Methodische Hilfsmittel des Unterrichts. 135
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ein Stück Forscher statt als eine Art Rechenknecht oder Dolmetscher
fremder Gedanken! Die Resultate der Messungen werden freilich fehlerhaft
sein. Aber das ergibt dann die weitere Arbeit, und nicht die unwichtigste,
die Fehlerquellen zu erkennen und die Fehlergrenzen zu bestimmen...
Daß nun im Unterricht nur die wichtigsten Messungen vorgenommen
werden können, ‚versteht sich von selbst. Aber ich möchte sie, der Prägnanz
und der Bedeutung wegen, dem Lehrer vorbehalten wissen, wenn er sich
auch dabei von seinen Schülern unterstützen lassen und in heuristischer
Unterrichtsform ihre Mitarbeit heranziehen wird.“
Auch die Chemie ist eine quantitative Wissenschaft. Wollte sie auf
Messungen verzichten, so würde sie rein beschreibend sein; sie würde auf
ihren wesentlichsten Arbeitsgebieten aufhören, induktiv zu untersuchen
und müßte damit ihre Gleichberechtigung mit Physik einbüßen, sie wäre
nicht mehr die Grundlage aller anderen Naturwissenschaften. Obwohl
also quantitative Versuche im chemischen Unterricht eigentlich selbstver-
ständlich sein müßten, war des Verfassers im Jahr 1908 erschienene ‚„,Unter-
stufe für den Unterricht in Chemie‘) das erste Schulbuch, in welchem
wirklich auch in bemerkenswertem Umfang quantitative Versuche ver-
langt und durchgeführt wurden. Neuerdings, z. B. in den Lehrplänen
Sachsens, Bayerns und Badens, wird aber die quantitative Unter-
suchung ausdrücklich vorgeschrieben.
Das vielfach als erster und einziger quantitativer Versuch gewählte
Beispiel von der Synthese des Schwefeleisens, auf welchem später das
ganze Lehrgebäude von den Atomen und den Atomgewichten, von allen
Folgerungen der allgemeinen Chemie sich aufbauen‘ soll, ist als Schul-
versuch durchaus nicht einwandfrei. In einem neueren Schulbuch wird
z. B. die einfache Notiz gegeben: Man mischt Schwefelblumen und Eisen-
pulver im Verhältnis 4:7 und erhitzt im Probierglas bis zum Beginn
der Reaktion, wobei das Schwefeleisen entsteht, Hierauf wird behauptet,
niemals aber bewiesen, daß nur im genannten Verhältnis eine wirk-
liche Vereinigung beider Elemente eintrete. In dieser Form vermag der
Versuch weder zu überzeugen, noch ist er überhaupt beweiskräftig. Zum
wenigsten müßte er gestützt werden durch andere quantitative Versuche
synthetischer oder analytischer Art. Denn der Schüler braucht bloß den
Versuch zu wiederholen, indem er Schwefel und Eisen im Verhältnis 1: 2
mengt und genau wie bei dem Schulversuch in Reaktion bringt. Er wird
weder selbst einen Unterschied im Verlauf der Reaktion beobachten
können, noch der Lehrer. Das fertige Produkt sieht in beiden. Fällen
trotz seiner verschiedenen Zusammensetzung das eine Mal aus wie das
andere, Es wird vom Magneten angezogen und entwickelt ein übelriechen-
des Gas, genau wie das vom Lehrer nach angeblich richtig&m Verhältnis
dargestellte. Daß in dem vom Schüler erhaltenen Schwefeleisen noch 9%