Full text: Allgemeiner Teil (6. Band, 1. Teil)

Vorschläge für den Unterstufenatlas. 
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Auch hier stoßen wir auf die rein äußerliche Schwierigkeit, ob der Buch- 
handel eine schulmäßige Heimatkarte zur Verfügung stellt. Man hat ver- 
sucht, das amtliche Meßtischblatt für diesen Zweck zu benutzen, und die 
Behörden sind durch billige Abgabe von Umdrucken dem Verlangen der 
Schulen entgegengekommen. Aber für die Unterstufe paßt dies Blatt mit 
seiner wissenschaftlichen Genauigkeit, seiner Fülle von Symbolen und topo- 
graphischen Einzelheiten, seiner schwierig lesbaren Geländedarstellung 
zweifellos nicht. Namentlich in Volksschulkreisen hat man sich deshalb viel 
Mühe gegeben, einfachere Kartenbilder der Schulbezirke für die Hand der 
Kinder zu schaffen!. Welche Anforderungen sind an eine solche Heimatkarte, 
als an das erste eigentliche kartographische Lehrmittel, zu stellen ? 
Mit einer rein mechanischen Verallgemeinerung des Meßtischblattes ist 
es nicht getan. Man wird vielmehr die genaue Linienführung hier bieten, da 
weglassen, hier vergröbern, dort stärker herausheben. Das Flußnetz kann am 
ehesten vollständig gezeichnet werden; es ist vom Schüler am leichtesten nach 
zuprüfen und bildet für die weitere Zeichnung das brauchbarste Grundgerüst. 
An Wegen wird man sparen. Es gehört nıcht zu den Aufgaben der Unterstufe, 
eine Sicherheit im Wandern nach der Karte zu erzielen. Das mag später bei 
der Behandlung des heimatlichen Meßtischblattes erstrebt werden. Zunächst 
handelt es sich mehr um den umgekehrten Gedankenvorgang: um den Weg 
von der Sache zum Zeichen, also um ein nachträgliches Aufsuchen von 
Einzelheiten, die vorher in der Natur geschaut worden sind. Deshalb be- 
gnügen wir uns mit der Darstellung der Bahnen, der Hauptstraßen und 
weniger, für Wanderungen besonders beliebter Nebenwege. Die Orte werden 
im natürlichen Umriß, am besten in roter Flächenfarbe (neben blauen Ge- 
wässern und schwarzen Verkehrswegen) gegeben. 
Am schwierigsten ist die Frage nach der Geländedarstellung zu be- 
antworten.‘ Hier liegen Pädagogik und Wissenschaft noch immer im Streite. 
Nach den bisher entwickelten Grundsätzen kann aber unsere Stellungnahme 
nicht zweifelhaft sein: Auf der Anfangsstufe hat ausschließlich die 
Pädagogik zu entscheiden — selbst wenn €S auf Kosten der 
wissenschaftlichen Genauigkeit geschehen sollte. Wir brauchen 
eine Geländedarstellung, die anknüpft an unsere Übungen im Formen, die 
reliefmäßig wirkt und mit dem geringsten Aufwand ‚von Abstraktion und 
mathematischer Ableitung verständlich ist. Das kann weder die Höhenlinie, 
noch die Schraffierung mit senkrechter Beleuchtung sein, sondern nur die 
Schummerung mit schräger Beleuchtung. Es ist damit noch nicht gesagt, daß 
die Kulhnertsche Darstellung allein in Frage käme. Schon Kuhnerts zweites 
Gesetz — je höher, um so greller die Lichter, um so dunkler die Schatten — 
bietet eine neue Erschwerung. Die Schummerung kann in einem graubraunen 
ı Auf dem Deutschen Geographentage in Cöln 1903 forderte Reallehrer Steinel-Kaisers- 
Jautern einheitliche Heimatkarten für das gesamte Reichsgebiet. 
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