Lehrbuch und Anschauungsmittel.
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Der Lehrer wird selbstverständlich den Boden für die Aufnahme des Neuen
vorbereiten, indem er bekannte Vorstellungen über die Bewußtseinsschwelle
des kindlichen Geistes emporhebt. Er knüpft die Betrachtung des Neuen
selbst je nach Bedarf bald an ein Wandbild oder ein Modell, bald an eine
lebendige Schilderung; er läßt Namen und Raumbild aus der Atlaskarte
finden, Jäßt die Schüler Ergänzungen und selbständige Schlüsse bieten, bis
endlich eine abgerundete Unterrichtseinheit erarbeitet ist und in guter Form
zusammengefaßt werden kann. Der Leitfaden überspringt diesen ganzen gei-
stigen Aneignungsvorgang; er stellt sich sofort auf die Stufe des „„Systems‘‘
nach Herbart-Ziller und läßt dem Lehrer freien Spielraum. Jeder tüchtige
Fachmann empfindet ein zu stark methodisch gefärbtes Schulbuch als eine
lästige Fessel; er will frei schaffen, und erst wenn es sich darum handelt, daß
der Schüler eine abgeschlossene Einheit selbständig nochmals durchdenke
und gedächtnismäßig sich einpräge, wird er das Buch heranziehen.
Gegen diesen Grundsatz verstoßen recht viele Lehrbücher — vielfach wohl
unter der Voraussetzung, daß nichtfachmännisch durchgebildete Geographen
in unseren Schulen häufiger sind, als man wünschen mag. Für solche Lehrer
ist allerdings eine etwas stärkere methodische Bindung durch einen er-
fahrenen Lehrbuchverfasser immerhin besser als völlige Lehrfreiheit.
Soll das Lehrbuch nicht an die Stelle des Lehrers treten, so müßte streng
genommen auch die Frageform ganz aus ihm verbannt werden. Das würde
zu weit gehen. Becker — und mit ihm ein Teil seiner Zeitschriftmitarbeiter —
hält drei Arten von Fragen sogar für besonders wünschenswert: 1. Sachfragen,
die auf die Karte hinweisen, 2. Verstandesfragen, die zum selbständigen Wei-
terverarbeiten des Stoffes, zum Aufstellen neuer Gesichtspunkte auffordern,
3. Wiederholungsfragen, die das Wissen in immer neue und umfassendere
Gruppen zusammenfassen.
2. Lehrbuch und Anschauungsmittel. Der erdkundliche Unterricht
ist auf größte Anschaulichkeit angewiesen; er tritt in diesem Punkte völlig
auf die Seite der Naturwissenschaft und kämpft im Bunde mit dieser gegen
jenes Wortwissen, das die Schule leider allzu sehr beherrscht. Trägt aber nicht
der Leitfaden dazu bei, Wortwissen heranzuzüchten? Läßt sich nicht vieles
von dem Darzubietenden besser durch Bilder in den Geist des Schülers
bringen? Der Gedanke ist nicht von der Hand zu weisen, und viele Lehr-
bücher bieten deshalb zahlreiche Bilderbeigaben. Das ist zweifellos ein großer
Fortschritt — vorausgesetzt, daß die Bilder nicht zum äußeren Schmuck
dienen, daß sie nicht vom Verlag planlos aus vorhandenen Vorräten ge-
nommen werden, sondern sich inhaltlich streng dem Text anpassen. ;
Man könnte sogar noch einen Schritt weiter gehen und den Leitfaden —
wenigstens auf der Unterstufe — ganz als Bilderbuch ausgestalten. Stellen
wir. uns z. B. einen lebensfrischen heimatkundlichen Unterricht in Sexta oder
eine erste Besprechung deutscher Landschaften vor: möglichst frei von
Wagner, Methodik des erdkundlichen Unterrichts. TI. 12