Full text: Geschichte des naturwissenschaftlichen und mathematischen Unterrichts (1. Band)

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III. Kapitel: Mittelalter. 
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lateinischen Algorithmus verstümmelt in der Mathematik unsterblich ge- 
worden ist. Seine Rechenkunst lehrt das Zahlenschreiben mit den indi- 
schen Gobarziffern, das Addieren, das Subtrahieren, das Multiplizieren 
und das Dividieren nach der Weise der Inder, ebenso das Rechnen mit den 
indischen 60teiligen Brüchen. In seinem Buche über Algebra ist die Lehre 
von den Gleichungen teils auf griechischen, teils auf indischen Einfluß 
zurückzuführen. Griechisch ist sein geometrischer Beweis für die Richtig- 
keit der Lösung der Gleichung zweiten Grades, indisch ist die Feststellung 
der doppelten Wurzel einer solchen Gleichung, die Diophant noch nicht 
kannte. Ein Fortschritt gegenüber der griechischen und indischen Be- 
handlung der Gleichung ax? + bx+c=0, nach der diese Gleichung 
mit a multipliziert wird, ist seine Methode die Gleichung durch a zu divi- 
dieren. Außer der eigentlichen Algebra ist in Alchwarizmis Buche ein 
Kapitel über Regeldetri, das rein indischen Ursprungs ist, und ein Kapitel 
über „Messungen‘‘, dessen. Inhalt vornehmlich griechischen Quellen ent- 
stammt und in dem wir für die Ausmessung des Kreises neben x = 3!/, 
auch die indschen Werte x = V10 und x = BZ als genauer angegeben 
finden. 20000 
Die Trigonometrie finden wir bei Albattani (um 900) noch ebenso 
wie im Almagest des Ptolemäos, der unverkennbar ihm als Vorbild ge- 
dient hat, als Anhängsel an die Astronomie behandelt. Er führt jedoch 
statt der ganzen Sehnen die halben ein, und da Gerhard von Cremona 
in seiner lateinischen Übersetzung der „Bewegung der Sterne‘ Albattanis 
das arabische dschaib mit „sinus‘“ wiedergibt, so hat sich dieser arabische 
Mathematiker und Astronom das Verdienst erworben, den „sinus‘‘ in die 
Trigonometrie eingeführt zu haben. Die Schattenlänge eines senkrechten 
Stabes auf wagerechter Ebene und die eines horizontalen Stabes auf senk- 
rechter Wand bereitet die Einführung der Funktionen cotangens und 
tangens vor; er berechnete schon eine Art Cotangentafel für alle Winkel 
von Grad zu Grad. Den tatsächlichen Begriff von tangens und cotangens 
sowie von secans und cosecans führt Abul Wafa (940—998) ein, der es auch 
schon wagt. den Radius des Kreises r = 1 zu setzen, so daß wir bei ihm 
schon folgende Formeln finden: tg x = an, cot « = Org == 5 
COS & sin & cot & 
Be =sinax;seca«=V1+ tg? a; cosec « = V1+ cot? @ - 2 sin? z=1—cos &; 
sin x =2sin 5 * cos 5 sowie eine Formel für sin (&« + ß). Zwar sind 
alle trigonometrischen Funktionen bei ihm noch Strecken, allein durch 
seinen Vorschlag, r= 1 zu setzen, bahnt er ihre Auffassung als Ver- 
hältniszahlen an. Den sinus von !/,° berechnet er durch eine neue 
Methode mit einer Genauigkeit, die bis zur neunten Dezimalstelle reicht.
	        
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