90
Lehrstoff für Untersekunda.
{rüher bei der üblichen Zusammenfassung alles Landes bis 200 m Meereshöhe
möglich war. Ferner haben die geologischen Übersichtskarten der Atlanten
meist neben der allgemeinen Diluvialdecke durch besondere Farbengebung
die Urstromtäler herausgehoben. So ergibt sich aus dem ersten allgemeinen
Überblick das Urteil: Das norddeutsche Tiefland weist in Höhenlage und
Ausgestaltung des Gewässernetzes eine ungeahnte Mannigfaltigkeit der
Gliederung auf. Wie diese Mannigfaltigkeit zu erklären ist und inwiefern
sie sich auf die Bodenarten und damit auf die Bodenkultur erstreckt, das
xann nur aus der erdgeschichtlichen Entwicklung erschlossen werden,
Manches, was bei der Behandlung der oberdeutschen Hochfläche gesagt
wurde, findet hier seine erneute Bestätigung. Auch die Besprechung von
Grönland mit seinem Inlandeis ist seinerzeit so ausgestaltet worden, daß
wir jetzt die diluviale Vereisung Nordeuropas damit veranschaulichen können.
Wo die örtlichen Verhältnisse ein besonders tiefes Eingehen auf dieses Kapitel
ratsam erscheinen lassen, da kann der Lehrer neben den wissenschaftlichen
Monographien Wunderlichs oder Wahnschaffes!, des letzteren volkstümliche
Schrift „Die Eiszeit in Norddeutschland‘ (Berlin 1910) zugrunde legen.
Für Fernerwohnende dürften solche Kleinformen, wie Oser, Drumlins,
Sölle wegfallen. Viel wichtiger ist die wirtschaftliche Seite des Eiszeit-
problems: die verschiedene Verwertung des Geschiebelehms, der Endmoränen,
Talsande, Bändertone, Lößablagerungen, Decksande. Auf diese Abhängig-
keiten müssen wir in den landeskundlichen Einzelschilderungen eingehen,
ebenso auf die Beziehungen der Verkehrswege zu den Urstromtälern, sowohl
der heutigen Ströme und Kanäle als-auch der Eisenbahnen.
Unter den Einzellandschaften, die in den Leitfäden vielfach ungenügend
behandelt sind, sei auf die Moore hingewiesen. Hier ist zunächst die scharfe
Unterscheidung zwischen Hoch- und Niederungsmooren durchzuführen.
Die Anschauungen hierüber sind erst in neuester Zeit einigermaßen geklärt.
Gute Darstellungen hierzu bieten folgende Quellen:
Bruno Tacke und Bernh. Lehmann, Die Norddeutschen Moore, Bielefeld 1912.
C. A. Weber, Über Torf, Humus und Moor. Abh. d. nat. V. Bremen XVII
Die deutschen Küsten.
Nordsee. So klein Deutschlands Anteil am Meere ist, so ungeheuer
wichtig ist er für die ganze wirtschaftliche Entwicklung unseres Volkes.
Diese Tatsache erdkundlich zu begründen, ist eine unserer Hauptaufgaben.
Einige erdgeschichtliche Mitteilungen sind zum Verständnis der Küsten-
;ormen nötig. Die Nordsee ist nur ein seichtes Nebenmeer. Ihre gesamte
Ausdehnung entspricht etwa der des Deutschen Reiches; ihr Boden gehört
1 Die Ursachen der Oberflächengestaltung des norddeutschen Flachlandes. 3. Aufl.
Stuttgart 1909. — Wunderlich, Die Oberflächengestaltung des norddeutschen Flach-
‚andes. 1915.