Full text: Allgemeiner Teil (6. Band, 1. Teil)

Mittel zur Erreichung des Zieles. 
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führungen A. Heims} über die Luftfarben in der Natur und halte daneben die 
allgemeinen Gefühlsäußerungen des schlichten Mannes beim Anblicke eines 
schönen Abendrots. Vom Schönen führt der Weg über das Erhabene zum 
Religiösen — auch der Erdkundelehrer hat Gelegenheit, religiöse Stim- 
mungen auszulösen, aber er darf solche Gelegenheit nicht an den Haaren her- 
beiziehen. Wichtiger erscheint für ihn die Anerziehung sittlicher Gefühle 
und Werturteile, zu der er namentlich durch den Vergleich der verschie- 
denen Völker und ihres Kulturlebens gedrängt wird. 
Alles in allem: der Erdkundeunterricht verfolgt nicht nur seine rein wissen- 
schaftlichen, sachlichen Ziele, sondern er beansprucht volle Anerkennung 
auch als Bildungsmittel aller geistigen und sittlichen Kräfte der 
Schüler. Ganz besonders, mehr als viele andere Fächer kann und soll er 
ausbilden: .die Beobachtungsgabe, die Phantasietätigkeit, die 
Fähigkeit zum Herausarbeiten des Begrifflichen, Typischen, 
das ursächliche Denken, das Gefühl für Naturschönheit, Vater- 
landsliebe. Und wir wehren uns mit aller Entschiedenheit gegen die Auf- 
fassung vieler Pädagogen, daß es einen besonderen Gesinnungsunterricht 
gibt, der die sittliche, die Charakterbildung der Schüler in Erbpacht nimmt, 
während der übrige „Real‘“unterricht lediglich im Übermitteln von Wissen- 
stoffen seine Aufgabe sieht! 
2. Mittel zur Erreichung des Zieles, 
A, Naturanschauung, 
Wenn die Vertreter der Ansicht, daß Erdkunde reine Naturwissenschaft sei, 
Ernst machen wollen mit ihrer Durchführung, so müssen sie vor allem die 
Grundbedingung alles naturwissenschaftlichen Arbeitens, die der Natur- 
beobachtung, erfüllen. In diesem Punkte wird in unserem gesamten Schul- 
leben unglaublich viel gefehlt. Jeder Lehrer möge sich täglich und stündlich 
darüber klar werden, wieviel in unserem Schulbetrieb an Erfahrungen „vor- 
ausgesetzt‘ wird. „Das wißt ihr“, „das ist allbekannt‘‘, das ist in dem oder 
jenen Unterrichtsfach „dagewesen‘‘, „das steht im Lesebuch‘‘, „das habt ihr 
auf einem Ausfluge sicher schon gesehen‘ — mit diesen Redensarten, die aus 
Bequemlichkeit und Selbsttäuschung hervorgehen, sündigen wir alltäglich 
gegen den viel gedruckten, wenig befolgten Grundsatz: Anschauung ist das 
Fundament ‚aller Erkenntnis. 
Die Erdkunde steht freilich bei Anerkennung dieses Grundsatzes noch 
größeren Schwierigkeiten gegenüber als die Naturwissenschaft. Man kann 
‘ Alb. Heim, Luftfarben. Zürich, Hofer & Co. 1912. Weitere Beispiele in: Ratzel, Über 
Naturschilderung. München, Oldenbourg. 3. Aufl. 1911. — Ders., Die Wolken in der 
Landschaft. — Ders., Das Wasser in der Landschaft. (Kleine Schriften von F. Ratzel, 
herausgegeben von H. Helmolt. München 1906.)
	        
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