Full text: Geschichte des naturwissenschaftlichen und mathematischen Unterrichts (1. Band)

III. Kapitel: Mittelalter. 
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Alhazens Beschreibung des Auges zurück. Seine Anmerkung, daß. ein 
Glaskugelsegment, mit der ebenen Fläche dicht vor den Gegenstand ge- 
halten, das Bild desselben vergrößere, mag vielleicht die erste Anregung 
zur Herstellung von Brillen gegeben haben. 
Über die Fortpflanzung des Lichts ist Al Hazen der Meinung, daß sie 
geradlinig ist, solange ihm kein störendes Hindernis entgegensteht, und 
daß zu ihr Zeit erforderlich sei. Zu dieser letzteren Anschauung, mit der 
Al Hazen ganz allein dasteht, gelangt er freilich durch eine irrige Folgerung 
aus der Tatsache, daß die Farben eines Farbenkreisels bei schneller Drehung 
den Eindruck von weiß hervorrufen, allein es ist doch bemerkenswert, 
daß wir hier zum erstenmal der bestimmt ausgesprochenen Behauptung 
begegnen, daß die Ausbreitung des Lichts kein unmittelbarer, sondern 
eine zeitlich verlaufender Vorgang ist. Sorgfältig gibt Alhazen die Er- 
scheinungen an, aus denen sich die geradlinige Fortpflanzung des Lichts 
ergibt, und verfolgt dieselbe bei den Erscheinungen der Reflexion und der 
Brechung. Das Reflexionsgesetz wird nicht nur für ebene Spiegel, sondern 
auch für Hohl- und Konvexspiegel von sphärischer, zylindrischer und 
parabolischer Form als gültig bewiesen. Der Irrtum der alten Optiker, 
daß der Brennpunkt eines Hohlspiegels im Mittelpunkt liegt, wird be- 
seitigt, seine Lage in der Mitte zwischen Mittelpunkt und Spiegel erkannt 
und sogar festgestellt, daß dies für kugelförmige Hohlspiegel nur: an- 
genähert richtig ist. Al Hazen kennt sogar schon die Längenabweichung 
des Brennpunktes und zeigt, daß nur bei parabolischen Spiegeln die parallel 
der Achse auffallenden Strahlen sich geometrisch genau in einen Punkt 
vereinigen. 
Nach Ptolemäos’ Vorgange untersuchte Al Hazen auch die Brechung 
des Lichtstrahls beim Übergange von Luft in Wasser, stellte zu jedem 
Einfallswinkel den Brechungswinkel fest, und widerlegte die Annahme 
eines konstanten Verhältnisses zwischen beiden als nur für kleine Winkel 
annähernd richtig. Wichtig ist es, daß er erkannte, daß der einfallende 
und der gebrochene Strahl mit dem Einfallslot in einer Ebene liegen. Seine 
Untersuchung der Brechungs- und Reflexionserscheinungen an Glas- 
oder Wasserkugeln führte ihn zu dem Satze: Bei jeder durchsichtigen 
Kugel werden parallele Sonnenstrahlen in einem Punkte vereinigt, dessen 
Entfernung von der Kugel kleiner als ein Viertel des Durchmessers ist. 
Die Erscheinungen der Vergrößerung von Sonne und Mond in der Nähe 
des Horizonts, der Dämmerung und der astronomischen Refraktion wurden 
schon von Al Hazen richtig erklärt. Seine Berechnung der Höhe der Atmo- 
sphäre aus der Dämmerungsdauer zu etwa sechs Meilen vernachlässigt 
aber die astronomische Refraktion. Die Fortsetzung seiner Studien über den 
Gang der Sonnenstrahlen durch eine Wasserkugel führte seinen Kommentator 
Al Farisi schließlich im 13. Jahrhundert zur Erklärung des Regenbogens. 
Pahl, Geschichte des math. und naturw. Unterrichts. 
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