Allgemeines über Freiluftunterricht. 107
Pflanzen unter dem Einflusse der gleichen Lebensbedingungen schafft!. Von
der ursprünglichen Landschaft schreiten wir zur Kulturlandschaft. Der
Mensch steigert die Bodenerträge, je besser er die Auswahl der Kulturge-
wächse den gegebenen Bedingungen anpaßt. So stößt uns fortwährend die
Frage auf: Warum ist hier Buchenwald, dort Kiefernforst, warum hier Wiese,
dort Weizenfeld, da Weinbau?
Ein weiteres Teilgebiet der Erdkunde, das nur durch fortgesetzte Beob-
achtung im Geiste der Schüler Wurzel schlagen kann, ist die Klimalehre,
Lange bevor die physikalische Unterweisung über die Atmosphäre einsetzt,
ehe das tiefere Verständnis der Wetterkarten erstrebt wird, muß der erd-
kundliche Unterricht mit den klimatologischen Grundgesetzen arbeiten. Da
hilft nur selbsttätige Beobachtung der Elemente der Witterung. Thermo-
meter, Barometer, Regenmesser, Wetterfahne müssen frühzeitig in
den Gesichtskreis der Schüler kommen, Die eigenen Beobachtungen der
Schüler werden in Tabellen gebracht, zu Mittelwerten. und Kurven ver-
arbeitet. Dazu kommen gelegentliche Beobachtungen über Wärmeunter-
schiede im Gebirge und im Tiefland, über die Dauer der Schneedecke und
ähnliches.
Auch die Geographie des Menschen bietet reiche Gelegenheit zu
eigenen Beobachtungen. Die alten Verkehrswege in ihrem engen Anschmiegen
an die Naturbedingungen, die kühnere, Hindernisse wegräumende Führung
der neuen Eisenbahnen, die Anlage von Siedelungen?, geschichtliche und
natürliche Bedingtheit eines Stadtplanes, die bodenständige Beschäftigung
der Bewohner, Hafen- oder Bahnhofsanlagen — alles dies gehört in das Beob-
achtungsgebiet des Geographen.
Zum Schlusse noch einiges Unterrichtstechnische über den Freiluft-
unterricht. Wann und wie. oft sollen wir Lehrausflüge ansetzen? Die Ant-
wort kann nur lauten: In allen Klassen und so oft als irgend mög-
lich! Es wird uns bei allem Eifer doch nie gelingen, gegenüber der unge-
heuren Wucht des Wortwissens in unseren Schulen ein wirksames Gegen-
gewicht durch den Anschauungsunterricht im wahrsten Sinne des Wortes zu
schaffen. Nicht auf allen Klassenstufen ist allerdings das Bedürfnis nach
Naturbeobachtungen gleich stark: am stärksten wohl im Heimatkundeunter-
richt der Sexta, im Geologieunterricht der U II und auf. der ganzen Oberstufe®,
* Vgl. hierzu die überaus anregenden pflanzengeographischen Karten und Aufsätze über
das Hochmoor bei Zinnwald, die Sandsteinformation am Zschirnstein und die pontische
Flora bei Meißen von Drude. Abhandl. d. V. f. Erdk. Dresden 1908. .
? Wertvolle Anregungen zu siedelungsgeographischen Schulwanderungen bietet: H.
Fischer, Über Ausflüge in der märkischen Heimat. Mitt. d. Pr. Haüptstelle f. d. nat.
Unt, 1919,
? H. Fischer hat aus seinen Erfahrungen in der Weltstadt heraus wenig Liebe für die
Ausflüge der Unter- und Mittelstufe übrig. Er will hier dem Biologen, Geologen, Zeichen-
jehrer, dem Turn- und dem Klassenlehrer den Vortritt lassen. Natürlich sollen alle diese