Full text: Allgemeiner Teil (6. Band, 1. Teil)

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Beispiele zur Verknüpfung des Stoffes, 
Befestigung des Neuen arg vernachlässigt wirdl. Das trifft vielleicht noch 
am wenigsten das System, mehr schon die Assoziation, am meisten die Stufe 
der Anwendung. Und doch macht erst diese das Wissen lebendig und die Repro- 
duktion leicht. Die strenge Einordnung in das System erhöht zweifellos die 
Klarheit, aber sie bindet die Stoffe zu fest aneinander und erschwert so deren 
Einzelverwertung. Deshalb muß zum mindesten nach jeder größeren Unter- 
richtseinheit eine Auflockerung des Gefüges und eine möglichst vielseitige 
Umgruppierungdes neuen Stoffes erfolgen. Dieses Umbauen wird gleichzeitig 
die Rolle einer Prüfung der Schüler—und der Unterrichtsarbeit übernehmen. 
Es wird sich zunächst darum‘ handeln, durch eine große Mannigfaltigkeit 
von „Prüfungsfragen“, von Aufgaben und „Rätseln‘“ die Vorstellungen zu 
wecken und die Schüler zu selbständigem Aussprechen zu reizen. Versuchen 
wir diese Fragen in bestimmte Gruppen zu bringen, so wird in der Wissen- 
schaft des Raumes das „Wo?“ den Vorrang haben: Wo liegt Straßburg? 
Die Antwort kann ein stummes Zeigen auf der Wandkarte sein. Sie kann 
lauten: an der Mündung der Ill in den Rhein. Der geförderte Schüler wird es 
sich aber nicht nehmen lassen, ausführlich auf die tieferen Lagebeziehungen 
(Kreuzung zweier Landwege und zweier Wasserstraßen usw.) einzugehen. Es 
ist eine Hauptaufgabe des Lehrers, daß er die Schüler zu ausführlichen, 
möglichst inhaltreichen Antworten erzieht. Ähnliche Fragen sind: An 
welchem Gewässer liegt —? An welcher Bahn liegt —? Wo findet man —? 
Wo gewinnt man —? Woher beziehen wir —? Wohin führt die Brenner- 
bahn? Zeige auf der Wandkarte Bremen! Zeige die deutschen Seehäfen! In 
welchem Staate liegt Gießen? Auf welchem Wege kommt man von Dresden 
nach Frankfurt am Main? 
Eine zweite Gruppe erstrebt das Einprägen von Namen: Nenne die wich- 
tigsten Städte Thüringens! Nenne die Erzeugnisse des Thüringer Waldes! 
Dem Kausalitätsbedürfnis kommen die zahlreichen „Warum“-Fragen 
entgegen: Warum hat die Donau geringeren Verkehr als der Rhein? Warum 
regnet es auf dem Westharz viel! Warum gedeiht im Rheingau der Wein so 
gut? Warum sind die Bewohner des Vogelsgebirges meist arm? Warum ist 
Hamburg mehr emporgeblüht als Bremen? 
Einem ähnlichen Zwecke dienen folgende Aufgaben: Beweise folgende 
Sätze: Asien ist reich an Gegensätzen, Asien ist der Erdteil der Hochländer. 
Armenien ist das Sibirien des Orients, Indien gleicht einer „ausgequetschten 
Zitrone‘. Italien und die Balkanhalbinsel kehren einander den Rücken zu. 
Ägypten ist die Wachtstube Englands am Wege nach Indien. Gott hat das 
Meer, der Holländer die Küsten gemacht. 
ı Harms sagt sehr richtig: „Man hat wissenschaftlich denken gelernt; man hat viel Schön- 
heit erlebt; aber man hat kein bar Geld, keine Alltagsmünze mit aus dem Unterricht 
herausgebracht. — -— Es fehlt der geographischen Bildung unserer Generation das feste 
Traggerüst, das reiche, sichere Tatsachenwissen, das „Wo“‘ der Dinge.“ Geogr. Anz. 1920.
	        
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