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I. Abschnitt: Altertum und Mittelalter,
in erster Linie dazu, eine möglichst korrekte Ausgabe des ptolemäischen
Almagest herzustellen, frei von den vielen Fehlern und Entstellungen,
welche durch die doppelte Übertragung aus dem Griechischen ins Ara-
bische und aus dem Arabischen ins Lateinische hervorgerufen waren.
Die Vollendung dieser Lebensaufgabe war um so schwieriger für ihn, als
er selbst des Griechischen nicht kundig war. Nach Herausgabe der ersten
sechs Bücher des Almagest unterbrach er daher seine Arbeit und reiste
auf das Anraten des Kardinals Bessarion®!) nach Italien, um dort erst
das Griechische zu erlernen, allein auf der Reise dorthin starb er in den
Armen Regiomontans. Dieser setzte, treu dem Versprechen, das er
seinem sterbenden Lehrer gegeben hatte, dessen Lebensarbeit fort, er-
lernte in Italien-das Griechische und kehrte erst sieben Jahre später, nach
Herausgabe der letzten sieben Bücher des Almagest, nach Deutschland
zurück. Er trug sich mit dem großartigen Plane, von allen mathemati-
schen Werken der alten Griechen ähnliche kritische Ausgaben zu ver-
anstalten, doch hinderte auch ihn sein früher Tod an der Ausführung
seines Vorhabens.
Die mathematischen Arbeiten dieser beiden Männer kamen nament-
lich der Astronomie und ihrer wichtigsten Hilfswissenschaft, der Trigono-
metrie, zugute. Peurbach erfand ein neues Instrument zur Ermittelung
der Tangente eines beobachteten Winkels, das „Quadratum geometricum“‘,
das mehr als zweihundert Jahre lang für astronomische Messungen gute
Dienste geleistet hat. Seine Beobachtungen zeigten ihm die Unzulänglich-
keit der damals vorhandenen Planetentafeln, die um 1250 auf Veran-
lassung des Königs Alfons von Kastilien von einer Anzahl von Gelehrten
berechnet worden waren und nach ihm die Alfonsinischen Tafeln heißen.??)
Er erkannte auch die Notwendigkeit genauerer trigonometrischer Tabellen
und gab selbst eine Sinustabelle heraus, die von 10’ zu 10’ fortschreitet,
während die Araber nur eine nach Viertelgraden fortschreitende Tafel
gehabt hatten. Regiomontan setzte auch hier die Arbeiten seines Lehrers
fort, indem er zwei Sinustafeln von Minute zu Minute berechnete, die eine
für den Halbmesser 6000000, die andere für den Halbmesser 10000000.
Durch Anwendung der letzteren gewann er eine rein dezimale Unterteilung,
wodurch die Einführung der Dezimalbrüche vorbereitet wurde. An die
Stelle der Alfonsinischen Tafeln schuf er seine „Ephemeriden‘‘, die 1473
in Nürnberg erschienen und die Längen und Breiten des Mondes sowie
die Längen der Sonne für die Jahre 1473—1506 enthielten. In seiner
Trigonometrie, die erst 1533 durch Johann Schöner in Nürnberg unter
dem Titel: De triangulis omnimodis libri quinque herausgegeben wurde,
finden wir eine Darstellung der ebenen und der sphärischen Trigonometrie,
die schon im wesentlichen die heutigen Züge trägt; sie machte das Abend-
Jand zuerst mit der Tangens-Funktion bekannt, und in ihr findet sich auch