügig gewesen sein.?)
Die Zivilisation folgt dem scheinbaren Lauf der Sonne; von Osten her
ist ihr Siegeszug über die Erde gegangen. Zu einer Zeit, wo die Bewohner
Griechenlands noch in einem Zustande der Barbarei lebten, die von keinem
Strahl der Geschichte erhellt wird, wo das Volk der Griechen vielleicht
noch nicht existierte, waren die Kulturvölker des Ostens schon zu einer
so hohen Entwicklungsstufe gelangt, wie sie sich in den bisherigen Mit-
teilungen über den Stand ihres Wissens ausprägt. Von alters her standen
nun die Chaldäer und Ägypter mit den Phöniziern und den kleinasiatischen
Völkerschaften in lebhaftem Verkehr, und so dringen die von ihnen ge-
schaffenen Kulturelemente allmählich nach Westen vor, bis sie schließlich