Full text: Allgemeiner Teil (6. Band, 1. Teil)

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= Verknüpfung des Stoffes. 
Aber mit den Vergleichen ist das Wesen der Assoziation in der Erdkunde 
nicht erschöpft. Namentlich die Riftersche Schule faßt den Ausdruck „ver- 
gleichende Erdkunde‘ vielmehr als eine Verknüpfung der verschiedenen Tat- 
sachenreihen unter dem Gesichtspunkte der Kausalität, der gegenseitigen 
Begründung. Diese Behandlungsweise läßt sich freilich nicht mehr scharf als 
Formalstufe von der Synthese trennen; sie bedingt die ganze Anordnung in 
der Stoffdarbietung. Was für den Geographen ältester Schule ein rein äußer- 
liches Schema war — die übliche Aufreihung von Lage, Grenzen, Größe, 
Bodenform, Gewässer, Klima, Pflanzenwelt, Menschen —, das ist für die be- 
gründend-vergleichende Erdkunde eine unzerreißbare Kette logisch zu- 
sammengehöriger Vorstellungsgruppen. Daß hierin ein gewaltiger Fortschritt 
nicht bloß wissenschaftlich, sondern auch rein psychologisch liegt, ist klar — 
oft ist aber der Fortschritt mit so hohen geistigen Anforderungen verknüpft, 
daß er dem Erzieher nicht immer anwendbar erscheint. Hier wird gerade von 
den begeistertsten Schulgeographen vielfach gesündigt, indem Ursachenketten 
mit den Schülern entwickelt, aus ihnen mit vielen Nachhilfen herausgequält 
werden, die nur dem Reiferen voll verständlich sind. Schon Daniel sagte: 
„Das vergleichende Element der Erdbeschreibung (im Ritterschen Sinne!) 
dürfte durchaus nur höheren Bildungsstufen zugänglich sein.“ Und H. Fischer 
warnt: „Trotz alles oft betonten Kausalhungers der Jugend können wir das 
Knabenalter der Schuljahre im allgemeinen in eine erste Epoche der mehr 
phantastischen Verknüpfung und eine zweite der mehr sachlichen Verknüp- 
fung teilen. Erst wenn das phantastische Weltbild des Kindes unter dem Ein- 
flusse der Erwachsenen, infolge eigenen Nachdenkens und durch fortwährende 
Zufuhr neuer Eindrücke gegenständlich und gefüllt genug geworden ist, macht 
sich aus Ordnungsbedürfnissen der Trieb nach Erkenntnis der Kausalität 
stärker bemerkbar.“ Deshalb genügt es für die Unterstufe, wenn der rein 
äußerlich genommene, anschauliche Vergleich, wie ihn obige Beispiele zeigten, 
durchaus vorwiegt. Natürlich schließt das gelegentliche tiefere Verknüpfung 
nicht aus; nur soll man nicht übermäßig Zeit verlieren, wenn der Schüler nicht 
selbst auf die Spur kommt. 
Wir besuchen z. B. eine Sandgrube mit ihrem wagerecht geschichteten, 
gleichmäßig feinkörnigen Heidesand (Dresdener Elbtal). Der Lehrer läßt alles 
Tatsächliche genau beobachten und wirft dann die Frage hin: Wie mag der 
Sand hierher gekommen sein ? Die Schüler — Sextaner — fangen an zu raten, 
zu streiten, bringen viel Törichtes, aber auch Gedanken, die der Wahrheit 
nahe kommen. Diese unterstreicht der Lehrer durch seine Zustimmung, ohne 
daß er ein abschließendes Urteil anstrebt oder selbst gibt. 
Schließlich noch ein Wort über die Verknüpfung der einzelnen 
Fächer! Je mannigfaltiger die gegenseitigen Beziehungen zwischen den Ein- 
zelbestandteilen des Bewußtseinsinhaltes sind, um so leichter verläuft die 
Reproduktion. Aus dieser Überlegung entspringt das Bedürfnis nach Kon-
	        
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