Vorschläge zur Behandlung der Unterstufe. 221
leicht zerbröckelnd, glanzlos.und von weißer Farbe, oftmals mit einem
leichten Stich ins Gelbe. In einem trockenen Schälchen werden sie mit
einem Tropfen Wasser unter Vermeidung jeden Überschusses abgelöscht.
Die bald auftretende Reaktionswärme wird meistens zuerst an der Dampf-
entwicklung wahrgenommen; diese gibt Veranlassung, auch unmittelbar
mit der Rückenfläche der Hand die Wärmeerscheinung zu prüfen. Das
Auftreten von Wärme beweist, daß der gebrannte Kalk stofflich ver-
schieden ist von dem ungebrannten. Das Brennen bewirkte also eine
Änderung des Stoffes: es war ein chemischer Prozeß. Hier kann
als allgemeines Ergebnis ausgesprochen werden, daß physikalische Vor-
gänge schon in ihrem Verlauf meistens recht sinnenfällig wahrgenommen
werden können, daß dagegen chemische Prozesse sich oft erst nachträglich
aus Reaktionen verraten. Eine solche Reaktion auf gebrannten Kalk
ist die Wärmewirkung mit Wasser. Auch hier ist wieder darauf aufmerksam
zu machen, daß die Versuchsergebnisse mit Kalkstein und Marmor stets
die gleichen sind.
Das Produkt, welches aus dem gebrannten Material mit Wasser er-
halten wurde, rühren die Schüler mit 2—3 Tropfen Wasser zu einem dicken
Brei an und lassen es bis zur folgenden Stunde in ihrem Arbeitsschrank
stehen. Damit soll, wenn das überschüssige Wasser verdunstet ist, von
neuem Wasser angerührt werden; das Ausbleiben jeder Wärmewirkung
Jlient als Beweis dafür, daß der trockene gelöschte Kalk nicht mehr die
Substanz des gebrannten Kalkes ist. Also ist auch das Ablöschen selber
ain chemischer Vorgang gewesen.
Das Ablöschen wird jetzt nochmals in etwas größerem Maßstab voll-
zogen. Jeder Schüler erhält je ein nußgroßes Stück frischgebrannten
Kalkes, wie er auf Bauplätzen Verwendung findet. Derselbe wird aus
einem Probierglas so lange mit Wasser betröpfelt, bis er äußerlich feucht
erscheint; bei der bald eintretenden Reaktion wird er in eine kleine Por-
zellanschale gelegt. Die Erscheinungen des Warmwerdens, des Aus-
stoßens von Dampf, das Zerbröckeln und damit die starke Volumvermeh-
rung werden notiert. Das staubfeine Pulver wird in seiner Hauptmenge
dem Lehrer abgeliefert, welcher dasselbe in einer flachen Schale in den
Trockenkasten schiebt, um es von dem überschüssigen Wasser zu befreien;
in der folgenden Stunde soll dasselbe weiter verarbeitet werden.
Ein kleiner Teil davon wird inzwischen mit etwas mehr Wasser zu
dem dicken, zähen Brei angerührt, wie ihn die Maurer verwenden. Kalk-
mörtel ruft bekanntlich auf empfindlichen Kleiderstoffen Flecken hervor
und zerstört sogar die Faser der Gewebe. Anknüpfend an diese Erfahrung
des Alltaglebens läßt der Lehrer einen Versuch mit gefärbtem dünnem
Baumwolltuch ausführen. Zu diesem Zweck hatte er schon einige Tage
vor der Unterrichtsstunde ungefärbten billigsten Schirting mit Heidel-