Full text: Allgemeiner Teil (6. Band, 1. Teil)

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Beziehungen der, Erdkunde zu den Nachbarwissenschaften. 
stand unserer Wissenschaft.“ ‚Innerhalb der Erdhülle aber ist jeder Gegen- 
stand und jeder Begriff ganz ohne Ausnahme geographischer Betrachtung 
wert, sobald er einen organischen Bestandteil seiner Umgebung darstellt, 
d.h. sobald er sie beeinflußt oder von ihr beeinflußt wird. Die erdkundliche 
Behandlung befaßt sich also niemals mit einem Gegenstand aus der Erdhülle 
allein und an und für sich, sondern sie wird nur durch gleichzeitige Beschäf- 
tigung mit mehreren Dingen möglich, an welche sie unter einem einheitlichen 
Gesichtswinkel der gegenseitigen Bezugnahme, also auch ihrer Lokalisierung 
und Begründung herantritt. Die Erdkunde ist mithin nicht eine gegen- 
ständliche, sondern eine rein geistige Wissenschaft, die aber durch- 
aus nicht der Anschauung der Natur entbehren kann. Sie besitzt zwar be- 
stimmte Grenzen ihrer Wirksamkeit (Erdhülle), aber kein eigenes Stoff- 
gebiet, Die Geographie übernimmt ihr Material aus den gefälligen Händen 
der Spezialdisziplinen und verarbeitet es nach den einzig ihr allein eigentüm- 
lichen Grundsätzen.“ „Die Einheitlichkeit des geographischen Gesichts- 
winkels bedingt natürlich, daß auch die Geographie selber eine einheitlich e, 
eine monistische Wissenschaft ist.“ Die Erdkunde zerfällt weder in eine 
naturwissenschaftliche und eine historische Richtung,‘ noch in allgemeine 
Erdkunde und Länderkunde. Denn die Länderkunde ist eben die 
Geographie selber. „Die Feststellung und Schilderung des Milieus ist 
die letzte Aufgabe der Geographie, mit deren Lösung ihr Werk getan ist.“ 
Mit erfreulicher Deutlichkeit zeigt sich, daß die wissenschaftlichen Ver- 
treter der Erdkunde sich in den letzten Jahren mehr und mehr in ihren An- 
sichten über das Wesen der Geographie einander genähert haben. Das ist 
ein Ergebnis von großer Tragweite auch für die Auffassung des erdkundlichen 
Unterrichts. Denn nur der kann eine Wissenschaft in voller Reinheit 
lehren, der sich vorher klar geworden. ist über ihre F orschungsaufgaben. 
Wir fassen das Ergebnis unserer Untersuchung in einem Ausspruche Hettners 
zusammen: „So ist die Geographie ein in sich abgeschlossenes 
Lehrgebäude mit festen Zielen und festen Methoden der Unter- 
suchung und Darstellung.“ 
2. Beziehungen der Erdkunde zu den Nachbarwissenschaften. 
Die Einheitlichkeit der Erdkunde als Wissenschaft läßt sich nicht in einer 
kurzgefaßten Definition erschöpfend darlegen. Definition heißt Abgrenzung; 
eine festgezogene Grenzführung stößt aber bei einem so nachbarreichen 
Mittelgebiete, wie es die Erdkunde ist, auf große Schwierigkeiten. Und doch 
wollen wir versuchen, auch auf diesem Wege das Wesen unserer Wissenschaft 
so klar als möglich herauszuarbeiten, Wir stellen uns damit gleichzeitig die 
Aufgabe, die frühere Auffassung der Geographie als einer „allgemeinen 
Erdwissenschaft“ (Hettner) überzuführen in die enger, aber schärfer be-
	        
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