190
= Verknüpfung des Stoffes.
Aber mit den Vergleichen ist das Wesen der Assoziation in der Erdkunde
nicht erschöpft. Namentlich die Riftersche Schule faßt den Ausdruck „ver-
gleichende Erdkunde‘ vielmehr als eine Verknüpfung der verschiedenen Tat-
sachenreihen unter dem Gesichtspunkte der Kausalität, der gegenseitigen
Begründung. Diese Behandlungsweise läßt sich freilich nicht mehr scharf als
Formalstufe von der Synthese trennen; sie bedingt die ganze Anordnung in
der Stoffdarbietung. Was für den Geographen ältester Schule ein rein äußer-
liches Schema war — die übliche Aufreihung von Lage, Grenzen, Größe,
Bodenform, Gewässer, Klima, Pflanzenwelt, Menschen —, das ist für die be-
gründend-vergleichende Erdkunde eine unzerreißbare Kette logisch zu-
sammengehöriger Vorstellungsgruppen. Daß hierin ein gewaltiger Fortschritt
nicht bloß wissenschaftlich, sondern auch rein psychologisch liegt, ist klar —
oft ist aber der Fortschritt mit so hohen geistigen Anforderungen verknüpft,
daß er dem Erzieher nicht immer anwendbar erscheint. Hier wird gerade von
den begeistertsten Schulgeographen vielfach gesündigt, indem Ursachenketten
mit den Schülern entwickelt, aus ihnen mit vielen Nachhilfen herausgequält
werden, die nur dem Reiferen voll verständlich sind. Schon Daniel sagte:
„Das vergleichende Element der Erdbeschreibung (im Ritterschen Sinne!)
dürfte durchaus nur höheren Bildungsstufen zugänglich sein.“ Und H. Fischer
warnt: „Trotz alles oft betonten Kausalhungers der Jugend können wir das
Knabenalter der Schuljahre im allgemeinen in eine erste Epoche der mehr
phantastischen Verknüpfung und eine zweite der mehr sachlichen Verknüp-
fung teilen. Erst wenn das phantastische Weltbild des Kindes unter dem Ein-
flusse der Erwachsenen, infolge eigenen Nachdenkens und durch fortwährende
Zufuhr neuer Eindrücke gegenständlich und gefüllt genug geworden ist, macht
sich aus Ordnungsbedürfnissen der Trieb nach Erkenntnis der Kausalität
stärker bemerkbar.“ Deshalb genügt es für die Unterstufe, wenn der rein
äußerlich genommene, anschauliche Vergleich, wie ihn obige Beispiele zeigten,
durchaus vorwiegt. Natürlich schließt das gelegentliche tiefere Verknüpfung
nicht aus; nur soll man nicht übermäßig Zeit verlieren, wenn der Schüler nicht
selbst auf die Spur kommt.
Wir besuchen z. B. eine Sandgrube mit ihrem wagerecht geschichteten,
gleichmäßig feinkörnigen Heidesand (Dresdener Elbtal). Der Lehrer läßt alles
Tatsächliche genau beobachten und wirft dann die Frage hin: Wie mag der
Sand hierher gekommen sein ? Die Schüler — Sextaner — fangen an zu raten,
zu streiten, bringen viel Törichtes, aber auch Gedanken, die der Wahrheit
nahe kommen. Diese unterstreicht der Lehrer durch seine Zustimmung, ohne
daß er ein abschließendes Urteil anstrebt oder selbst gibt.
Schließlich noch ein Wort über die Verknüpfung der einzelnen
Fächer! Je mannigfaltiger die gegenseitigen Beziehungen zwischen den Ein-
zelbestandteilen des Bewußtseinsinhaltes sind, um so leichter verläuft die
Reproduktion. Aus dieser Überlegung entspringt das Bedürfnis nach Kon-