Full text: Geschichte des naturwissenschaftlichen und mathematischen Unterrichts (1. Band)

IL. Kapitel: Unterricht unter dem Einfluß der staatlichen Verfügungen. 317 
und bleibt vor Irrtümern nicht bewahrt. So entscheidet er z. B. die Frage, 
was das eigentliche Wesen der Wärme sei, dahin, daß diese unmöglich in 
einer „inneren Aufregung der Materie‘ ihren Grund haben könne, sondern 
in einem Caloricum, einem Wärmestoff, Mit einer Unbefangenheit sonder- 
gleichen geht er in dem von der Naturlehre handelnden Teile seiner Meta- 
physik an die Erklärung der schwierigsten Vorgänge auf elektrischem und 
optischem Gebiet, und wenn es z, B. heißt: „Auch darüber sollte vielleicht 
kaum Verwunderung stattfinden, daß nur Eisen, und allenfalls noch ein 
paar andere Metalle für Magnetismus empfänglich sind, denn Magnetismus 
ist eine Anomalie, und Anomalien sind Seltenheiten‘‘, so erinnert diese 
Stelle mit noch vielen anderen sehr an die mystischen Spekulationen eines 
Steffens, die er so heftig bekämpft. Ein Glück ist es, daß der Unterricht 
in der Physik niemals von Herbarts Betrachtungsweise desselben beein- 
flußt worden ist und daß die preußische Unterrichtsbehörde „die höheren 
Ansichten der Wissenschaft, die spekulative Physik“ damals ausdrücklich 
den Universitäten vorbehalten hat. 
Ein eifriger Bekämpfer der Naturphilosophie ist Ernst Gottfried 
Fischer, der Verfasser eines Lehrbuchs der mechanischen Naturlehre, dem 
wir wiederholt in den Programmen von 1820 bis 1840 als Schulbuch be- 
gegnen. Fischer war als Professor am Grauen Kloster zu Berlin tätig, 
außerdem aber Mitglied der Akademie der Wissenschaften und außer- 
ordentlicher Professor an der Universität in Berlin. Der Wert seines Lehr- 
buchs wird schon dadurch gewährleistet, daß es in drei fremde Sprachen 
übersetzt worden ist, und daß kein geringerer als Biot die französische 
Übersetzung in die Hand genommen hat. Die erste Auflage des Buches ist 
1805 erschienen, und 1806 kommt schon die französische Übersetzung 
heraus, 1813 sogar in zweiter Auflage. Dadurch wird man erst in 
Deutschland auf dieses Buch aufmerksam, so daß 1819 hier die zweite und 
1827 die dritte Auflage erscheint. Streng schließt Fischer alles was zur 
Chemie, Astronomie oder physikalischen Erdkunde und Naturbeschreibung 
gehört, vom Begriff der Physik aus, und dadurch unterscheidet sich sein 
Lehrbuch vorteilhaft von allen andern seiner Zeit, die meist noch die 
gesamte Naturkunde unter dem Namen Physik behandeln. Strenge Wissen- 
schaftlichkeit, die sich nie in Spekulationen über vage Hypothesen verliert 
und starke Betonung der mathematischen Deduktion zeichnen das Buch 
aus, und daher gerät Fischer in heftigen Streit mit den Naturphilosophen. 
Ihnen gibt er namentlich schuld, daß sein Buch in Deutschland so wenig 
gewürdigt worden sei. Wissenschaftlichkeit und kritische Genauigkeit hält 
er für doppelt notwendig in einer Zeit, wo die Naturphilosophen „sich und 
alle Welt überreden, daß die Naturwissenschaft durch Aufnahme von 
allerlei dunklen Begriffen und mystischen Ansichten äußerlich erweitert 
werden und im Innern einen höheren und würdigeren Charakter erhalten
	        
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