Full text: Geschichte des naturwissenschaftlichen und mathematischen Unterrichts (1. Band)

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I. Abschnitt: Altertum und Mittelalter. 
mente Äther, Luft, Wasser und Erde voneinander trennten. Die Be- 
gründer der Atomtheorie sind Leukipp und Demokritos von Abdera 
(460—361 v. Chr.), nach deren Lehre alle Körper aus qualitativ gleichen un- 
endlich kleinen Teilchen, den Atomen, bestehen, die ewig und unzerstörbar 
nur der Form und der gegenseitigen Lage nach verschieden sind, deren 
Bewegung, Zusammentreffen und Trennen die Mannigfaltigkeit der Dinge 
hervorbringe. So sehr auch die von Dalton begründete atomistische An- 
schauung der Jetztzeit von der Theorie der antiken Atomisten abweicht, 
50 sind ähnliche Züge in beiden nicht zu leugnen. Aristoteles, dem die Phy- 
sik ihren Namen verdankt, und den man als den eigentlichen Begründer 
dieser Wissenschaft ansehen muß, unterscheidet vier Elemente, Erde, 
Wasser, Luft und Feuer, aus deren Mischung sämtliche irdischen Stoffe 
entstehen; daneben spricht er von einer „mw&umwen Evrelsysıa‘ (quinta 
essentia), dem Äther. Jedem Element kommt ein bestimmter Ort ZU, 
nach dem hin seine Bewegung gerichtet ist. Daher kommen den Körpern 
gewisse natürliche Bewegungen zu, die bei den einen nach oben, bei den 
anderen nach unten gerichtet sind. Die letzteren sind die absolut schweren, 
die ersteren die absolut leichten Körper. Obwohl Aristoteles den Fall als 
eine beschleunigte Bewegung erkannt hatte, so ist er, wie das ganze Alter- 
tum, über die Ursache des Falles unklar geblieben. Seiner Anschauung nach 
fallen schwere Körper schneller als leichtere, ein Irrtum, den Galilei erst be- 
seitigt hat. Bei Aristoteles treffen wir auch den Satz, daß die Natur keinen 
leeren Raum duldet, die berühmte Lehre von dem „horror vacui‘‘ der Natur, 
die fast 2 Jahrtausende die physikalischen Vorstellungen der Menschheit be- 
herrscht hat. Die Wurfbewegung rechnet Aristoteles zu den künstlichen 
Bewegungen, und er vermag sich die Weiterbewegung eines geworfenen 
Körpers nur dadurch zu erklären, daß die Luft sich hinter ihm zusammen- 
schließt und ihm so immer wieder einen neuen Impuls erteilt. Es war aber 
dem großen Stagiriten nicht verborgen geblieben, daß die Luft doch auch der 
Bewegung eines Körpers einen Widerstand entgegensetzt. Das Gesetz der 
Hebelwirkung sowie der Satz vom Parallelogramm der Kräfte finden wir 
bei dem Begründer der Physik des Altertums schon richtig entwickelt, 
wobei dieser seine Erörterungen durch geometrische Zeichnungen zu unter- 
stützen sucht, auch zuerst die in Beziehung zu setzenden Größen mit 
Buchstaben bezeichnet. Hinsichtlich seiner Methode, neue Ergebnisse 
auf dem Gebiete der Physik zu gewinnen, geht er zwar von den Tatsachen 
der Erfahrung aus, sucht aus ihnen ein allgemeines Gesetz zu folgern, um 
sofort auf dialektischem Wege durch logische Kunstgriffe aus den aufge- 
stellten Erklärungen und allgemeinen Sätzen neue Folgerungen zu ziehen. 
Die so auf dialektischem Wege gewonnenen Ergebnisse seiner Spekulation 
sucht Aristoteles freilich, wo sich passende Beispiele finden, durch Er- 
fahrungstatsachen zu bestätigen, so daß er sich der Unzulänglichkeit seines
	        
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