312 V. Abschnitt: Das neunzehnte Jahrhundert.
(Mühlhausen) und 145 Talern (Posen) jährlich. Das Gymnasium in Nord-
hausen berichtet 1846, daß „für die Erhaltung des physikalischen Apparats
in diesem und den zunächst verflossenen Jahren 8 Taler 26 Silbergroschen
verausgabt worden seien“.
Wenn nun auch diese Nachrichten über die physikalischen Lehrmittel
in der ersten Hälfte des Jahrhunderts einen gewissen Schluß auf den
damaligen Betrieb des Unterrichts selbst gestatten, so bilden sie doch nur
die materielle Basis, das Handwerkszeug, das erst Leben und Bedeutung
durch den Geist desjenigen gewinnt, der es handhabt. Die Auffassung,
die der Lehrer von der Aufgabe seines Unterrichts hat, gibt diesem erst
seinen Wert, und die allmähliche Wandlung, die sich in der Auffassung
des Physikunterrichts vollzieht, Jäßt sich ebenfalls an der Hand von Schul-
schriften verfolgen. Als Ausgangspunkt sei der Lehrplan des Joachims-
thalschen Gymnasiums von 1803 gewählt, wo Direktor Snethlage in der
{ sowohl den Tacitus wie auch den Physikunterricht traktiert. Hier
finden wir in der Unterabteilung als Lehraufgabe der ersten Klasse die
„gemeinnützigen Kenntnisse‘ besonders lobend erwähnt, d, h. die Gegen-
stände der Naturlehre, soweit sie ohne Mathematik verständlich sind, wo-
hin die Lehre von der Luft, vom Schall, vom Licht, Feuer, Wasser, elek-
frische und magnetische Materie, von den Lufterscheinungen und vom
Weltgebäude im allgemeinen gehören. Dabei sollen „verschiedene im
gemeinen Leben nützliche. Werkzeuge, als Barometer, Thermometer,
Sprachhörner erklärt werden“. Dem Lehrer wird dabei zur Pflicht ge-
macht, „bei diesem ebenso nützlichen wie angenehmen Unterricht auf das
Herz und den Kopf. der jungen Leute zugleich zu wirken‘. Er soll ferner
„überall auf das Große und Erhabene in der Natur“ aufmerksam machen,
und ebenso sehr vor dem Unglauben wie vor dem Aberglauben bewahren.
Sogar ein besonderes Buch: Klügels „Gemeinnützige Kenntnisse“ ist diesem
Unterricht zugrunde gelegt, der durch die Süvernschen Lehrpläne endgültig
abgeschafft wird.
Wie eifrig man unter dem Einflusse dieser Lehrpläne an den Gym-
nasien bemüht war, die Physik zu einem allgemeinen Bildungsmittel zu
gestalten, beweist der ziemlich eingehende Bericht, den Direktor Reuscher
im Jahre 1821 von dem Physikunterricht am Friedrich-Wilhelms-Gym-
nasium in Kottbus gibt. Die Physik wird von ihm gewissermaßen als die
philosophische Vollendung der Naturbeschreibung angesehen. „Sowohl die
Wissenschaftlichkeit dieses Lehrobjektes — seine fruchtbare Verbindung
und Berührung mit der Mathematik — als auch seine Stellung auf dem
Lehrplan — für Schüler der zweiten Bildungsstufe — bestimmt den Wert
als auch die methodische Behandlung desselben. Beides fällt im Begriff
zusammen mit der doktrinellen Beschaffenheit dieses Objekts, denn inso-
fern die Physik den erkennenden Verstand absolut mündigt und kräftigt,