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Die Zeit vor Ritter.
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tragen, die man etwa zu erwähnen für gut findet, d. h. man gibt Verzeichnisse
der Gebirge, Flüsse, Seen usw., welche sich innerhalb der Staatengrenzen
finden, nach Art von Hausratsinventaren; man zählt die Landeserzeugnisse
auf, wie wenn es dem Inhalt von Speisekammern, Kellern und Ställen gelte;
man behandelt die Erzeugnisse der Gewerbetätigkeit und die Gegenstände
des Handels nach Art der Meßanzeigen.‘“ Was damals an erdkundlichem
Lehrstoff in die Schulen drang, das zeigen die weit verbreiteten Bücher von
Johann Hübner, Vater und Sohn: Den Liebhabern von geistlichen Studiis
wurden Nachrichten von den vielen Religionen, Kirchenverfassungen, Ketze-
reien, Konziliis u. a. geboten; zukünftige Politici erfuhren etwas über Situa-
tion, Größe, Nachbarn, Fruchtbarkeit, Regierungsform der Länder; Histo-
riker fanden alle Orte in specie, welche durch Schlachten, Belagerungen,
Friedensschlüsse, Sukzessionsstreite bekannt geworden. Für Moralisten wur-
den Tugenden und Laster der Einwohner beider Geschlechter freimütig be-
schrieben; für Gelehrte wurde allerhand von Universitäten, Akademien,
Schulen, gelehrten Sozietäten u. ä. eingestreut.
Man muß dieses Zeitbild in sich aufgenommen haben, um die Bedeutung
des Mannes recht zu würdigen, den wir als den ersten Vertreter wissenschaft-
licher Georgaphie anzusehen gewöhnt sind, Carl Ritter,
Zwar auch ein Ritter kam nicht wie ein Meteor. Bereits Joh. Chr. Gatterer
gab 1775 ein System der reinen Geographie nach der Gliederung: 1. Grenz-
kunde, 2. Länderkunde;, 3. Staatenkunde, 4. Menschen- und Völkerkunde.
Und sein Schüler Joh. Georg Müller erklärt: „Die Erdbeschreibung ist ein
Gemälde des Erdbodens, wie er ist und was der Mensch aus ihm zu machen
weiß und wagt; eine Beschreibung des Himmels, der Erde, der Menschen und
ihres Einflusses aufeinander.‘ Von ganz besonderer Bedeutung als Vorläufer
Ritters ist Joh. Goftfr. Herder (1744 — 1803). Als einer der eifrigsten Schüler
Immanuel Kants hatte er sich an dessen Vorlesungen über physische Geo-
graphie begeistert und den hohen Bildungswert der Erdkunde erkannt. Für
ihn waren Geschichte und Geographie unzertrennliche Schwesterwissen-
schaften; die Grundzüge der Bodenplastik deutete er als Richtlinien der
Völkergeschichte. Diese kausale Betrachtungsweise wurde allerdings durch-
tränkt von einer teleologischen Auffassung, zu der ihn Spinoza geführt hatte.
Herders „Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit“ bieten —
wenn auch mehr mit dichterischer Phantasie als sachlicher Kritik geschrieben
— reiche Anregungen für die Erkenntnis der Wechselbeziehungen zwischen
Geographie und ‚Geschichte.
So war der Boden bereitet, auf dem Carl Ritter (1779—1859)! sein Lebens-
werk aufbaute.
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* C. Ritter, Einleitung zur allgemeinen vergleichenden Geographie und Abhandlungen
zur Begründung einer mehr wissenschaftlichen Behandlung der Erdkunde. Berlin, Reimer
1852. .