432
Besonderer Teil,
Holzschliff bisher nicht ausgeführt wurde, kann sie jetzt nachgeholt wer-
den. Salizylsäure besitzt die antiseptischen Eigenschaften des Phenols.
Daß sie auch in der Zusammensetzung mit diesem verwandt ist, beweist das
Verhalten beim Erhitzen: der Geruch nach Phenol tritt auf, und gleich-
zeitig entweicht Kohlendioxyd. Diese Spaltung durch Hitze ist die unmittel-
bare Umkehr der in der Technik angewendeten Kolbeschen Synthese. Auch
die Eisenchloridreaktion tritt noch ein, genau wie mit Phenol. Eine Lö-
sung von Gerbsäure läßt man auf Eisenchlorid einwirken, ebenso auf
Leimwasser. Phtalsäure wird im trockenen Probierglas sublimiert, mit
Lauge aufgenommen, das entstehende Salz durch Säure wieder zerlegt.
Aus Phtalsäureanhydrid und Phenol bereiten Schülergruppen durch
Kondensation mit Chlorzink Phenolphtalein; ein Ersatz des Phenols durch
Resorcin führt zum Fluorescin, der Stammsubstanz des Eosins.
Im Laufe dieser Untersuchungsreihe sind nun schon eine ganze Anzahl
einfacher Farbstoffe in ihrem natürlichen Zusammenhang aufgetreten.
Schreibt der Lehrplan ausdrücklich eine Behandlung der Farbstoffe als
geschlossene Einheit vor, so läßt sich das bereits Behandelte sofort sammeln.
Als Übergang dazu dient die Überlegung: Pikrinsäure färbte Wolle, ver-
mochte aber Baumwolle nicht zu färben. Die Schüler führen jetzt mit
Fuchsinlösung folgenden Versuch aus: Ein Baumwollfaden wird in einer
stark verdünnten Gerbsäurelösung gekocht, darauf in eine Lösung von
Brechweinstein gelegt. Diesen Vorgang nennt man das Beizen. Nun wird
ein Woll- und ein ungebeizter Baumwollfaden in der Fuchsinlösung er-
wärmt, wobei nur die Wolle sich färbt. Darauf wird der gebeizte Faden
ebenfalls in das Farbbad gebracht und nimmt jetzt die Farbe waschecht
auf. Aus diesem Vorgang entnehmen die Schüler, daß zweierlei Grup-
pen von Farbstoffen denkbar sind, solche für Wolle und solche für
Baumwolle, Ferner ersehen sie daraus, daß ein und derselbe Farbstoff sich
gegen die Faser verschieden verhält, je nachdem, ob dieselbe gebeizt oder
ungebeizt war. Auch die Art des Beizens ist von Einfluß auf die Färbung.
Als Versuch wird eine Ausfärbung mit Alizarin auf verschieden vor-
behandelten Baumwollstoffen ausgeführt. Als eine neue Farbstoffgruppe
wird diejenige der Azofarben eingeführt. Das einfachste Beispiel dürfte die
Diazotierung irgendeiner Amidosulfosäure oder auch eines Amins (Anilin)
und nachherige Kupplung mit dem sog. R-Salz (2-Naphtol-3-6disulfosaures
Natrium) sein. Mit Rücksicht auf die rein mechanische Operation, für
welche den Schülern gar keine theoretischen Erklärungen gegeben werden
können, empfiehlt sich die Ausführung als Demonstrationsversuch. Ein
anderes einfaches und dabei instruktives Beispiel ist die Diazotierung von
Sulfanilsäure (p-Anilinsulfosäure) und Vereinigung mit Dimethylanilin;
in essigsaurer Lösung entsteht die violett auskristallisierende freie Farb-
Säure, beim Neutralisieren mit Sodalösung das als Indikator gebrauchte