Full text: Geschichte des naturwissenschaftlichen und mathematischen Unterrichts (1. Band)

68 
I. Abschnitt: Altertum und Mittelalter. 
mehr aus, es begann eine äußere Lostrennung ‚der schola ’exterior, die 
auch deswegen nicht ungern gesehen wurde, weil man den störenden Ein- 
fluß der weltlichen Studien auf das Mönchsleben fürchtete. So erwuchsen 
in Bologna, Paris und Cambridge aus den Klosterschülen heraus, räumlich 
von ihnen getrennt aber doch unter der geistlichen  Oberaufsicht eines 
Kanzlers stehend, neue, erweiterte höhere Bildungsanstalten, die den 
Namen studium generale oder universitas erhielten. Ein besonderes 
Gründungsjahr 1äßt sich für keine der drei Universitäten, ebensowenig wie 
für die Oxfords, angeben. Jedenfalls waren die vier ältesten Universitäten 
Europas Bologna, Paris, Cambridge und Oxford schon in der zweiten 
Hälfte des 12. Jahrhunderts als solche vorhanden.‘ Im 13. Jahrhundert 
machte sich das Bedürfnis nach mehr Universitäten fühlbar, und so ent- 
stehen in Italien die Universitäten zu Padua (1222), Neapel (1224), Salerno 
(12057), Pavia und viele andere, in Frankreich Orleans (1220?), Toulouse 
(1228), in Spanien Salamanca (1250), Coimbra (1265?). Deutschland folgt 
im 14. Jahrhundert mit Prag (1348), Wien (1365), Heidelberg (1386), Köln 
(1388), Erfurt (1392), im 15. Jahrhundert mit Leipzig (1409), Rostock (1419), 
Greifswald (1456), Trier (1457), Basel (1459), Ingolstadt (1472), Tübingen 
(1477) und Mainz (1477). Alle diese werden direkt als Universitäten ge- 
gründet, erhalten ihre Stiftungsurkunden und Privilegien von den Landes- 
fürsten und werden vom Papste bestätigt. Im ganzen Mittelalter unter- 
stehen die Universitäten der Oberaufsicht der Kirche, wird auch das Lehr- 
amt an ihnen fast ausschließlich von Geistlichen verwaltet. Mit dem Auf- 
blühen der Universitäten beginnt die Bedeutung der Klosterschulen zu 
sinken; an den neuen Bildungszentren übernimmt die facultas artium den 
Unterricht im Trivium und Quadrivium; diese Artistenfakultät, die jeder 
Student erst zu durchlaufen hatte, ehe er sich juristischen, medizinischen 
oder theologischen Studien zuwenden konnte, vertritt an den mittelalter- 
lichen Universitäten unsere heutigen Vorbereitungsanstalten, und das 
damalige Bakkalariatsexamen entspricht dem jetzigen Abiturienten- 
examen. Dies macht es unerläßlich, den Betrieb der Mathematik und 
Naturwissenschaften auf den mittelalterlichen. Universitäten kurz zu 
charakterisieren. 
In den ältesten außerdeutschen Universitäten kann im 13. Jahrhundert 
das in den Vorlesungen über das Quadrivium Gebotene sich kaum von dem 
unterschieden haben, was in den Klosterschulen behandelt wurde. Wir 
besitzen. darüber keine zuverlässigen Nachrichten.‘ Wohl heißt es bei der 
Gründung der Universität Neapel durch Friedrich Il., daß auch ein‘ Pro- 
fessor der Physik angestellt worden ist, wir erfahren sogar seine Besoldung, 
20 Unzen Gold zur Zeit Karls v. Anjou, allein wir wissen nichts über 
den. eigentlichen Inhalt‘ seiner Vorlesungen. Aller Wahrscheinlichkeit 
nach hatte er über. die Physik des Aristoteles zu lesen, dessen Schriften
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.