Lehrbuch und Atlas. 179
lagendruck. Andere Verfasser lassen die Originale als stark vereinfachte Strich-
zeichnungen ausführen, die nur das Wesentliche eindringlich bieten und gleich-
zeitig die Schüler zum Skizzieren nach der Natur anleiten. Gute Beispiele
hierfür finden wir in Rich. Lehmann, Erdkunde für Mittelschulen und ver-
wandte Anstalten (Leipzig, Teubner), sowie in Schmaler, Landeskunde von
Sachsen (Leipzig, Quelle & Meyer). Durch Vielseitigkeit der bildlichen Dar-
stellungen — nicht immer durch gute Technik — zeichnen sich die erdkund-
lichen Hilfsbücher von Harms aus.
3. Lehrbuch und Atlas. Schon mehrfach mußten wir betonen: das
wichtigste geographische Lehrmittel ist der Atlas, und wir for-
dern deshalb vom Leitfaden, daß er in keiner Weise von der Benutzung des
Atlas ablenke. Das geschieht trotz aller Kritik! noch immer reichlich, und H.
Fischers Wort ist nicht unberechtigt: „Die Lehrbücher sind heute vielfach nur
mehr oder weniger gute Übersetzungen aus der Zeichensprache der Karte in
unsere allgemeine Sprache.‘ Man lese folgende Sätze aus neueren Leitfäden:
„An der Kinzig liegen Schiltach, Wolfach, Hausach, Gengenbach. Die Werra
berührt die Kreise Schmalkalden und Hersfeld und durchfließt die Kreise
Eschwege und Witzenhausen. Der Fluß fließt erst westlich, dann nördlich,
dann im Bogen nach Westen.‘ Ist das nicht einfache Abschrift der Landkarte,
aber eine verschlechterte, weil sie dem Auge nur Worte bietet, nicht das
räumliche Nebeneinander der Karte? Die Fachkritik hat neuerdings oft und
scharf diesen Mißbrauch des Leitfadens getadelt, und es ist manches besser
geworden. Ja, einige Bearbeiter sind jetzt von einer wahren Angst erfaßt, im
Buche Namen zu nennen. Sie unterbrechen den Fluß ihrer Darstellung durch
eine unvermittelt eingeschobene Frage, durch den Hinweis: Siehe Atlas! Das
ist wohlgemeint, aber man möge nicht zu weit gehen und die Schönheit und
Klarheit des Satzbaues einem methodischen Grundsatz opfern! Im allge-
meinen mag das Buch möglichst wenig Namen enthalten; denn deren An-
häufung erschwert nur das Lesen, verleitet zu gedankenlosem Überfliegen
oder verschleiert das Wesentliche des Gedankenganges. Es ist Sache des
Lehrers, die Schüler dauernd zum Gebrauch der Karte anzuleiten, so lange
und so oft, bis es ihnen unmöglich ist, den Text ohne stete Benutzung einer
Landkarte zu lesen.
Wir können uns aber nicht mit dem Ausweg befreunden, daß das Lehrbuch
lediglich eine Anleitung zum Kartenlesen darstellt, wie es etwa Dennerf*
durchgeführt hat. Dennert stellt z. B. die Niederlande für Quinta in folgenden
Worten dar: Lage? — Grenzen? Bodenbeschaffenheit ? — Flüsse ? Beschreibe
die Rhein-Maas-Mündung! — Zeichnung! Hauptstadt nahe der Süder-See?
ı Man vergleiche z. B. die scharfe, mit Beispielen aus Pütz-Neumann, Pahde und Kirch-
hoff-Lampe belegte Kritik bei Bruhns a. a. O. Ferner: Seb. Schwarz, Atlas und Lehrbuch
in Erdkundeunterricht. Geogr. Zeitschr. 1924, S. 99. ;
3 E.Dennert, Lernbuch der Erdkunde, Gotha 1902. -
HF