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Das Relief,
Wenn wir uns mehr dem streng wissenschaftlichen Standpunkte nähern
wollen, ohne dabei völlig ausdruckslose Reliefs in unsere Sammlung aufzu-
nehmen, ergibt sich von selbst folgender Ausweg: Man schaffe Reliefs
von engbegrenzten Landschaften an und bevorzuge auch unter
diesen die Gebiete mit bewegten Geländeformen. Am wenigsten
Lehrwert besitzen Reliefgloben und plastische Erdteil- oder Weltkarten. Daß
selbst bei der Darstellung engbegrenzter :Gebiete die Überhöhung recht
störend werden kann, möge der Lehrer an dem sonst guten Relief des Riesen-
gebirges von Neynaber (Mittler & Sohn, Berlin) prüfen, das bei nur doppelter
Überhöhung teilweise recht‘ unnatürliche Formen (Koppe, Riesengrund,
Melzergrund) zeigt. ‘
Welche Reliefs‘ sollen in.erster Linie angeschafft werden?
l. Solche zur ersten Einführung in das Kartenverständnis.
Nichts macht dem Sextaner mehr Schwierigkeiten als das Verständnis für
die Geländedarstellung auf-der Karte. Hier muß — abgesehen von der Natur-
anschauung — von plastischen Formen: ausgegangen werden. Man kann sich
zur Not helfen mit einfachsten Modellen, Gipsformen von Kegel und Halb-
kugel, Tongebilden, halbierten Kartoffeln. Will man aber bis zum Verständnis
der Höhenlinien führen, so wird ein:käufliches Modell nicht zu entbehren sein.
Ein solches, von P. Wagner bearbeitet, bringt der. Lehrmittelverlag Paul
Göhre, Leipzig, in den Handel. Es ist eine aus Holz geschnitzte Bergform, die
sich in einzelne Höhenschichten auseinanderlegen läßt. An dieser Form lassen
sich zunächst die Begriffe Fuß, Böschung, Gipfel, Grundriß, Längs- und Quer-
schnitt, Höhenlinie bequem entwickeln. Ein zweites Modell zeigt von dem
Holzberg lediglich die Höhenlinien, aus Draht geformt und auf Stufen in die
richtige Höhenlage gebracht. Das Gerippe steht auf zwei Grundbrettern.
Hebt man das obere, so senken sich die Höhenlinien hinab, bis sie dem matt-
schwarzen Brett wie eine weiße Kreidezeichnung an der. Wandtafel aufruhen.
Wenn man das obere Brett mit Hilfe von zwei Zapfen auf das untere steckt,
kommt es auch in die gleiche Lage wie die Wandtafelzeichnung. Acht Karten
und Profile werden den Modellen beigegeben; sie zeigen den Berg in den ver-
schiedenen Darstellungsarten. (Preis beider Modelle und der acht Karten
44 Mk. Vgl. Tafel 3.)
2. Einzelreliefs aus der Heimat. Der Hauptwert der Heimatreliefs
liegt darin, daß sie der schematische Ausdruck eines Geländes sind,
das der Schüler aus eigener Anschauung kennt. Nur an ihnen läßt
sich. der doppelte Vorgang in der Seele des Kindes auslösen: 1. Vereinfachen
des geschauten Naturbildes durch Hinwegdenken störender Einzelheiten,
2, Hineinlesen des Pflanzenkleides und Siedelungsbildes in das Relief unter
Zuhilfenahme eigener Erinnerungen. In den meisten Fällen können Heimat-
' Man vergl. die interessante Zusammer.stellung verschiedener Abbildungen des Coto-
paxi in: Hans Meyer, In den Hoch-Anden von Ecuador. Berlin 1907.