51
Auf dem Gebiete der Naturbeschreibung haben die Araber keine so
nachhaltigen Spuren ihrer kulturfördernden Tätigkeit hinterlassen. Wohl
erweiterten die ausgedehnten Reisen, die arabische Gelehrte, wie Massudi
und Bethuta machten, ihre Kenntnis der Tierwelt und Pflanzenwelt;
doch kommen sie in ihrer Zoologie und Botanik nicht über den Stand-
punkt des Aristoteles und Theophrast hinaus, und ihre „botanischen Gärten‘‘
dienten mehr heilkundlichen als rein naturwissenschaftlichen Zwecken.
Diese Reisen, durch die Innerasien und China in den Gesichtskreis der
Kulturwelt gelangten, kamen auch der Erdkunde zugute, die über die
Kenntnis der Mittelmeerländer hinauszugehen begann. Dabei dehnten
die arabischen Reisenden ihre der Länderkenntnis dienenden Reisen nicht
nur nach dem Osten, sondern auch über das christliche Abendland aus,
so daß wir aus arabischen Berichten wertvolle Aufschlüsse über deutsche
Städte der damaligen Zeit, wie z. B. über Fulda, Köln, Mainz erhalten.
An drei Stellen kommen die Araber, die wir als die unmittelbaren
Erben der Bildungsschätze des klassischen Altertums anzusehen haben,
mit dem christlichen Abendland in Berührung: in Spanien, in Sizilien und,
durch die Kreuzzüge, in Syrien und Palästina. Wenn auch der feindliche,
gewaltsame Zusammenstoß des Abend- und Morgenlandes in den Kämpfen
der Kreuzzüge sich bis in die nördlichsten Reiche des Abendlandes fühl-
bar machte und auf die abendländische Kultur ungemein fördernd ein-
wirkte, so vollzog sich die. Übermittelung der Wissenschätze doch in
den beiden andern Berührungsstellen. Nach Spanien begaben sich die
gelehrten Mönche, um die Schätze arabischer Weisheit kennen zu lernen,
arabische Werke ins Lateinische zu übertragen. Ja, es entstand dort unter
dem Erzbischof Raimund (um 1140) in dem den Arabern entrissenen
Toledo eine richtige Übersetzungsschule, in der namentlich die arabischen
Übersetzungen der Werke des Aristoteles sowie auch des Euklid und
Ptolemäos neben arabischen Originalwerken in die lateinische Sprache
übertragen wurden. Ebenso eifrig sorgte in Sizilien der Hohenstaufe
Friedrich II. für die Übertragung des Almagest, der Zoologie des Aristoteles
sowie von dessen philosophischen Schriften. Der Kaiser selbst pflegte die
Mathematik und die Naturwissenschaften eifrig; wie sehr die Bildung
und die Kultur der Araber der des Abendlandes überlegen war, zeigt
sich auch darin, daß Friedrich IL, der große „Imbarur‘, wie ihn die
Araber nennen, eine Gesandtschaft nach Mossul sandte, um die Lösung
einiger schwieriger mathematischer Aufgaben zu erfragen.
Während die Araber unmittelbar aus dem Wissensborn der alten
Griechen schöpften, bilden spätlateinische Sammelwerke, wie die Satira
des Martianus Capella (470 n. Chr.), die Enzyklopädie: De artibus ac
disciplinis liberalium artium des Cassiodor (480—570), die „Origines‘“ des
Isidor von Sevilla (570—636), die Arithmetik, Musik, Geometrie und
4%