320 V. Abschnitt: Das neunzehnte Jahrhundert,
5000 M. als dringend wünschenswert bezeichnet. Dabei fehlt in diesem
Verzeichnis, das 1896 in der 5. Hauptversammlung des V. F. U. M. N. zu
Elberfeld angenommen wurde und im ganzen 279 Nummern aufweist,
noch der Projektionsapparat, den seither schon fast jede höhere Schule
als unentbehrlich für den Physikunterricht angeschafft hat. 4. Die Ein
führung der physikalischen Schülerübungen, die zum erstenmal Schwalbe
1890 in einem Vortrag auf der 63. Versammlung deutscher Naturforscher
und Ärzte in Bremen verlangt. Da auch die neuen Lehrpläne von 1892
die Einführung dieser Übungen gestatten, so begann man sofort der An-
regung Schwalbes zu folgen. In Noacks_,‚Leitfaden für. physikalische
Schülerübungen‘“ erscheint 1892 die erste Zusammenstellung solcher
praktischen Übungen, und 1897 liegen schon ausführliche Berichte von
10 Anstalten über die Art der Ausführung und den Erfolg dieser Übungen
vor, die 1904/05 schon an 31 deutschen höheren Lehranstalten: 8 Ober-
realschulen, 12 Realgymnasien, 5 Gymnasien, 2 Realschulen und 4 baye-
rischen Industrieschulen eingeführt sind. Die mit der Gründung des
V. F. U. M. N. beginnende Bewegung hat sich somit unbestreitbar das
Verdienst erworben, daß am Ausgang des 19, Jahrhunderts der Physik-
unterricht auf eine wirklich rationelle Basis gestellt worden ist.
Früher als bei der Physik ist dies schon bei der Chemie geschehen 10),
obwohl sich diese erst im 4. Dezennium als selbständiges Unterrichtsfach
von der Physik loszulösen beginnt und in den Gymnasien überhaupt nicht
zum selbständigen Unterrichtsfach geworden ist. Hinsichtlich des Chemie-
unterrichts herrscht an den Gymnasien heutzutage noch derselbe Zustand,
der bis in die zweite Hälfte des Jahrhunderts hinein an manchen deutschen
Hochschulen geherrscht hat, daß Physik und Chemie in der Hand eines
Dozenten liegen. Auch an die Pforte der Realanstalten hätte die Chemie
noch‘ lange Zeit vergeblich gepocht, wenn nicht einerseits diese Wissen-
schaft selbst in den ersten drei Jahrzehnten einen so glänzenden Auf-
schwung genommen hätte, andererseits das wirtschaftliche Erwerbsleben
nicht durch die Anwendung der Ergebnisse der chemischen Forschung auf
die Landwirtschaft, Gewerbe und Industrie eine bedeutende Hebung verbun-
den mit noch bedeutenderen materiellen Erfolgen aufzuweisen gehabt hätte.
Die Chemie und der Chemiker wurden wichtige Faktoren im wirtschaftlichen
Leben Deutschlands, und so sehen wir auch zuerst in den westlichen In-
dustriebezirken Deutschlands die Chemie in dem Lehrplan städtischer Real-
anstalten als selbständiges Lehrfach auftauchen. Dieses Lehrfach schon
frühzeitig auf eine rationelle: Basis gestellt zu haben ist das unbestreit-
bare Verdienst Liebigs, der von der Stätte seiner Wirksamkeit, Marburg,
aus unermüdlich auf die Einführung der Chemie in den Unterrichtsbetrieb
der realistischen Lehranstalten Hessens und der Rheinlande hingewirkt
hat. Um zu beweisen, daß der Chemie auch ein Platz im gymnasialen